GEG: Viel Halbwissen kursiert
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GEG: Viel Halbwissen kursiert

In letzter Zeit gab es zahlreiche Diskussionen um Inhalte und Folgen des neuen Gebäude-Energie-Gesetzes (Gesetz zur Einsparung von Energie und zur Nutzung erneuerbarer Energie zur Wärme- und Kälteerzeugung in Gebäuden, kurz GEG). Auch in den Medien kursierten zum Teil haarsträubende Falschinformationen. Stefan Reichert, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht bei Ecovis in München, kennt die tatsächlichen Regelungen des aktuellen Gesetzentwurfs des GEG, wie er in der zweiten und dritten Lesung nach der Sommerpause des Bundestags zur Debatte steht.

Anforderungen an neue Heizungen

Eine sofortige Austauschpflicht für bestehende und funktionstüchtige Heizungsanlagen – wie vielfach behauptet ­ enthält das Gesetz nicht.

Lediglich Heizkessel,

  • die mit einem flüssigen oder gasförmigen Brennstoff beschickt werden und keine Brennwertkessel sind,
  • zwischen vier Kilowatt (kW) und 400 kW Nennleistung aufweisen und
  • vor dem 1. Januar 1991 eingebaut wurden,

dürfen nicht mehr betrieben werden. Das Gleiche gilt für entsprechende Heizkessel, die nach dem 1. Januar 1991 eingebaut wurden nach Ablauf von 30 Jahren.

Ab dem Enddatum 31. Dezember 2044 ist eine Nutzung fossiler Brennstoffe nicht mehr zulässig. Ab 2045 muss in allen Gebäuden klimaneutral mit ausschließlich erneuerbaren Energien geheizt werden.

Ab 1. Januar 2024 dürfen neue Heizungen nur eingebaut werden, wenn sie mindestens 65 Prozent der mit der Anlage bereitgestellten Wärme mit erneuerbaren Energien erzeugen.

Der Eigentümer kann dabei frei wählen, mit welcher Technologie er diese 65-Prozent-Vorgabe erfüllen will. Dabei ist die Einhaltung der 65-Prozent-Vorgabe durch einen zugelassenen Energieberater nachzuweisen.

Bei Neubauten wird ein solcher Nachweis entbehrlich, wenn entweder

  • ein Anschluss an ein Wärmenetz,
  • eine elektrische Wärmepumpe,
  • eine Stromdirektheizung,
  • eine solarthermische Heizung oder
  • Wärmepumpen-Hybridheizungen

eingebaut werden. Die Einhaltung der 65-Prozent-Vorgabe wird dabei gesetzlich fingiert.

Für Bestandsgebäude besteht darüber hinaus als weitere Möglichkeit der Einbau einer Biomasseheizung oder einer Gasheizung, die nachweislich erneuerbare Gase (Bio-Methan, biogenes Flüssiggas oder „blauen“ oder „grünen“ Wasserstoff) nutzt.

Anschluss an ein Wärmenetz

Bei der Variante „Anschluss an ein Wärmenetz“ darf dessen Baubeginn erst nach Ablauf des 31. Dezember 2023 liegen. Die im Wärmenetz insgesamt verteilte Wärme muss ebenfalls zu mindestens 65 Prozent aus erneuerbaren Energien oder unvermeidbarer Abwärme stammen. Der Wärmenetzbetreiber hat dem Eigentümer gegenüber zu bestätigen, dass diese Voraussetzungen erfüllt sind.

Für ältere Wärmenetze, deren Baubeginn bereits vor dem 1. Januar 2024 liegt und in denen weniger als 65 Prozent der verteilten Wärme aus erneuerbaren Energien oder unvermeidbarer Abwärme stammt, muss der Wärmenetzbetreiber bis zum Ablauf des 31. Dezember 2026 einen Transformationsplan vorlegen. Danach muss die Umstellung der Wärmeversorgung schrittweise bis zum Ablauf des 31. Dezember 2029 auf einen Anteil von mindestens 50 Prozent aus erneuerbaren Energien oder unvermeidbare Abwärme sowie bis zum Ablauf des 31. Dezember 2044 auf eine vollständige CO2-neutrale Wärmeversorgung durch die Umstellung auf erneuerbare Energien oder unvermeidbare Abwärme erfolgen.

Elektrische Wärmepumpe

Beim Einbau einer elektrisch betriebenen Wärmepumpe zur Deckung des Wärmebedarfs eines Gebäudes gilt die 65 Prozent erneuerbare Energie Vorgabe als erfüllt. Das Gesetz enthält dabei keine Regelung, wie der zum Betrieb einer Wärmepumpe notwendige Strom erzeugt wird. Anders als bei der Regelung der Wärmenetze ist keine Transformation der Stromerzeugung hin zu rein erneuerbaren Energien vorgesehen. Die Stromnetzbetreiber sind also nicht verpflichtet, ihre Stromerzeugung schrittweise auf erneuerbare Energien umzustellen.

