Jede Abweichung vom Bausoll ist ein Mangel

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OLG Zweibrücken, Urteil vom 23.11.2017 – 4 U 18/17

Das Problem
Der Besteller beauftragt den Werkunternehmer mit der Errichtung eines sog. „Ausbauhauses“. Nach Vertragsabschluss vereinbart der von dem Werkunternehmer beauftragte Architekt mit dem Besteller diverse Änderungen. Unter anderem wurden dabei vereinbart, dass eine bestimmte Wand im Dachgeschoss „nicht tragend“ auszuführen ist, anstatt wie ursprünglich vorgesehen „tragend“.

Nach der Abnahme der Werkleistung macht der Besteller sodann diverse Mängel geltend. Dabei moniert er auch, dass die vorgenannte Wand im Dachgeschoss „tragend“ ausgeführt sei und nicht „nicht tragend“, wie nachträglich vereinbart.

Der Werkunternehmer bestreitet das Vorliegen eines Mangels, da die Wand zwar tatsächlich „tragend“ ausgeführt, die Qualität der ausgeführten Leistung aber hierdurch nicht beeinträchtigt sei. Er verlangt deshalb die Zahlung des restlichen noch ausstehenden Werklohns. Dies verweigert der Besteller und beruft sich auf den vorgenannten Mangel.

Das Urteil
Zu Recht! Das OLG Zweibrücken stellt mit Urteil vom 23.11.2017 (Aktenzeichen: 4 U 18/17) klar, dass ein Mangel gemäß § 633 Abs. 2 Satz 1 BGB auch dann vorliegt, wenn die Ausführungsweise nicht der vereinbarten Beschaffenheit entspricht. Mit der Vereinbarung der Ausführung der streitgegenständlichen Wand als „nicht tragend“ haben die Parteien eine Beschaffenheitsvereinbarung getroffen. Dementsprechend reicht es für das Vorliegen eines Mangels bereits aus, wenn die tatsächlich ausgeführte Leistung dieser Beschaffenheitsvereinbarung nicht entspricht. Dabei spielt es keine Rolle, dass die Qualität der Werkleistung durch die Ausführung als „tragende Wand“ nicht beeinträchtigt ist.

Ausgehend davon, dass es sich also bei der eingebauten „tragenden Wand“ um einen Verstoß gegen die getroffene Beschaffenheitsvereinbarung handelt, besteht ein Zurückbehaltungsrecht des Bestellers in Höhe der doppelten für die Beseitigung dieses Mangels erforderlichen Kosten (§ 641 Abs. 3 BGB).

Der BGH hat die gegen dieses Urteil eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde mit Beschluss vom 31.07.2018 (Aktenzeichen: VII ZR 284/17) zurückgewiesen.

Die Konsequenzen für die Praxis
Die vorstehend beschriebene Entscheidung des OLG Zweibrücken befasst sich mit dem in der Praxis häufig bemühten Argument, es könne kein Werkmangel vorliegen, wenn die ausgeführte Leistung im Verhältnis zu der vereinbarten Werkleistung gleichwertig oder sogar höherwertig sei, da der Besteller hierdurch keinen Nachteil erleide. Diese Argumentation mag zwar zunächst nachvollziehbar und billig erscheinen, entspricht aber nicht der vom Gesetz vorgesehenen Systematik:

So sieht § 633 Abs. 2 Satz 1 BGB ausdrücklich vor, dass das Werk frei von Sachmängeln ist, wenn es die vereinbarte Beschaffenheit hat. Mit anderen Worten: Ein Werkmangel liegt dann vor, wenn die Bauleistung von der vertraglich vereinbarten Beschaffenheit abweicht. Diese ergibt sich wiederum daraus, wie die Leistung im Vertrag und gegebenenfalls in vorvertraglichen Unterlagen wie etwa einem Verkaufsprospekte nach Art und Weise, Qualität, Komfort Standard und Umfang beschrieben ist. Weicht der Werkunternehmer bei der Ausführung hiervon ab, ist es gänzlich unerheblich, ob die tatsächliche Ausführung zu der vereinbarten Ausführung gleichwertig oder sogar höherwertig ist. Er hat seine vertragliche Leistungspflicht nicht erfüllt und hat hierfür einzustehen.

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