Wie Ärzte eine Einzelpraxis in ein MVZ umwandeln
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Wie Ärzte eine Einzelpraxis in ein MVZ umwandeln

Die Umwandlung einer Einzelpraxis in ein MVZ ist für viele Ärzte und Zahnärzte eine Wachstumschance, die für eine spätere Praxisabgabe von Bedeutung sein kann. Was allerdings auf den ersten Blick einfach erscheint, kann steuerliche und rechtliche Fallstricke bereithalten.

Einzelpraxen sind bei der Anstellung von Ärzten beschränkt: Vertragsärzte dürfen bis zu drei in Vollzeit beschäftigte Mediziner anstellen. Ärzte, die überwiegend medizintechnische Leistungen erbringen, etwa Laboruntersuchungen, können bis zu vier vollzeitbeschäftigte Ärzte anstellen. Diese Beschränkungen gelten auch für Zahnärzte. „Ein MVZ unterliegt jedoch keiner zahlenmäßigen Begrenzung. Voraussetzung ist aber, dass das MVZ in einem für Neuniederlassungen gesperrten Gebiet über die entsprechende Anzahl an Arztstellen oder Anstellungsgenehmigungen für das jeweilige Fachgebiet verfügt“, sagt Daniela Groove, Rechtsanwältin und Fachanwältin für Medizinrecht bei Ecovis in München. Und: Ein MVZ ist bei der Anzahl von Filialen nicht begrenzt. Die Rechtsformen von MVZ Ärzte dürfen ein MVZ nach dem Fünften Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) in der Rechtsform einer Personengesellschaft – Voraussetzung mindestens zwei Gesellschafter – oder in der Rechtsform einer GmbH gründen. „Die im SGB V weiter genannten Rechtsformen kommen für Vertragsärzte meist nicht in Betracht“, weiß Groove. Eine Einzelunternehmung, etwa eine Einzelpraxis, scheidet als Rechtsform aus.

In der Vergangenheit wurden daher MVZ in der Rechtsform einer Ein-Personen-GmbH gegründet. Der Praxisinhaber verzichtete dabei auf seine vertragsärztliche Zulassung zugunsten einer Anstellung in seinem eigenen MVZ. Mit der Entscheidung des Bundessozialgerichts (BSG) vom 26. Januar 2022 erteilen jedoch einige Zulassungsausschüssen seither keine Genehmigungen für diese Gestaltungsvariante mehr (B 6 KA 2/21 R).

Nach Ansicht des BSG könne ein Gesellschafter nicht gleichzeitig den Status eines sozialversicherungspflichtigen Angestellten haben. Die Entscheidung betraf eine MVZ-GbR, deren Gesellschafter gleichberechtigt am Gesellschaftsvermögen der GbR beteiligt waren. Die vom BSG aufgeworfene Problematik, durch die Gesellschafterstellung auf das eigene Anstellungsverhältnis einwirken zu können, wird auch auf das Ein-Personen-MVZ übertragen. In der Beratungspraxis werden daher MVZ-Mischmodelle diskutiert: Der Arzt nimmt seine freiberufliche Zulassung in die MVZ-GmbH mit und wird dort als Vertragsarzt tätig.

Wählen Ärzte das MVZ-Mischmodell, also die Umwandlung einer Einzelpraxis in eine MVZ-GmbH, und wenden sie die Vertragsarztvariante an, sind sie neuerdings mit steuerlichen Fallstricken konfrontiert. Denn rechtlich wurde diese Vertragsarztvariante nicht sauber gelöst. „Das ist der Finanzverwaltung ein Dorn im Auge“, sagt Theresa Günther, Steuerberaterin und Fachberaterin für das Gesundheitswesen in München.

Einbringung Einzelpraxis

Die Umwandlung einer Einzelpraxis etwa in eine Ein-Personen-MVZ-GmbH ist steuerrechtlich eine Einbringung zur Neugründung. „Da die Einzelpraxis in der neuen GmbH aufgeht und nur unter anderer Firmierung weiter existiert, bleibt dieser Vorgang steuerfrei“, erklärt Ecovis-Steuerberaterin Christine Krämer in Weilheim. Eine der Voraussetzungen ist die Übertragung aller wesentlichen Betriebsgrundlagen von der Einzelpraxis auf die GmbH.

Zulassung als Stolperfalle

Aufgrund der genannten Entscheidung des BSG kann ein Arzt nur die Vertragsarztvariante wählen, wenn er eine Ein-Personen-MVZ-GmbH gründet. In diesem Fall bringt er die Zulassung nicht in die GmbH ein. „Die Zulassung des Vertragsarztes ist ein höchstpersönliches Recht. Dieses wird überlagert von der Zulassung, die das MVZ bei Gründung ohnehin selbst erhält“, sagt Krämer. Das gleiche Problem tritt auch bei der Gründung einer Zwei-Personen-MVZ-GbR, also einer Personengesellschaft, auf.

Dilemma zwischen Sozial- und Steuerrecht

Die Finanzverwaltung sieht in dem Ruhen der Zulassung einen Verstoß gegen das Erfordernis der Einbringung aller wesentlicher Betriebsgrundlagen in die MVZ-GmbH mit der Folge, dass alle stillen Reserven aufzudecken sind und ein Einbringungsgewinn zu versteuern ist. „Das ist aber nicht in jedem Fall schlecht. Befinden sich beispielsweise wertvolle Anlagegüter oder Immobilien in der Einzelpraxis, lässt sich durch die Einbringung neues Abschreibungspotenzial freisetzen“, erklärt Steuerberaterin Günther. „Die Abschreibungen sind Betriebsausgaben, die wiederum künftige steuerpflichtige Gewinne mindern.“

Ärztinnen und Ärzte, die ein MVZ gründen wollen, sollten im Zweifel das Finanzamt bei der Planung aktiv einbeziehen und einen Antrag auf verbindliche Auskunft stellen. „Die Gründung eines MVZ sollte nicht an einer möglichen Steuerbelastung scheitern. Die Aussicht auf interdisziplinäres Wachstum steht bei der Gründung im Fokus und macht das MVZ zu einem wichtigen Leistungserbringer in der ambulanten Patientenversorgung“, sagt Ecovis-Steuerberaterin Krämer.

Ansprechpartner

Daniela Groove
Daniela Groove
Rechtsanwältin in München
Tel.: +49 89 217516-700
Christine Krämer
Christine Krämer
Steuerberaterin, Bachelor of Arts in Weilheim
Tel.: +49 881-94 88 0

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