Rentenversicherung: Kindererziehung im EU-Ausland ist bei Rente zu berücksichtigen
Die Rentenversicherung muss Kindererziehungszeiten bei der Rente im Heimatland berücksichtigen, auch wenn sich die Eltern während der Erziehung im EU-Ausland aufgehalten haben. Dies bestätigt der Europäische Gerichtshof in Luxemburg in seinem Urteil am 7. Juli 2022 (Aktenzeichen C-576/20). Die Details dazu kennt Rentenberater Andreas Islinger bei Ecovis in München.
Was der Europäische Gerichtshof verhandeln musste
Die österreichische Klägerin zog 1987 nach Belgien. Dort bekam sie zwei Kinder. Während der Zeit im Ausland widmete sie sich ausschließlich der Kindererziehung. Sie stand dort in keinem Arbeitsverhältnis. Im Jahr 1993 kehrte sie nach Österreich zurück. Bis zu ihrem Ruhestand war die Klägerin ausschließlich in Österreich erwerbstätig und entrichtete Beiträge zur Rentenversicherung.
Die österreichische Pensionsversicherungsanstalt gewährte ihr später Altersrente. Die im EU-Ausland erfolgten Kindererziehungszeiten berücksichtigte sie bei der Rente allerdings nicht. Damit war die Klägerin nicht einverstanden und zog vor Gericht.
Der Oberste Gerichtshof in Österreich legte die Frage dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) vor, ob Kindererziehungszeiten, die im EU-Ausland stattfanden, bei der Berechnung der Altersrente zu berücksichtigen sind.
Positive Entscheidung des EuGHs mit Tragweite
Der EuGH entschied nun, dass Kindererziehungszeiten im EU-Ausland bei der Rente im Heimatland zu berücksichtigen sind. Die Nichtberücksichtigung würde einen Verstoß gegen das Recht auf Freizügigkeit bedeuten. Schließlich habe die Klägerin ausschließlich in Österreich gearbeitet und Beiträge zur Rentenversicherung gezahlt. Sie habe sich nur während der Kindererziehung vorübergehend im EU-Ausland aufgehalten.
Die Bedeutung des EuGH-Urteils für Erziehende in Deutschland
„Ein längst überfälliges Urteil“, sagt der Experte im Rentenrecht bei Ecovis Andreas Islinger, „denn auch die Deutsche Rentenversicherung forderte für die Anerkennung von Kindererziehungszeiten bisher, dass Eltern und Kind während der Erziehung in Deutschland gelebt haben.“ In gleich gelagerten Fällen sollten Betroffene Widerspruch gegen die Ablehnung der Kindererziehungszeiten einlegen.