Nießbrauch im Betriebsvermögen: Ein heißes Eisen für Unternehmerinnen und Unternehmer
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Nießbrauch im Betriebsvermögen: Ein heißes Eisen für Unternehmerinnen und Unternehmer

Der Bundesfinanzhof hat kürzlich erneut über die Schenkung einer Kommanditbeteiligung unter Nießbrauchsvorbehalt entschieden. Gleichzeitig hat das Bundesfinanzministerium ein Schreiben zur Schenkung von Wirtschaftsgütern aus Betriebsvermögen unter Nießbrauchsvorbehalt veröffentlicht. Die Kernaussage: Es ist kompliziert und in der Praxis gibt es charmantere Lösungen. Welche das sind, erklärt Steuerberater Torsten Sonnenberg bei Ecovis in Halle an der Saale.

Was ist Nießbrauch und warum lässt er sich in der Nachfolgeplanung nutzen?

Nießbrauch bezeichnet das Recht, einen Gegenstand, beispielsweise einen Firmenanteil oder eine Immobilie, zu nutzen und daraus Vorteile zu ziehen, ohne der Eigentümer des Gegenstands zu sein. In der Nachfolgeberatung spielt der Nießbrauch eine zentrale Rolle. Nach eigener Einschätzung werden die meisten Immobilien unter Nießbrauch übertragen. Steuerberater Sonnenberg erklärt: „Nießbrauch ist ein bewährtes Mittel in der Nachfolgeplanung, um den Übergeber abzusichern und gleichzeitig den Wert der Schenkung zu mindern. Doch im betrieblichen Sektor ist Vorsicht geboten.“

Die Vorteile und Risiken einer Schenkung unter Nießbrauch

Ein Nießbrauchrecht an einer Immobilie hat auf den ersten Blick einige Vorteile. Der Schenkende bleibt durch die Mieteinnahmen abgesichert, und der Wert der Immobilie lässt sich durch die Übergabe mit Nießbrauch entsprechend mindern. Schließlich würde kaum jemand eine Immobilie kaufen, deren Erträge eine andere Person erhält. „Diese Logik funktioniert im Privatbereich gut, aber im Betriebsvermögen kommen zahlreiche zusätzliche Faktoren ins Spiel, die das Ganze schnell kompliziert machen können“, sagt Steuerberater Torsten Sonnenberg.

Nießbrauch im Betriebsvermögen: Besonderheiten beachten

Im betrieblichen Bereich kommen, je nach Einkunftsart und Rechtsform, viele Besonderheiten hinzu. Seit einer Entscheidung des Bundesfinanzhofs ist ein Nießbrauch im Betriebsvermögen bei einem Einzelunternehmen faktisch nicht mehr möglich. Grund: Der BFH setzt voraus, dass der Schenkende seine betriebliche Tätigkeit einstellt (BFH-Urteil vom 25. Januar 2017, X R 59/14). Je nach Ausgestaltung des Nießbrauchrechts ist dies in fast keinem Fall so. Die Konsequenz wäre, dass mindestens für die Ertragsteuer alle stillen Reserven aufzudecken wären. In der Regel folgt auch die Schenkungsteuer des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes (ErbStG) dieser Auffassung. Deshalb fällt neben der Einkommensteuer noch meistens Schenkungsteuer an (Paragraph 13b Absatz 1 ErbStG).

Vertragliche Gestaltung entscheidend

Bei einer Personengesellschaft ist die Vertragsgestaltung entscheidend. Hier wird erwartet, dass der Beschenkte eine Mitunternehmerstellung erhält. Dies ist dann erfüllt, wenn er entsprechende Kontroll- oder Mitspracherechte hat und am laufenden, aber auch endgültigen Gewinn der Gesellschaft beteiligt ist. Ein gänzlicher Vorbehaltsnießbrauch würde jedoch je nach Ausgestaltung des Nießbrauchrechts an sich eben nicht zur Mitunternehmerstellung führen. Auch hier wäre dann die Konsequenz, dass in der Ertragsteuer alle stillen Reserven aufzudecken sind und zusätzlich Schenkungsteuer anfällt.

In der Praxis hat sich deswegen ein „Quotennießbrauch“ herauskristallisiert, wobei es für diese Fälle weiterhin etliche Rechtsunsicherheiten gibt. Auch handelsrechtlich ist unklar, wem beispielsweise Rücklagen oder Substanzgewinne zustehen. Auch das Abstimmungsverhalten wird in vielen Verträgen unterschiedlich gehandhabt. Das bedeutet für alle Beteiligten oftmals einen hohen Zeitaufwand und viel Know-how – gerade bei der Vertragsgestaltung.

Hinzu kommen Besonderheiten, etwa wie ein Nießbrauch an einem Einzelwirtschaftsgut im Betriebsvermögen oder an Kapitalgesellschaften zu behandeln ist. Zu allen Vorfällen gibt es unzählige Rechtsprechungen, die Chancen, aber auch Risiken bergen, die am Ende zu unnötigen Steuern führen können. „Hinzukommt, dass vertragliche Formulierungen oftmals so komplex sind, dass sie für Unternehmerinnen und Unternehmer kaum noch nachvollziehbar und verständlich sind. Andere Lösungen können hier klarer sein“, sagt Torsten Sonnenberg.

Alternative Lösungen zur Absicherung des Übergebers

Eine Möglichkeit, den Übergeber abzusichern, besteht in einer Versorgungsrente. Diesen Weg fördert der Gesetzgeber ausdrücklich. Für den betrieblichen Bereich stellt die Versorgungsrente  in vielen Fällen eine elegantere Lösung dar. Eine Alternative ist der gleitende Übergang. Anstatt den Betrieb sofort vollständig zu schenken, ist es auch möglich, erst einen Teil zu übertragen und gleichzeitig dem Übernehmenden unternehmerische Unterstützung zu geben.

Ein wichtiger Hinweis: Die Liquiditätsplanung

Viele Mandanten schätzen ihren tatsächlichen Liquiditätsbedarf oft falsch ein. Das klassische Haushaltsbuch und realistische Annahmen helfen dabei, zu einer besseren Einschätzung zu kommen. Der Liquiditätsbedarf spielt eine zentrale Rolle bei der Frage, ob ein Nießbrauch sinnvoll ist oder nicht. Dazu erklärt Steuerberater Sonnenberg: „Die genaue Ermittlung des Liquiditätsbedarfs ist entscheidend. Ohne eine realistische Einschätzung der Finanzsituation kommt es oft zu Fehlentscheidungen bei der Wahl des Übergabemodells.“

Eine sorgfältige Planung ist entscheidend

Während der Nießbrauch im Privatvermögen meist eine gängige Lösung ist, ist er im unternehmerischen Bereich tendenziell eher die Ausnahme. Dies hat mehrere Gründe, die für Mandanten oft nicht klar sind. „Deshalb lohnt es sich, die verschiedenen Varianten sorgfältig zu prüfen und sich gut beraten zu lassen“, empfiehlt Torsten Sonnenberg.

Ansprechpartner

Torsten Sonnenberg
Torsten Sonnenberg
Steuerberater, Diplom-Kaufmann in Halle (Saale)
Tel.: +49 345-21285-0

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