Online-Handel: Einmal Polen und zurück

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Amazon drängt deutsche Vertriebspartner zur Zwischenlagerung ihrer Waren im Ausland. Das kann umsatzsteuerliche Probleme bringen.

Wie hätten Sie es gern? Der Internetriese Amazon bietet Online-Händlern verschiedene Möglichkeiten, ihre Produkte an Endkunden zu versenden. Sie können zum einen ihre Ware auf Amazon anbieten, aber selbst verschicken. Oder sie übertragen Lagern und Versenden auf Amazon. Wer sich für Letzteres entscheidet, ist neuerdings einem gewissen Druck ausgesetzt. Denn Amazon berechnet für in Deutschland vorgehaltene Ware eine Lagergebühr, die Anfang April von 25 auf mindestens 50 Cent pro Artikel glatt verdoppelt wurde. „Das soll es für Händler attraktiver machen, für die Lagerung lieber die für Amazon mit niedrigeren Kosten behafteten Standorte in Polen und Tschechien zu nutzen“, erklärt Silke Grieger, Steuerberaterin bei Ecovis in Rostock.

Pflichten im Ausland nicht unterschätzen

Wer sich darauf einlässt, sollte die mit der Verlagerung in einen ausländischen Rechtsraum verbundenen Probleme nicht unterschätzen. Insbesondere ist das mit konkreten umsatzsteuerlichen Pflichten verbunden. Denn die Versendung der Waren von Deutschland zur Lagerung in Polen gilt als innergemeinschaftliches Verbringen und ist quasi innerhalb der EU eine Lieferung vom Händler an sich selbst. Diese Warenbewegung muss der Händler sowohl dem deutschen als auch dem polnischen Fiskus erklären. Wird das versäumt, drohen Bußgelder.

Die Erklärungspflicht ist aber auch mit einigem Aufwand verbunden. So muss sich der Händler in Polen vor der Umsatzsteuermeldung erst einmal beim dort zuständigen Finanzamt registrieren lassen. Für eine inhaltlich richtige Meldung ist es wichtig anzugeben, wo sich die Ware gerade befindet. „Der Händler muss also bei Amazon konkrete Daten dazu abrufen, wann die Ware wohin transportiert wurde und wo sie gerade lagert“, erläutert Steuerberaterin Grieger. Da die Erklärungspflicht gegenüber der polnischen Finanzbehörde allein schon aufgrund sprachlicher Hürden mit hohem Zeitaufwand und Problemen verbunden sein kann, ist fachlicher Rat vor Ort hilfreich. Die Partnerkanzleien von Ecovis in Polen und Tschechien können wertvolle Unterstützung bieten und die Abwicklung des gesamten Prozederes übernehmen.

Höhere Steuerlast droht

Die Warenverkäufe deutscher Online-Händler gehen vor allem an private Endkunden im Heimatmarkt. Wo aber unterliegen die von einem Warenlager in Polen oder Tschechien nach Deutschland versandten Güter der Umsatzsteuer? Bei Versand an andere Unternehmen in der EU sieht das Recht grundsätzlich die Besteuerung im Empfängerland vor, sodass bei Lieferungen von Polen nach Deutschland die deutsche Umsatzsteuer beim Abnehmer entsteht. Beim Verkauf lassen sich solche Umsätze leicht schon anhand einer mitgeteilten Umsatzsteuer-ID identifizieren. Bei innergemeinschaftlichen Lieferungen von Versandhändlern an private Verbraucher dagegen gilt innerhalb bestimmter Grenzen das Land, in dem die Warenlieferung beginnt, als umsatzsteuerlich relevanter Standort. „Solche Lieferungen aus einem Amazon-Lager in Polen muss der deutsche Händler also mit dem polnischen Umsatzsteuersatz von 23 Prozent versteuern und die Rechnungssumme in Zloty ausweisen“, sagt Expertin Grieger. Die Differenz zum deutschen Steuersatz von 19 Prozent geht dann zulasten der Marge des Händlers.

Freiwilliger Verzicht auf die Lieferschwelle

Diese Regelung gilt allerdings nur, solange der Versand an private Käufer in einem EU-Land die Lieferschwelle nicht überschreitet. Für den Bestimmungsort Deutschland gilt als Lieferschwelle eine jährliche Obergrenze von 100.000 Euro. „Ab dem ersten Umsatz, mit dem der Online-Händler diese Schwelle überschreitet, sind die Rechnungsbeträge in Deutschland zu erklären und dafür deutsche Umsatzsteuer zu zahlen“, sagt Ines Wollweber, Steuerberaterin bei Ecovis in Niesky. Je nach Umsatzvolumen und Art der vertriebenen Produkte kann die Kontrolle, ob und wann die Lieferschwelle überschritten wurde, mit erheblichem Aufwand verbunden sein. Bei Versand an weitere Länder innerhalb der EU sind zudem die unterschiedlichen, für das jeweilige Land geltenden Lieferschwellen zu beachten. Ein Händler kann diesen Aufwand und Unsicherheiten allerdings reduzieren, indem er freiwillig auf die Lieferschwelle verzichtet. In diesem Fall unterliegen Lieferungen von einem EU-Land nach Deutschland für eine Zeitspanne von mindestens zwei Jahren ab dem ersten Umsatz an voll und ganz der deutschen Umsatzsteuer. Jedoch ist es auch hier ratsam, systematisch vorzugehen und mögliche Risiken von vornherein auszuschalten. So ist zu beachten, dass der Verzicht auf die Lieferschwelle nach polnischem Recht erst 30 Tage nach Antragstellung wirksam wird. „Falls die Ware in Polen lagert, müssen sich Unternehmen dort registrieren und ihre Rechnungen in Zloty stellen“, sagt Ines Wollweber.

Lieber genau nachrechnen

Wer sich für die Lagerung bei Amazon in Polen und Tschechien entscheidet, sollte den entsprechenden Auftrag am besten erst nach Ablauf einer eventuellen Sperrfrist – in Polen sind das 30 Tage – freischalten. Grundsätzlich aber gilt es zu überprüfen, ob sich eine Auslagerung in die Nachbarländer angesichts des mit den rechtlichen und steuerlichen Anforderungen verbundenen Aufwands überhaupt lohnt. „Möglicherweise ist eine Lagerung bei Amazon in Deutschland trotz der höheren Gebühren die betriebswirtschaftlich rentablere Lösung“, rät Wollweber. Da die Gesamtgebühren von der Zahl, nicht aber dem Wert der einzelnen Artikel abhängig sind, können Online-Händler je nach Wert und Zahl der Bestellungen zu unterschiedlichen Ergebnissen kommen.

Silke Grieger, Steuerberaterin bei Ecovis in Rostock

Ines Wollweber, Steuerberaterin bei Ecovis in Niesky

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