Mitverschulden des Bauherrn bei Einsparung der Planung

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OLG München, Urteil vom 24.10.2018 – 20 U 966/18

Das Problem

Der Bauherr beauftragt zur Realisierung seines Bauvorhabens einen planenden Architekten, ein bauaufsichtsführenden Architekten und einen ausführenden Unternehmer. In der Genehmigungsplanung des Bauvorhabens ist für einen Autoaufzug ein begründetes Flachdach vorgesehen. Nachdem sich die Realisierung des begrünten Flachdaches allerdings als nicht durchführbar herausstellt, kommt die Genehmigungsplanung insoweit nicht zur Ausführung. Stattdessen wird ein Metalldach ausgeführt. Eine Detailplanung für die ausgeführte Dachkonstruktion wird nicht angefertigt.

Das ausgeführte Metalldach ist schließlich in mehrerlei Hinsicht mangelhaft: Es weist eine zu geringe Neigung auf. Daneben ist die innen liegende Wasserablaufrinne ohne Notüberlauf bzw. Notentwässerung und ohne darunter liegende Abdichtung ausgeführt, was nicht den anerkannten Regeln der Technik entspricht. Aufgrund dieser Mängel kommt es in den unter dem Flachdach liegenden Räumlichkeiten zu Feuchtigkeitseintritten.

Der Bauherr verlangt deswegen sowohl von dem planenden Architekten, als auch von den bauaufsichtsführenden Architekten und dem ausführenden Unternehmer Schadensersatz wegen Mängeln und Mangelfolgeschäden. Dabei macht er insbesondere geltend, dass der bauaufsichtsführende Architekt und der Unternehmer nicht auf die Vorlage einer Detailplanung vor Ausführung des Daches bestanden hätten.

Das Urteil

Mit nur teilweisem Erfolg! Das OLG München stellt zunächst klar, dass der Bauherr gegen den planenden Architekten keinen Anspruch hat, da dieser keine schuldhafte Pflichtverletzung begangen hat, die eine Haftung für die geltend gemachten Mängelbeseitigungs- und Mangelfolgekosten begründen könnte.

Denn der planende Architekt habe für die tatsächlich ausgeführte Dachkonstruktion keine Planung erstellt und habe aufgrund einer entsprechenden vertraglichen Regelung ohne ausdrückliche Anweisung des Bauherrn auch nicht erstellen müssen. Damit gehen die Mängel an der Dachkonstruktion folglich auch nicht auf dessen Planung zurück. Er sei nicht verantwortlich für Mängel an einer Konstruktion, die er gar nicht geplant habe.

Hinsichtlich des bauaufsichtsführenden Architekten und des Bauunternehmers nimmt das OLG München eine gesamtschuldnerische Haftung an. Allerdings haften Sie nicht auf den vollen Schaden, sondern nur auf den Betrag, der sich nach Berücksichtigung des Mitverschuldens des Bauherren ergibt. Dieses bemisst das OLG München mit 50,6 %. Der bauausführende Architekt und der Bauunternehmer haben deshalb als Gesamtschuldner 49, 4 % der geltend gemachten Beträge zu tragen.

Hierzu führt das OLG München aus, dass für die fehlende Detailplanung in erster Linie der Bauherr verantwortlich sei. Es obliege ihm, dem bauaufsichtsführenden Architekten und dem ausführenden Unternehmer ordnungsgemäße Pläne als Grundlage für deren Leistung zur Verfügung zu stellen. Dem Bauherrn sei es vorliegend bei der Ausführung der Baumaßnahme bekannt gewesen, dass die in der Genehmigungsplanung vorgesehene Dachkonstruktion nicht ausführbar war. Nachdem damit die Genehmigungsplanung des Daches über dem Autoaufzug nicht als Grundlage für dessen Errichtung herangezogen werden konnte, sei der Bauherr gehalten gewesen, eine neue, durchführbare Planung für das Dach anfertigen zu lassen. Diese Planung habe er aber weder bei dem planenden Architekten angefordert, noch einen Dritten damit beauftragt. Er habe es viel mehr hingenommen, dass eine von den vorliegenden Plänen abweichende Dachkonstruktion über dem Aufzug ausgeführt wurde, ohne dass dafür eine Detailplanung gefertigt worden war.

