Neue umsatzsteuerliche Regeln für den Direktverbrauch von Strom aus regenerativen Anlagen
Die Finanzverwaltung hat mit einem Schreiben vom 31. März 2025 ihre Sicht zur umsatzsteuerlichen Behandlung des Stroms geändert, der direkt aus erneuerbaren Energieanlagen verbraucht wird: Anders als bisher führt der Direktverbrauch von Strom durch den Betreiber von Kraft-Wärme-Kopplung-Anlagen oder Photovoltaik-Anlagen, die vor dem 1. April 2012 in Betrieb genommen wurden, nicht zu einer fiktiven Hin- und Rücklieferung an den Netzbetreiber. Das heißt jedoch nicht, dass der Direktverbrauch künftig nicht der Umsatzsteuer unterliegt. Vielmehr ist eine „unentgetliche Wertabgabe“ zu prüfen, die den Direktverbrauch mit Umsatzsteuer belastet.
Hintergrund zur Umsatzsteuer von Strom aus Anlagen
Die Einspeisung von Strom aus Anlagen zur Energieerzeugung, wie Photovoltaik (PV) oder Kraft-Wärme-Kopplung (KWK), ins Stromnetz ist gegen Vergütung eine unternehmerische Tätigkeit. Auf diese fällt Umsatzsteuer an. Schwieriger zu beantworten war bisher jedoch die Frage, wie der direkt verbrauchte Strom aus PV-Anlagen, die vor dem 1. April 2012 in Betrieb genommen wurden, sowie aus KWK-Anlagen umsatzsteuerlich zu behandeln ist. Die Finanzverwaltung sah früher keine direkte Stromentnahme durch den Anlagenbetreiber, sondern eine fiktive Lieferung an den Netzbetreiber und eine Rücklieferung an den Anlagenbetreiber. Der Bundesfinanzhof (BFH) hat diese Ansicht zuletzt abgelehnt.
Was hat sich geändert?
Das neue BMF-Schreiben ersetzt das von 2014 und berücksichtigt die aktuelle Rechtsprechung des BFH. Bei PV-Anlagen, die vor dem 1. April 2012 in Betrieb genommen wurden, gilt jetzt: Nur die tatsächlich ins Netz eingespeiste Menge an Strom ist eine Lieferung an den Netzbetreiber und die dafür erhaltene Vergütung ist ein umsatzsteuerbares Entgelt. Wenn der Betreiber seinen eigenen Strom direkt selbst verbraucht, gibt es hingegen keine Lieferung an den Netzbetreiber und keine fiktive Rücklieferung, denn der Strom wurde dem Netzbetreiber tatsächlich nicht überlassen, dieser hat also keine Verfügungsmacht über den Strom erlangt. Für den selbst verbrauchten Strom ist künftig eine unentgeltliche Wertabgabe zu prüfen. Diese kann der Umsatzsteuer unterliegen. Die bei Direktverbrauch gezahlte EEG-Vergütung ist kein Entgelt für die Stromlieferung und unterliegt als echter Zuschuss nicht der Umsatzsteuer.
Bemessungsgrundlage Direktverbrauch bei PV-Anlagen
Liegen die Voraussetzungen für eine unentgeltliche Wertabgabe vor, bestimmt sich die Bemessungsgrundlage für die Umsatzsteuer grundsätzlich nach dem Einkaufspreis der gleichartigen Ware – hier Strom. Bezieht der Anlagenbetreiber für seinen zusätzlich benötigten Strombedarf diesen von einem Versorger, ist dieser Preis auch für den Direktverbrauch maßgebend. Deckt im Einzelfall der Anlagenbetreiber seinen Strombedarf komplett mit selbsterzeugtem Strom, ist der Strompreis des Grundversorgers maßgebend (ein gegebenenfalls zu zahlender Grundpreis ist nicht mehr zu berücksichtigen).
Die Menge des selbst verbrauchten Stroms wird durch den Unterschied zwischen dem Zähler für erzeugten Strom und dem Zähler für eingespeisten Strom ermittelt. Falls keine Messgeräte vorhanden sind, lässt sich die Menge schätzen.
Gleiche Regelungen für KWK-Anlagen
Bei KWK-Anlagen gilt Ähnliches: Der Strom, den der Betreiber dezentral verbraucht und nicht an den Netzbetreiber liefert, gilt nicht als fiktive Lieferung an diesen. Der KWK-Zuschlag ist ein echter, nicht steuerbarer Zuschuss und kein Entgelt für die Stromlieferung. Der KWK-Bonus ist hingegen Entgelt für eine Stromlieferung.
Übergangsregelungen
Das BMF-Schreiben ist für alle offenen Fälle anzuwenden. Für Leistungen, die vor dem 1. Januar 2026 ausgeführt wurden, wird es jedoch nicht beanstandet, wenn die umsatzsteuerliche Behandlung nach altem Recht erfolgt, sowohl für den Unternehmer als auch für den Leistungsempfänger. Auch bei der Direktvermarktung wird es nicht beanstandet, wenn bis zu diesem Datum der KWK-Zuschlag als steuerbares und steuerpflichtiges Entgelt beurteilt wird.
Fazit für die Praxis
„Nach über zehn Jahren hat die Finanzverwaltung die umsatzsteuerlichen Regeln für regenerative Energien an die aktuelle Rechtsprechung angepasst. Anlagenbetreiber sollten prüfen, welchen Anlagentyp, also wann die Anlage in Betrieb genommen wurde, sie betreiben und welche Änderungen sich hierfür künftig ergeben“, sagt Ecovis-Steuerberaterin Claudia Lobmeier in Vilshofen.