Mit einem Emplyer of Record Fachkräfte gewinnen
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Mit einem Emplyer of Record Fachkräfte gewinnen

6 min.

Seit geraumer Zeit rücken grenzüberschreitende Beschäftigungsformen in den Fokus vieler Unternehmen. Sie erhoffen sich so einen Zugang zu einem breiten Talentpool und die Erschließung neuer Märkte. Eine Form dieser Beschäftigung ist der Einsatz eines Employer of Record.

Nach wie vor leiden viele Unternehmen unter einem Fachkräftemangel. Und das bleibt nicht folgenlos. 2024 gehen der deutschen Wirtschaft Produktionskapazitäten von 49 Milliarden Euro verloren, weil etwa 573.000 Stellen unbesetzt sind. Ein Ausweg kann sein, einen Employer of Record (EoR) einzusetzen. Er übernimmt als Dienstleistungsunternehmen die formellen Aufgaben eines Arbeitgebers. Der EoR

  • stellt die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer selbst ein,
  • erfüllt alle steuerlichen und sozialversicherungsrechtlichen Aufgaben
  • fertigt die Gehaltsabrechnungen an und
  • stellt sicher, dass auch alle lokalen arbeitsrechtlichen Vorgaben eingehalten werden.

„Entscheidend ist jedoch, dass das Weisungsrecht für die Beschäftigten beim Auftraggeber und nicht beim EoR liegt“, erklärt Julia Brey, Rechtsanwältin bei Ecovis in Oberhausen. Der EoR stellt den Arbeitnehmer ein und verleiht ihn an seinen Auftraggeber.

Die Vorteile eines EoR

Beabsichtigt ein Unternehmen, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Ausland zu beschäftigen, kommen damit meist drei Fragen auf:

  1. Welches Rechtssystem gilt?
  2. Welche steuerlichen Auswirkungen hat die Beschäftigung?
  3. Wo ist der Mitarbeiter sozialversicherungspflichtig?

„Schon die Beantwortung dieser Fragen stellt viele Unternehmen vor eine erhebliche Herausforderung“, sagt Brey. Noch schwieriger wird es für die Betriebe dann, wenn die Antwort lautet, dass das ausländische Recht anzuwenden ist, im Ausland Steuerpflichten entstehen und die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter dort sozialversicherungspflichtig sind. „Das ist der Moment, in dem der Einsatz eines EoR für viele Unternehmen interessant wird“, weiß Rechtsanwältin Brey aus eigener Erfahrung.

Die rechtliche Seite von EoR-Arbeitsverhältnissen

Welches (Arbeits-)Recht auf das Arbeitsverhältnis jeweils anzuwenden ist, richtet sich nach vertraglichen Vereinbarungen, lokalen Vorschriften und multilateralen Abkommen. Gemeinsamer Konsens scheint jedoch in den meisten Fällen zu sein, dass sich arbeitnehmerfreundliche Regelungen des Tätigkeitsstaats nicht umgehen lassen. Das ist zum Beispiel auf europäischer Ebene in Artikel 8 Rom-I-Verordnung geregelt.

Der EoR ist als Vertragsarbeitgeber für die Erstellung der Lohnabrechnung, für die Registrierung und die Begleichung der Lohn- und Sozialversicherungsbeiträge verantwortlich. Auch bei komplizierteren Konstellationen übernimmt der EoR die Verantwortung für die ordnungsgemäße Abwicklung. Dazu gehört es beispielsweise zu klären, welche Regeln gelten, wenn ein im Ausland über einen EoR eingestellter Mitarbeiter tageweise in Deutschland tätig ist.

Wo Steuern und Sozialversicherung zu zahlen sind

Je nach steuerlicher Situation des Beschäftigten kann ein Besteuerungsrecht Deutschlands für die hier erbrachten Arbeitstage bedingt werden. „Hier gilt es, immer den Einzelfall zu prüfen. Denn die Besteuerung richtet sich nach lokalen Gesetzen und den Grundsätzen des jeweils geltenden Doppelbesteuerungsabkommens zwischen Deutschland und dem ausländischen Staat“, erklärt Ecovis-Steuerassistentin Meike Ringel in Düsseldorf.

Entsteht eine Steuerpflicht in Deutschland auf die hier geleisteten Arbeitstage, ist der Verleiher, der Employer of Record, im Regelfall nach den Grundsätzen des Einkommensteuerrechts zum Lohnsteuereinbehalt in Deutschland verpflichtet (Paragraph 38 Einkommensteuergesetz, EStG). Dazu erstellt der Arbeitgeber, also der EoR, eine „Schattengehaltsabrechnung“. Unter bestimmten Voraussetzungen lässt sich dann durch einen Antrag auf Freistellung von der Lohnsteuereinbehaltungsverpflichtung die Lohnsteuerpflicht in Deutschland vermeiden.

