Insolvenz – Wenn der Handelspartner pleitegeht …
… schauen viele Landwirte in die Röhre. Doch das muss nicht in jedem Fall sein. Es gibt etliche Möglichkeiten, finanziellen Verlusten durch eine Händlerinsolvenz vorzubeugen.
Beim Kauf von Dünger auf Vorrat
Oftmals kaufen Landwirte Dünger bereits im Herbst für das nächste Frühjahr ein und nutzen so günstige Preise und Frühkaufrabatte. Die Ware wird dann meist auch gleich bezahlt und beim Landhändler eingelagert. Geht der aber zwischenzeitlich insolvent und ist die Ware nicht separiert, also ungekennzeichnet „im großen Haufen“, bekommt der Landwirt unter Umständen nichts. Hilfreich ist hier, wenn der Landwirt sich seine Ware mit einem Lagerschein übereignen lässt, die konkrete Menge dokumentiert oder seinen Dünger in einer separaten Box einlagern lässt und das auch Dritten gegenüber gesondert gekennzeichnet ist.
Bei der Lieferung von Getreide
Soweit der Landwirt während der Ernte Getreide oder Mais anliefert, sollte er darauf achten, dass dies unter Eigentumsvorbehalt erfolgt – was bereits bei Vertragsabschluss vereinbart werden muss und am besten schriftlich festgehalten wird. Nur dann ist sichergestellt, dass bei Insolvenz des Händlers der Landwirt sein Getreide im Wege der Aussonderung wieder herausverlangen kann. Wichtig wäre auch hier eine räumliche Trennung.
Wird die Ware vermischt, wird der Landwirt im Verhältnis zur angelieferten Menge Miteigentümer. Ist allerdings der Getreidehaufen bereits verkauft und abgeholt, geht der „einfache Eigentumsvorbehalt“ ins Leere. Besser ist der „verlängerte Eigentumsvorbehalt“, wonach der Landwirt im Fall des Weiterverkaufs
bereits im Voraus den Kaufpreisanspruch gegen den Erwerber abgetreten bekommt. Teilweise finden sich entsprechende Regelungen in den Einheitsbedingungen des deutschen Getreidehandels, einer Art Muster-AGB.
Im Fall der Aufrechnung
Regelmäßig holen Landwirte in der Vegetationsperiode Dünger und Pflanzenschutzmittel auf Rechnung ab und begleichen ihre Verbindlichkeiten erst mit Getreidelieferungen zur Ernte. Dem Landwirt hilft hier nur eine ordnungsgemäße Aufrechnung durch eine wirksame Aufrechnungserklärung, ggf. eine wirksame Verrechnungsabrede, zu Beweiszwecken idealerweise schriftlich. Liegen diese Vereinbarungen nicht schriftlich vor, kann man nur mit der seit mehreren Jahren geübten Praxis argumentieren, hat jedoch im Gerichtsverfahren erhebliche Beweisrisiken.
Das Landgericht Magdeburg (Az.: 5 O 1368/12) hat entschieden: Aus jahrelanger Übung kann sich ergeben, dass sich Landwirt und Landhändler über die Aufrechnungsmöglichkeit und Aufrechnung einig waren. Der Landwirt durfte aber bei Anlieferung des Getreides von der Insolvenzreife des Landhändlers nichts gewusst haben. Ansonsten hat er die Aufrechnungsmöglichkeit „in anfechtbarer Weise erlangt“. Er müsste den vollen Preis für Dünger und Pflanzenschutz zuzüglich Zinsen bezahlen und bekommt unter Umständen für das von ihm angelieferte Getreide nur einen niedrigen einstelligen Prozentbetrag als einfacher Insolvenzgläubiger.
Bei bestehenden Vorkontrakten
Bestehen mit dem Landhändler Vorkontrakte, sind diese grundsätzlich zu erfüllen. Das gilt unabhängig davon, ob der Händler insolvent ist oder nicht.
Tipp: Um sich für den Fall, dass der Landhändler schlappmacht, abzusichern, empfehlen sich ein verlängerter Eigentumsvorbehalt und eine explizite Aufrechnungserklärung – beides schriftlich. Mehr zur Insolvenz von Landhändlern unter www.ecovis.com/insolvenz-agrar
Autor:
Thomas Schinhärl, Rechtsanwalt, Unternehmenssanierer
ECOVIS L+C Rechtsanwaltsgesellschaft Regensburg
thomas.schinhaerl@ecovis.com