Grundstücksübertragung im Erbfall kann steuerpflichtig sein
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Grundstücksübertragung im Erbfall kann steuerpflichtig sein

Wer ein Grundstück im Rahmen eines Erbteilausgleichs übernimmt, darf nicht automatisch auf Steuerfreiheit beim späteren Verkauf hoffen. Denn unter bestimmten Umständen liegt bei der Übertragung ein entgeltlicher Vorgang vor. Das hat das Finanzgericht Düsseldorf kürzlich klargestellt. Das Urteil und die Abgrenzung zu einem erbrechtlichen Vorgang, der steuerfrei ist, und einer gemischten Schenkung erklärt André Rogge, Steuerberater bei Ecovis in Dresden.

Der Fall: Grundstück statt Erbteil

Im Jahr 2000 erbten eine Frau und ihre Mutter jeweils zur Hälfte ein Kapitalvermögen von insgesamt 252.000 Euro aus dem Nachlass des Vaters. Anstelle einer Auszahlung ihres Erbteils einigten sich Mutter und Tochter darauf, den Anteil der Tochter langfristig unter dem Namen der Mutter anzulegen. Eine Auszahlung sollte in unverzinslichen Raten erfolgen. Tatsächlich kam es jedoch nie zu einer Auszahlung. Stattdessen finanzierte ein Großteil des Vermögens über die Jahre hinweg die Lebenshaltungskosten der pflegebedürftigen Mutter, sodass der Betrag bis zum Jahr 2014 auf lediglich 23.000 Euro schrumpfte.

Die Mutter besaß zusätzlich eine sanierungsbedürftige Immobilie, die sie vermietete. Ein Gutachten setzte den Verkehrswert auf 52.000 Euro fest. Tatsächlich hätte allein der Bodenwert einen Grundstückswert von mindestens 160.000 Euro ergeben.

Im Jahr 2014 schlossen Mutter und Tochter einen notariellen Vertrag. Zur Abgeltung der Erbansprüche erhielt die Tochter das Grundstück sowie das verbleibende Geldvermögen.

Zwei Jahre später verkaufte sie das Grundstück für 160.000 Euro. Das Finanzamt wertete dies als steuerpflichtigen Veräußerungsgewinn in Höhe von 108.000 Euro. Die Tochter widersprach: Sie argumentierte, der Vorgang sei erbrechtlich motiviert und habe Versorgungscharakter oder sei zumindest eine gemischte Schenkung. Sie vertrat die Auffassung, dass sie lediglich die Rechtsstellung der Mutter fortsetzte und die Zehnjahresfrist für private Veräußerungsgeschäfte damit eingehalten sei. Ecovis-Steuerberater André Rogge erläutert dazu: „Viele Mandanten gehen davon aus, dass jede Übertragung innerhalb der Familie steuerfrei bleibt. Doch genau hier liegt die Falle: Entscheidend ist die rechtliche Ausgestaltung des Vertrags, nicht das persönliche Verhältnis.”

Die Entscheidung des Finanzgerichts Düsseldorf

Das Gericht wies in seinem Urteil vom 8. April 2025 die Argumentation der Tochter zurück. Es stellte fest, dass ein privates Verkaufsgeschäft vorlag, da zwischen Erwerb und Verkauf der Immobilie weniger als zehn Jahre lagen. Der Veräußerungsgewinn von 108.000 Euro sei daher steuerpflichtig (10 K 245/22 E). Nach Auffassung des Gerichts hatte die Tochter das Grundstück im Jahr 2014 durch ein voll entgeltliches Erwerbsgeschäft durch den notariellen Vertrag erhalten. Mutter und Tochter setzten den Wert des Grundstücks im Vertrag mit 52.000 Euro an und rechneten diesen mit der verbliebenen Forderung aus dem Erbteil der Tochter auf.

Keine Schenkung, sondern entgeltlicher Erwerb

Der Notarvertrag enthielt keine Hinweise darauf, dass die Tochter eine Versorgungspflicht gegenüber der Mutter übernahm, um im Gegenzug das Grundstück zu erhalten. Eine gemischte Schenkung mit Versorgungscharakter lag deshalb nicht vor. Vielmehr diente die Übertragung der Erfüllung einer erbrechtlichen Forderung, was einen entgeltlichen Vorgang darstellt.

Eine Schenkung erfordert nach Auffassung des Gerichts immer die Absicht einer unentgeltlichen Bereicherung. Diese Absicht war im Fall nicht erkennbar. Allein eine zu niedrige Bewertung des Grundstücks genügt nicht, um von einer teilentgeltlichen Übertragung auszugehen. Es gab keine Anhaltspunkte dafür, dass Mutter und Tochter den wahren Wert kannten und diesen bewusst nicht ausgleichen ließen. Die Behauptung der Tochter, eine teilentgeltliche Übertragung sei beabsichtigt gewesen, stütze sich lediglich auf den später erzielten Verkaufspreis – das reiche nicht aus, um eine solche Absicht zu belegen.

Näheverhältnis ändert nichts am Steuerrecht

Das Gericht stellte abschließend klar, dass auch unter nahen Angehörigen eine voll entgeltlich gestaltete Übertragung nicht automatisch als teilentgeltlich gilt. Entscheidend bleibt die vertragliche Ausgestaltung. Rogge fasst die Bedeutung zusammen: „Dieses Urteil zeigt, dass Familienverträge genauso sorgfältig gestaltet werden müssen wie Geschäfte unter Fremden. Sonst drohen unerwartete Steuerbelastungen.”

Ansprechpartner

André Rogge
André Rogge
Steuerberater, Prokurist in Dresden
Tel.: +49 351-44 77 40

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