Betriebsstättengründung im Ausland umgehen

Durch den Einsatz eines Arbeitnehmers im Ausland kann dort eine Betriebsstätte entstehen. Das kann neben einer möglichen Körperschaft- und Gewerbesteuerpflicht auch eine Umsatzsteuerpflicht des Unternehmens im Ausland nach sich ziehen. „Das Betriebsstättenrisiko lässt sich auch beim Einsatz eines EoR nicht gänzlich ausschließen“, sagt Ringel. „Dies hängt von der lokalen Steuergesetzgebung und den jeweiligen Doppelbesteuerungsabkommen ab.“

Auch in der Sozialversicherung ist das Territorialprinzip anzuwenden. Nach deutschem Recht sind Beschäftigte grundsätzlich – mit wenigen Ausnahmen – in dem Land versichert, in dem sie ihre Tätigkeit ausüben. Vergleichbare Regelungen mit Territorialbezug lassen sich in Rechtssystemen weltweit, in der Europäischen Verordnung zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit und in bilateralen Sozialversicherungsabkommen finden.

Kommt man bei einer Einzelfallprüfung nun zu dem Ergebnis, dass ausländisches Recht anwendbar ist, die Steuerpflichten im Ausland entstehen und der Arbeitnehmer dort auch sozialversicherungspflichtig ist, zeigen sich schnell die erheblichen Vorteile des Einsatzes eines EoR. Denn das ermöglicht es Unternehmen, schnell und ohne lange Registrierungsprozesse, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter rechtssicher im Ausland zu beschäftigen. Die gesamte administrative Verantwortung des Arbeitsverhältnisses liegt beim EoR.

Das EoR-Modell ist in zwei Varianten möglich. Entweder nutzt ein deutsches Unternehmen einen EoR im Ausland, in dem es selbst keine Niederlassung hat, oder ein ausländisches Unternehmen nutzt einen EoR in Deutschland, um hier eine Arbeitskraft einzusetzen.

Arbeitnehmerüberlassung nach deutschem Recht

Nach deutschem Recht betreibt ein EoR Arbeitnehmerüberlassung und unterliegt damit dem Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (A.G). Von einer Arbeitnehmerüberlassung spricht man, wenn ein Arbeitgeber (Verleiher) einen Arbeitnehmer zur Arbeitsleistung an einen Dritten (Entleiher) überlässt. Der EoR fungiert zwar als formeller Arbeitgeber, das Arbeitsverhältnis wird jedoch inhaltlich durch den Entleiher bestimmt und der Arbeitnehmer ist in dessen Arbeitsorganisation integriert.

Wer in Deutschland Arbeitnehmerüberlassung als Verleiher betreiben möchte, muss dazu über eine Erlaubnis nach Paragraph 1 Abs. 1 A.G verfügen und strenge Vorgaben beachten. Beispielsweise darf der Verleiher einen Arbeitnehmer nicht länger als 18 aufeinanderfolgende Monate demselben Unternehmen überlassen. Während der Einsatzzeit gelten zudem dieselben Arbeitsbedingungen wie bei einem vergleichbaren Beschäftigten des Unternehmens.

Hier zeigen sich auch die Risiken, die ein EoR-Einsatz mit sich bringen kann, wenn er nicht korrekt umgesetzt wird. Unterliegt das Vertragsverhältnis dem deutschen Recht, kann ungewollt ein fingiertes Arbeitsverhältnis zwischen dem Entleiher und dem Arbeitnehmer entstehen, wenn die Parteien die Vorgaben des A.G nicht einhalten. „Wird Arbeitnehmerüberlassung ohne Erlaubnis der Agentur für Arbeit betrieben, drohen hohe Geldstrafen. Ähnliche Konsequenzen können auch im Ausland zu befürchten sein“, sagt Ecovis- Rechtsanwältin Brey.

EoR im Ausland

Ähnlich wie in Deutschland unterliegt ein EoR auch im Ausland teils sehr strengen Vorgaben. In manchen Ländern sind EoR sogar verboten oder wurden nicht gesetzlich normiert. In Dänemark und China beispielsweise ist das Konzept des EoR zwar bereits etabliert, an einer gesetzlichen Regelung fehlt es jedoch.

Alternativen zum EoR gibt es viele. Nicht alle sind leicht umsetzbar, und kaum eine Alternative kann mit den Vorteilen eines EoR mithalten. Unternehmen können in Eigenorganisation vor Ort zum Beispiel eine Niederlassung gründen und die administrativen Aufgaben selbst erfüllen. Es besteht ebenso die Möglichkeit, für einzelne Aufgaben lokale Experten hinzuzuziehen und die Gehaltsabrechnungen auszulagern. Weit verbreitet ist auch die Beauftragung von Selbstständigen. „Alle diese Optionen sollten Unternehmen mit Spezialisten vor Ort besprechen. Hierfür bietet es sich an, auf Experten mit einem internationalen Netzwerk wie Ecovis, zurückzugreifen“, sagt Steuerassistentin Ringel

die Rollenverteilung beim Emplyer-of-Record-Modell

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