Das OLG München stellt insoweit auch klar, dass weder der bauaufsichtsführende Architekt noch der bauausführende Unternehmer dazu verpflichtet waren, sich mit dem planenden Architekten in Verbindung zu setzen und eine neue Detailplanung anzufordern. Vielmehr treffe den Bauherrn die Obliegenheit, die Planungsunterlagen vorzulegen.

Das Mitverschulden des Bauherrn entfalle auch nicht deshalb, weil der bauaufsichtsführende Architekt und der bauausführende Werkunternehmer nicht auf die Vorlage einer Detailplanung vor Ausführung des Daches bestanden hätten. Das gelte auch dann, wenn sie dabei angenommen hätte nun, eine solche nicht zu benötigen. Denn für die Erstellung der notwendigen Pläne und deren Aushändigung an den bauaufsichtsführenden Architekten und den ausführenden Unternehmer habe allein der Bauherr zu sorgen.

Die Mangelhaftigkeit der ausgeführten Dachkonstruktion sei vorliegend im Wesentlichen darauf zurückzuführen, dass an planerischen Vorgaben für die Wahl einer den Regeln der Technik entsprechenden Konstruktion zur Notentwässerung fehlte. Im Gegensatz dazu seien die Ausführungsmängel wie etwa die zu geringe Dachneigung weniger gewichtig, weshalb die Mitverschuldensanteile wie dargestellt bemessen wurden.

Die Konsequenzen für die Praxis

Die Entscheidung des OLG München vom 24.10.2018 zeigt in aller Deutlichkeit auf, dass den Bauherrn Mitwirkungspflichten treffen, für deren Erfüllung er einzustehen hat. Dabei stellt das OLG München vor allem daraus, dass der Bauherr dem bauaufsichtsführenden Architekten und dem ausführenden Unternehmer ordnungsgemäße Pläne als Grundlage für deren Leistung zu verfügen zu stellen hat.

Es macht außerdem deutlich, dass der Bauherr für die Nichterfüllung der Obliegenheit zur Beibringung der Planungsunterlagen im selben Maße einzustehen hat wie die an der unmittelbaren Ausführung Beteiligten für die Entstehung eines auf dem Fehlen von Planunterlagen basierenden Werkmangels einzustehen haben. Insoweit spricht es aus, dass den Bauherrn an der Entstehung eines Mangels ein Mitverschuldensanteil von rund 50 % trifft, wenn ihm bekannt ist, dass die in der Genehmigungsplanung vorgesehene Ausführung nicht ausführbar ist und er eine abweichende Ausführung ohne vorherige Anfertigung eine Detailplanung hinnimmt.

Dieser sehr hohe Verschuldensanteil mag zwar auf den ersten Blick insbesondere vor dem Hintergrund sehr streng erscheinen, dass der Bauherr in vielen Fällen lediglich über laienhaftes Bauwissen verfügt. Letztlich ist das Ergebnis des OLG München aber doch interessengerecht:

Weder der Bauunternehmer noch der bauaufsichtsführende Architekt schulden eine Planung. Sie sind lediglich damit beauftragt, das Objekt zu errichten, bzw. die Errichtung zu überwachen. Dementsprechend können Sie auch nicht dafür zur Haftung herangezogen werden, dass keine ordnungsgemäße Planung vorliegt. Der Bauherr kann sich demgegenüber eines planenden Architekten als Erfüllungsgehilfen bedienen und sich damit der Haftung entziehen. Vorliegend kam eine Haftung des planenden Architekten nur deswegen nicht in Betracht, weil in dem zugrunde liegende Architektenvertrag mit dem Bauherrn vorgesehen war, dass die Leistungen des Architekten stufenweise schriftlich vom Bauherrn abzurufen waren. Will sich der Bauherr über eine solche Regelung die (finanzielle) Kontrolle über die Leistungen des planenden Architekten bewahren, muss er allerdings auch dafür einstehen, wenn er die Planungsleistungen trotz seiner Obliegenheit gegenüber dem bauaufsichtsführenden Architekten und dem bauausführenden Unternehmen nicht ordnungsgemäß abruft.

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