Die Praxis gegen Versorgungsleistungen schenken
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Die Praxis gegen Versorgungsleistungen schenken

Der Verkauf der eigenen Praxis an ein Kind kann in bestimmten Konstellationen gegenüber einer Schenkung aus steuerlicher Sicht deutlich vorteilhafter sein – und das nicht nur für das verkaufende Ärztepaar.

Auf den ersten Blick mag der Gedanke, dem eigenen Kind die Praxis zu verkaufen, ungewöhnlich erscheinen – schließlich möchte man dem Nachwuchs den Start ins Berufsleben möglichst einfach und kostengünstig ermöglichen. „Aus steuerlicher Sicht kann das aber für beide Seiten sinnvoll sein“, sagt Theresa Günther, Steuerberaterin und Fachberaterin für das Gesundheitswesen bei Ecovis in München.

Ein Beispiel aus der Praxis

Ein Ärzte-Ehepaar möchte seine Tochter, ebenfalls approbierte Ärztin, in die Nachfolge einführen. Sie soll die elterliche Praxis übernehmen – einschließlich der Räumlichkeiten. Die Immobilie hatten die Eltern bereits vor vielen Jahren im Zuge der Praxisgründung erworben. Verkaufen die Eltern jeweils ihren Anteil an der Arztpraxis zu einem angemessenen Preis an ihre Tochter, hat das gleich mehrere steuerliche Konsequenzen – vor allem für die Eltern. Durch den Verkauf werden automatisch alle stillen Reserven aufgedeckt, die sich über die Jahre in der Praxis angesammelt haben. Dabei handelt es sich um versteckte Gewinne. Sie entstehen, wenn Vermögenswerte in der Buchführung niedriger angesetzt sind, als sie tatsächlich am Markt wert sind. Das ist häufig dann der Fall, wenn über Jahre hinweg Abschreibungen vorgenommen wurden und der Buchwert dadurch stark gesunken ist. Der tatsächliche Marktwert liegt dann oft deutlich darüber. Die Differenz zwischen dem aktuellen Marktwert und dem niedrigeren Buchwert wird dann als stille Reserve bezeichnet – und genau diese wird beim Verkauf steuerlich wirksam.

Eltern können Freibeträge nutzen

Auf die stillen Reserven wird bei „Aufdeckung“, also beim Verkauf an die Tochter, Einkommensteuer zum individuellen Steuersatz fällig. „Haben die Eltern das 55. Lebensjahr vollendet oder sind sie im sozialversicherungsrechtlichen Sinne dauernd berufsunfähig, ist der Verkaufsgewinn auf Antrag nur steuerpflichtig, wenn er 45.000 Euro übersteigt“, weiß Günther. Dieser Freibetrag steht jedem Elternteil zu und wird abgeschmolzen, soweit der Verkaufsgewinn einen Betrag von 136.000 Euro übersteigt. Neben diesem Freibetrag kann zusätzlich der ermäßigte Steuersatz für den Verkaufsgewinn greifen. Dann wird dieser nur mit 56 Prozent des sonst anzusetzenden durchschnittlichen Steuersatzes besteuert. Voraussetzung ist, dass der Verkaufsgewinn den Betrag von insgesamt fünf Millionen Euro nicht übersteigt. Ebenso – wie beim Freibetrag – lässt sich die Vorschrift nur anwenden, wenn die Eltern das 55. Lebensjahr vollendet haben oder dauernd berufsunfähig sind. „Den Eltern muss aber klar sein, dass sie nach dem Verkauf der Praxis ihre selbstständige ärztliche Tätigkeit im örtlichen Wirkungskreis zumindest für eine gewisse Zeit einstellen müssen“, erklärt Günther.

Zudem müssen die Eltern die Immobilie als wesentlichen Bestandteil der Praxis entweder mit an die Tochter verkaufen oder ins Privatvermögen überführen. Wollen die Eltern die Immobilie zukünftig nur noch privat nutzen, ist unbedingt darauf zu achten, dass sie keine Alt-Patienten hier und da noch in den alten Praxisräumen weiterbehandeln. „Sonst gefährden sie die Steuerermäßigung für den Verkauf der Praxis insgesamt“, sagt Günther.

Die steuerlichen Vorteile für die Käuferin

Für die Tochter ergeben sich ebenfalls mehrfach positive Effekte. Durch Zahlung des Kaufpreises an die Eltern erwirbt sie einen Praxiswert, den sie über eine Dauer von sechs bis zehn Jahren abschreiben kann. „Das ist ein großer Vorteil, da diese Abschreibungen den laufenden zu versteuernden Gewinn der Praxis mindern“, sagt Günther. Und weiter: „Außerdem kann die Tochter etwaige Zinsen, die sie für ein Bankdarlehen zahlen muss, als Praxisausgaben gewinnmindernd ansetzen. Auch das führt zu einer geringeren Steuerlast.“

Verkaufen die Eltern die Immobilie mit an die Tochter, ließe sich hier ein „Abschreibungs-Step-up“ realisieren. Immobilien verfügen in der Regel über hohe stille Reserven. Wird die Immobilie in der Buchhaltung nach Kauf durch die Tochter wieder zum Zeitwert angesetzt, lassen sich nun (erneut) Abschreibungen von eben diesem höheren Wert gewinnmindernd in der Buchhaltung berücksichtigen. „Auf diese Weise lässt sich generationenübergreifend doppelt Abschreibungspotenzial generieren“, erklärt Ecovis-Expertin Günther.

Ansprechpartner

Theresa Günther
Theresa Günther
Steuerberaterin in München
Tel.: +49 89 5898-2720

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