
Nach Urteil des Bundesarbeitsgerichts: Keine Verdienstausfallentschädigung bei symptomfreier Absonderung
Arbeitgeber müssen für die Dauer einer behördlich angeordneten Quarantäne infolge eines positiven Corona-Tests einem Arbeitnehmer das geschuldete Arbeitsentgelt bezahlen, auch wenn er keine Symptome hat und keine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vorlegt. Eine Verdienstausfallentschädigung nach dem Infektionsschutzgesetz kommt daher nicht infrage. Das hat das Bundesarbeitsgericht entschieden. Gunnar Roloff, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht bei Ecovis in Rostock, erklärt das Urteil.
Hintergrund
Unternehmen hatten während der Corona-Pandemie für ihre erkrankten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer Verdienstausfallentschädigungen nach dem Infektionsschutzgesetz (IfSG) beantragt. Die Bearbeitung der Anträge hatte sich dabei erheblich verzögert. „Nach unseren Erfahrungen wurden solche Entschädigungsanträge zuletzt abgelehnt“, sagt Gunnar Roloff, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht bei Ecovis in Rostock. Die ablehnenden Bescheide wurden damit begründet, dass das Bundesarbeitsgericht (BAG) mit Urteil vom 20. März 2024 (5 AZR 234/23) entschieden habe, dass mit dem Corona-Virus infizierte Personen unabhängig vom Vorliegen von Symptomen und einer ärztlichen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung einen Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall gegenüber ihrem Arbeitgeber haben.
Der Fall
Das BAG hatte über eine Fallkonstellation zu entscheiden, in der dem Arbeitnehmer aufgrund eines positiven Tests zunächst für vier Tage eine ärztliche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ausgestellt wurde. Für diese Zeit hatte die Arbeitgeberin Entgeltfortzahlung geleistet. Infolge des positiven Tests wurde für den Arbeitnehmer jedoch für die Dauer von 14 Tagen Isolierung (Quarantäne) in häuslicher Umgebung angeordnet. Dort war es ihm unmöglich, die Arbeitsleistung zu erbringen. Eine Folge-Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung wurde dem Arbeitnehmer mit der Begründung verweigert, dass das positive Testergebnis und die Quarantäneanordnung zum Nachweis der Arbeitsunfähigkeit ausreichen würden. Die Arbeitgeberin jedoch verweigerte die Zahlung des Arbeitsentgelts für den Zeitraum, für den zwar keine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung, aber die Quarantäneanordnung vorlag. Der Arbeitnehmer verklagte daher seine Arbeitgeberin auf Entgeltfortzahlung für diesen Zeitraum.
Die Entscheidung des BAG
Das BAG hat in seinem Urteil festgehalten, dass im Krankheitsfall das Entgeltfortzahlungsgesetz (EFZG) vorrangig ist, auch wenn Betroffene symptomfrei in Quarantäne gehen mussten. Eine Entschädigung nach dem IfSG ist nachrangig und tritt als Entschädigungsgrundlage zurück.
Das BAG ist der Auffassung, dass eine SARS-CoV-2-Infektion selbst bei einem symptomlosen Verlauf eine Krankheit ist (im Sinne von Paragraph 3 Abs. 1 EFZG). Diese führt zur Arbeitsunfähigkeit, wenn es dem Arbeitnehmer infolge einer behördlichen Absonderungsanordnung rechtlich unmöglich ist, die geschuldete Tätigkeit bei dem Arbeitgeber zu erbringen, und eine Arbeitsleistung in der häuslichen Umgebung nicht in Betracht kommt.
Was Arbeitgeber wissen sollten
Vor dem Hintergrund der Entscheidung des BAG verspricht eine Klage in dem Fall, dass die Absonderung aufgrund einer Infektion (mit dem Corona-Virus) erfolgt ist, keinen Erfolg. „Nach unserer Einschätzung ist die Rechtslage aber in den Fallkonstellationen anders zu beurteilen, in denen eine Quarantäne ohne Infektion mit dem Corona-Virus angeordnet wurde“, sagt Roloff. Bekanntlich wurden Quarantäneanordnungen auch gegenüber Personen verhängt, die selbst nicht mit dem Corona-Virus infiziert waren, jedoch mit einer Corona-positiven Person im Haushalt lebten. In dieser Fallkonstellation greift die Argumentation des BAG nicht. „Ohne Infektion mit dem Corona-Virus kann kein Krankheitsfall angenommen werden. Deshalb besteht auch kein Entgeltfortzahlungsanspruch, weshalb es einen Entschädigungsanspruch nach dem IfSG gibt“, erläutert Ecovis-Arbeitsrechtler Roloff.
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