Studie zu Finanzinvestoren in der Steuerberatung: Mehrheit sieht mehr Risiken als Chancen
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Studie zu Finanzinvestoren in der Steuerberatung: Mehrheit sieht mehr Risiken als Chancen

Das Beratungsunternehmen Ecovis führte im Sommer 2025 eine Umfrage unter deutschen Steuerberaterinnen und Steuerberatern durch, um die Wahrnehmung zum Eintritt von Private-Equity-Unternehmen in die Branche zu erfassen. Ziel war es, ein möglichst breites Stimmungsbild zur Abwägung von Chancen und Risiken sowie Vor- und Nachteilen aus Sicht der Berufsträgerinnen und Berufsträger zu dokumentieren. Diese betrachten die Entwicklung insgesamt eher als kritisch.

Drei Viertel der Teilnehmenden gaben an, den Private-Equity-Einstieg aus der Berichterstattung zu kennen (zur Methode siehe unten). Insgesamt gaben 49 Prozent an, sich eher Sorgen um Risiken dieser Entwicklung zu machen, während nur elf Prozent mehr Chancen sahen. Ein gutes Drittel erwartet ein ausgewogenes Verhältnis von Vor- und Nachteilen.

Bedeutung der Unabhängigkeit im Berufsstand als Schlüsselargument

Die Befragten sehen das größte Risiko darin, dass sich die unabhängige Beratung und damit die Rolle als unabhängiges Organ der Rechtspflege extern getriebenen Profitmotiven unterordnen müsste. Als besonders problematisch bewerten sie außerdem die mögliche Benachteiligung „uninteressanter“ Mandanten oder sogar deren Ausschluss von kompetenter Beratung. Dr. Ferdinand Rüchardt, Geschäftsführer bei Ecovis, erklärt: „Wir können die Sorgen verstehen, auch wenn wir selbst unternehmerisch denken. Unser Berufsstand erfüllt eine wichtige gesellschaftliche Aufgabe in der Finanzierung unseres Gemeinwesens und eine unabdingbare Dienstleistung gerade im für den Standort Deutschland so wichtigen Mittelstand. Wer immer in diesem beruflichen Umfeld agiert, muss sich dieser Verantwortung zwingend bewusst sein.“

Chancen bei Digitalisierung und Nachwuchssorgen

Chancen durch den Private-Equity-Einstieg sahen die Befragten vor allem bei der überfälligen Digitalisierung des Umfelds und in einer höheren Attraktivität des Berufsstands für Nachwuchskräfte – ein Thema, das vielen in der Branche große Sorgen bereitet.

Entwicklung eher als abstrakt gesehen, kaum Unterschiede in den Altersgruppen

Viele der Befragten beurteilen die Thematik zwar skeptisch, stellen jedoch nur selten den unmittelbaren Bezug zur eigenen Kanzlei her, sodass ihre persönliche Einschätzung insgesamt eher gelassen ausfällt. Man sieht die Probleme, glaubt aber, selbst nur peripher betroffen zu sein. So gaben nur 24 Prozent an, sich mit dem Thema regelmäßig zu befassen; gerade einmal neun Prozent suchen aktiv nach Informationen. Obwohl zu vermuten gewesen wäre, dass gerade die Alterskohorte vor dem Ruhestand an attraktiven Kanzleiablösen interessiert ist, ließ sich diese Vermutung in den Daten nicht nachweisen: Die jüngeren Altersgruppen zeigten kaum Unterschiede, ältere Berufsträger waren sogar noch skeptischer.

Blick nach vorne: Erfolgsfaktoren für die Zukunft

Für den langfristigen Erfolg hielten die Steuerberaterinnen und Steuerberater vor allem folgende Faktoren für entscheidend: starke (Unternehmens-)Kultur, immer fundiertere fachliche Spezialisierung, Gewinnung und Bindung von Talenten, gesundes Wachstum beim Umsatz und Mandantenstamm sowie Fortschritte bei Digitalisierung und KI-Anwendungen.

Insgesamt Konsolidierung des Marktes erwartet

Die Mehrheit der Befragten rechnet insgesamt mit einer Marktkonsolidierung, getrieben durch steigende Anforderungen und die schwieriger werdende Personalsuche. Neben traditionellen Einzelkanzleien und häufiger vorkommenden Kanzleiaufgaben nennen sie insbesondere größere inhabergeführte Unternehmensgruppen sowie investorengetriebene Konzernstrukturen als mögliche Marktakteure.

Methode

Für die Befragung wurden gut 50.000 der 80.000 über die Kammern geführten Berufsträgerinnen und Berufsträger online kontaktiert. Auch wenn es sich nicht um eine repräsentative Studie handelt, lag die Öffnungsrate beim Anschreiben, als auch die Teilnahmerate mit über 1.500 weit über dem üblichen Durchschnitt vergleichbarer Studien. Mehr zu den Umfrageergebnissen, einschließlich der Infografiken finden Sie hier.

Fazit: Die Branche beobachtet den Private-Equity-Einstieg aufmerksam und kritisch. Zwar erkennen die Befragten die Chancen, ihre Befürchtungen in Bezug auf Risiken überwiegen deutlich.

Ansprechpartner

Dr. Ferdinand Rüchardt
Dr. Ferdinand Rüchardt
Steuerberater, Wirtschaftsprüfer in München
Tel.: +49 89-58 98 0

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