FG: Bei Familien mit Bezug zu zwei Staaten ist das sog. Differenzkindergeld kind- und nicht familienbezogen zu berechnen

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Verfügt eine Familie über einen Bezug zu zwei EU-Staaten, lebt die Kindsmutter beispielsweise mit den beiden gemeinsamen Kindern in Spanien, während der Kindsvater in Deutschland lebt und beschäftigt ist, ist das sog. Differenzkindergeld kind- und nicht familienbezogen zu berechnen. So entschied der BFH, Az.: BFH VI R 25/15.

Zunächst ist zu bestimmen, welcher Staat, im vorbenannten Beispiel Deutschland oder Spanien, für die Gewährung einer Familienleistung, dem Kindergeld, vorrangig zuständig ist. Dies richtet sich gemäß der einschlägigen Verordnung (EG) in der Regel nach dem Beschäftigungsstaat desjenigen Elternteiles, der das sog. Differenzkindergeld für sich beantragen möchte. Das Differenzkindergeld gem. Art 86 Abs. 2 S. 1, 2. HS der Verordnung EG Nr. 883/2004 besteht dabei in dem Unterschiedsbetrag des in Deutschland regelmäßig gewährten Kindergeldes und dem Betrag, der im Ausland, hier Spanien, gezahlt wird.

Irrelevant für den Anspruch auf Zahlung von Kindergeld des im Inland Beschäftigten ist dabei, dass das Kind beim anderen Elternteil in einem EU-Staat, hier Spanien, wohnt. Die Aufnahme des Kindes in den EU-ausländischen Haushalt des anderen Elternteils begründet keinen Anspruchsausschluss gemäß § 64 Abs. 2 S. 1 EStG. Einem Ausschluss des Anspruches auf Zahlung des Differenzkindergeldes aufgrund der Gewährung von dem deutschen Kindergeld vergleichbaren Leistungen im EU-Ausland steht die Grundfreiheit der Arbeitnehmerfreizügigkeit gemäß Art. 45; 48 AEUV entgegen. Der deutsche Kindergeldanspruch richtet sich nicht nach dem Wohnort des antragstellenden Elternteils, sondern nach dessen Erwerbstätigkeit im Inland. – Zu berücksichtigen ist jedoch, dass der Kindergeldanspruch des inländischen Elternteils dann nicht in vollem Umfang besteht, wenn der ausländische Kindergeldanspruch des im EU-Staat erwerbstätigen anderen Elternteils vorgeht. So entschied das FG Münster im Rahmen seines Urteils vom 23.08.2013, Az.: 4 K 854/13 Kg.

Lebt der antragstellende Kindsvater in Deutschland, während die Kindsmutter gemeinsam mit den Kindern in Spanien lebt, so geht der spanische Kindergeldanspruch dem deutschen Kindergeldanspruch gemäß Art. 68 Abs. 1 b) i) der Verordnung EG Nr. 883/2004 vor.

Dies ändert sich jedoch dann, wenn der Kindsvater seine Erwerbstätigkeit in einem anderen EU-Staat aufnimmt – selbst wenn er weiterhin in Deutschland ansässig ist. Dies entschied das FG Baden-Württemberg im Rahmen seines Beschlusses vom 20.04.2005, Az.: 2 K 306/03, und berief sich insbesondere darauf, dass ein Arbeitnehmer, der in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union wohnt, aber in einem anderen Mitgliedstaat arbeitet (sog. Grenzgänger), nach Art. 13 Abs. 1, Abs. 2 a) i.V.m. Art 73 der VO (EWG) 1408/71 einen Anspruch auf Familienleistungen lediglich nach dem Recht des Beschäftigungslandes besitzt.

Diese Differenzierung rechtfertigt sich insbesondere aus dem sog., allgemein anerkannten Ausschließlichkeits- und Beschäftigungslandsprinzip. Dieses soll eine Konkurrenz unterschiedlicher Sozialsysteme vermeiden. Ein Ausgleich unterschiedlich hoher Sozialleistungen ist insbesondere deshalb nicht zwingend geboten, da Kindergeldempfänger ihren Wohnsitz und Arbeitsplatz frei wählen und dadurch die unterschiedlichen Vor- und Nachteile ihrer Wahl (insbesondere Arbeitslohn, Lebenshaltungskosten und soziale Entlastungen) vor ihrer Entscheidung prüfen und ihre Entscheidung nach diesen ausrichten können.

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