Stromdirektheizung

Eine Stromdirektheizung darf in einem neu zu errichtenden Gebäude nur eingebaut werden, wenn das Gebäude gleichzeitig einen um 45 Prozent besseren baulichen Wärmeschutz (sprich Dämmung) aufweist als ein im Gesetz definiertes Referenzgebäude.

Bei Bestandsgebäuden, die nicht über eine Zentralheizung mit Wasser als Wärmeträger verfügen, muss der bauliche Wärmeschutz lediglich 30 Prozent unter dem Wert eines Referenzgebäudes liegen.

Solarthermische Heizung

Solaranlagen, die mit Flüssigkeiten als Wärmeträgern arbeiten, müssen nach dem europäischen Prüfzeichen „Solar Keymark“ zertifiziert sein. Es soll später durch die Verwendung einer CE-Kennzeichnung ersetzt werden. Dabei hat die Zertifizierung nach den anerkannten Regeln der Technik zu erfolgen.

Biomasse und Wasserstoff

Lediglich für Bestandsgebäude bleibt der Einbau einer Heizungsanlage zur Nutzung von flüssigen, festen oder gasförmigen Brennstoffen zulässig, wenn die mit der Anlage bereitgestellte Wärme zu 65 Prozent aus Biomasse oder grünem oder blauen Wasserstoff erzeugt wird. In einer Übergangsfrist bis 31. Dezember 2034 darf auch eine Gasheizanlage eingebaut werden, die sowohl Erdgas als auch 100 Prozent Wasserstoff verbrennen kann (H2 ready).

Die eingesetzte flüssige Biomasse muss dabei den Anforderungen an einen nachhaltigen Anbau und eine nachhaltige Herstellung gemäß der Biomassestrom-Nachhaltigkeitsverordnung genügen.

Bei der Verwendung von gasförmiger Biomasse wird der eingesetzte Anteil von Getreidekorn oder Mais in jedem Kalenderjahr auf höchstens 40-Masse-Prozent beschränkt.

Wasserstoff ist grundsätzlich farblos. Die Bezeichnungen grüner oder blauer Wasserstoff beschreiben lediglich die Art der Herstellung. Der grüne Wasserstoff wird dabei durch Elektrolyse (Aufspaltung des Wassers in seine Bestandteile Wasserstoff und Sauerstoff) erzeugt. Der dafür notwendige Strom wird aus erneuerbaren Energien CO2-neutral gewonnen.

Beim blauen Wasserstoff wird der zur Erzeugung notwendige Strom durch Verbrennung fossiler Energieträger gewonnen. Das dabei entstehende CO2 wird allerdings anschließend unterirdisch gelagert. Es gelangt somit nicht in die Atmosphäre und ist damit – zumindest im weiteren Sinne – ebenfalls klimaneutral.

Beim Einsatz fester Biomasse (Holzpellets, Scheitholz) muss die Heizungsanlage über einen Pufferspeicher und eine Einrichtung zur Reduzierung der Staubemissionen, die einen Abscheidegrad von 80 Prozent erreicht, ausgestattet sein sowie mit einer solarthermischen Anlage oder einer Photovoltaikanlage zur elektrischen Warmwasserbereitung kombiniert werden. Dies gilt jedoch nicht für Einzelraumfeuerungsanlagen (Schwedenofen, Kachelofen oder ähnliches), Hallenheizungen, Gebäude ohne zentrale Warmwasserversorgung und Wärmepumpen-Hybridheizungen.

Wärmepumpen-Hybridheizung

Insbesondere in Bestandsgebäuden mit schlechten Dämmwerten ist der Einbau einer Wärmepumpen-Hybridheizung vorgesehen.

Dies bedeutet eine Kombination aus einer elektrisch angetriebenen Wärmepumpe mit einer Gas-, Biomasse- oder Flüssigbrennstofffeuerung zur Abdeckung der Spitzenlasten.

Die thermische Leistung der Wärmepumpe muss dabei mindestens 30 Prozent der erforderlichen Leistung des versorgten Gebäudes betragen. Eine Steuerung muss den Vorrang der Wärmepumpe im Normalbetrieb sicherstellen. Der zuschaltbare Spitzenlasterzeuger zum Einsatz von gasförmigen oder flüssigen Brennstoffen muss ein Brennwertkessel sein.

Übergangsfristen

Das Gesetz regelt eine absolute Übergangsfrist für die Nutzung fossiler Brennstoffe in Heizungen bis zum 31. Dezember 2044. Der Umstieg auf klimaneutrale Beheizung ausschließlich mit erneuerbaren Energien ist verbindlich.

Hinzu kommen zahlreiche Ausnahmeregelungen.

Geht eine Heizungsanlage in einem Bestandsgebäude irreparabel kaputt, also eine „Heizungshavarie“, kann einmalig und höchstens für drei Jahre übergangsweise die alte Heizungsanlage ausgetauscht oder eine neue Heizungsanlage eingebaut werden, die nicht den Vorgaben der 65 Prozent erneuerbaren Energien entspricht.

Für über 80-jährige Eigentümer, die ein Gebäude mit bis zu sechs Wohnungen selbst bewohnen, soll bei einer Heizungshavarie die Pflicht zur Umstellung auf erneuerbare Energien vollständig entfallen. Diese Pflicht trifft erstmals die Erben oder einen sonstigen Erwerber. Dieser hat dann spätestens zwei Jahre nach dem Eigentümerwechsel die Vorgaben des GEG einzuhalten.

Der Einbau einer Heizungsanlage für fossile Brennstoffe als Übergangsheizung ist weiterhin zulässig, wenn der Anschluss an ein Wärmenetz, das mindestens 65 Prozent Wärme aus erneuerbaren Energien oder unvermeidbarer Abwärme nachweist, geplant ist und spätestens bis zum 31. Dezember 2034 erfolgt.

Gasheizungen, die sowohl Erdgas als auch 100 Prozent Wasserstoff verbrennen können (H2 ready) dürfen ebenfalls noch bis zum Ablauf des 31. Dezember 2034 eingebaut und genutzt werden. Der Gasnetzbetreiber hat einen entsprechenden Transformationsplan vorzulegen und dem Gebäudeeigentümer zu garantieren, dass die Wasserstoffinfrastruktur spätestens bis zum 1. Januar 2035 in Betrieb genommen wird.

In einem Gebäude, in dem mindestens eine Etagenheizung betrieben wird, besteht ebenfalls eine Übergangsfrist von drei Jahren ab dem Zeitpunkt, zu dem die erste Etagenheizung ausgetauscht oder eine zentrale Heizungsanlage eingebaut wird. Wird die Etagenheizung teilweise oder vollständig auf eine zentrale Heizungsanlage umgestellt, verlängert sich die Frist für alle Wohnungen um den Zeitraum der Fertigstellung der Zentralheizungsanlage, längstens jedoch um zehn Jahre. Nach Fertigstellung der zentralen Heizungsanlage, spätestens 13 Jahre nach dem Zeitpunkt, zu dem die erste Etagenheizung ausgetauscht wurde, sind alle Wohnungen an die zentrale Heizungsanlage anzuschließen.

Förderkonzept

Zusammen mit der Neugestaltung des Gebäude-Energie-Gesetzes soll es zahlreiche Förderungen für die Umstellung auf Heizungsanlagen, die zu mindestens 65 Prozent durch erneuerbare Energien betrieben werden, geben.

Nach der Bundesförderung für effiziente Gebäude (BEG) gibt es eine Grundförderung für selbstgenutztes Wohnungseigentum sowie private Kleinvermieter bis zu sechs Wohneinheiten, wenn sie davon mindestens eine selbst bewohnen. Der Fördersatz beträgt einheitlich 30 Prozent.

Zusätzlich zu dieser Grundförderung gibt es drei verschiedene Klimaboni.

Der Klimabonus I zur beschleunigten Dekarbonisierung gewährt für den Austausch von Kohleöfen und Öl- oder Gaskesseln, die älter als 30 Jahre sind, eine zusätzliche Förderung von 20 Prozent. Das gilt, wenn die Eigentümer Altbesitzer sind, die ihre Immobilie vor 2002 bewohnten, sowie Personen über 80 Jahre.

Der Klimabonus II in Höhe von zehn Prozent betrifft Fälle, in denen der Austausch von Kohleöfen, Öl- oder Gaskesseln mindestens fünf Jahre vor dem Datum der gesetzlichen Austauschpflicht erfolgt oder bei einem späteren Austausch der Anteil an erneuerbaren Energien 70 Prozent oder mehr beträgt.

Der Klimabonus III wird für Havariefälle gewährt, wenn Heizungen jünger als 30 Jahre und irreparabel kaputtgegangen sind. Für diesen Fall wird ein Bonus von zehn Prozent zusätzlich zur Grundförderung bei Austausch von Kohleöfen, Öl- oder Gaskesseln bezahlt. Das gilt, wenn die gesetzlichen Anforderungen 65 Prozent erneuerbare Energien zu nutzen innerhalb von einem Jahr anstatt der gesetzlichen Frist von drei Jahren übererfüllt wird.

Darüber hinaus sollen zinsgünstige Förderkredite für den Heizungstausch zur Verfügung stehen. Steuerliche Abschreibungsmöglichkeiten soll es auch weiterhin geben.

Ebenfalls einen Bonus in Höhe von 20 Prozent Förderung erhalten Empfänger einkommensabhängiger Transferleistungen, beispielsweise Elterngeldempfänger.

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