Richtsatzsammlung: Kein Anspruch Steuerpflichtiger auf Zugang zu den zugrunde liegenden Daten
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Richtsatzsammlung: Kein Anspruch Steuerpflichtiger auf Zugang zu den zugrunde liegenden Daten

Steuerpflichtige haben keinen Anspruch darauf, Informationen über die Entstehung und den zugrunde liegenden Daten der amtlichen Richtsatzsammlung zu erhalten. Das hat der Bundesfinanzhof kürzlich entschieden. Claudia Reim, Steuerberaterin bei Ecovis in Demmin erklärt die Hintergründe.

Wie die Richtsatzsammlung entsteht

Im Rahmen von Betriebsprüfungen zieht das Finanzamt in geeigneten Fällen einen Richtsatzvergleich heran, um das geprüfte mit branchengleichen Unternehmen zu vergleichen. Dabei greift das Finanzamt auf die Richtsatzsammlung zurück. Diese dient als Hilfsmittel, um die Umsätze und Gewinne von Betrieben zu verproben und zu schätzen. In der Richtsatzsammlung sind statistische Kennzahlen zum Rohgewinnaufschlagsatz, zum Rohgewinn I und II, zum Halbreingewinn und zum Reingewinn verschiedener Branchen (Gewerbeklassen) veröffentlicht. Die zugrunde liegenden Daten werden als Richtsätze von Betriebsprüfern in ausgewählten Branchen ermittelt. Das Bundesministerium der Finanzen (BMF) gibt die Richtsatzsammlung heraus mit dem Ziel, den Steuervollzug zu verbessern und zu erleichtern. Dadurch lässt sich zudem die Gleichmäßigkeit der Besteuerung sicherstellen.

„Die Erkenntnisse, die in der Richtsatzsammlung veröffentlicht werden, stammen aus ordentlichen Betriebsprüfungen. Das bedeutet, dass geprüfte Betriebe keine Kenntnis darüber haben, dass ihre Daten in die Richtsatzsammlung einfließen“, erklärt Reim. Die Erhebungen erfolgen dabei bundesweit und in Branchen, in denen sich derartige Kennzahlen leicht ermitteln lassen.

Der Fall vor dem Bundesfinanzhof

In einem aktuellen Verfahren musste der Bundesfinanzhof (BFH) darüber entscheiden, welche Auskunftsrechte dem Steuerbürger hinsichtlich der internen Informationen zustehen, die das BMF zur Erstellung der Richtsatzsammlung heranzieht. Der Kläger beantragte beim zuständigen Finanzministerium, dass ihm verschiedene Fragen im Zusammenhang mit der Richtsatzsammlung beantwortet werden. Unter anderem wollte der Kläger wissen, wie viele Betriebe mit dem Ziel geprüft wurden, dass Prüfungsdaten für die Richtsatzsammlung gewonnen werden, und nach welchen Kriterien derartige Betriebe ausgewählt werden. Daneben wollte er Auskunft darüber, wie es sich mit Prüfungsergebnissen verhält, die auf Schätzungen beruhen, sowie auch, welche Prüfungsjahre in die Richtsatzsammlungen 2016 bis 2020 einbezogen wurden.

Der BFH entschied mit Urteil vom 9. Mai 2025, dass der Gesetzgeber Auskünfte über die Richtsatzsammlung verweigern darf (IX R 1/24). Dem Kläger steht es damit nicht zu, einen Einblick in die der Richtsatzsammlung zugrunde liegenden Unterlagen zu erhalten. Das verstoße auch nicht gegen die Rechte des Klägers. Denn Bescheide, in denen eine Schätzung auf Grundlage der Richtsatzsammlung durchgeführt wurde, lassen sich mit Einspruch anfechten, sodass die Schätzung an sich überprüft werde. Dazu benötigen die Steuerpflichtigen die in die Richtsatzsammlung eingehenden Daten nicht.

Das bedeutet das Urteil

Das Urteil verdeutlicht, dass die Vertraulichkeit der in die Richtsatzsammlung eingehenden Daten Vorrang vor dem Informationszugang des einzelnen Steuerpflichtigen hat. „Dies ist auf der einen Seite zu begrüßen, da es sich bei den in die Richtsatzsammlung einfließenden Daten um sensible (Unternehmens-)Daten handelt, die das Finanzamt ermittelt und an ein zuständiges Gremium weitergibt“, sagt Claudia Reim. „Auf der anderen Seite wäre es zu begrüßen, wenn die der Richtsatzsammlung zugrunde liegenden Daten transparenter und damit für jedermann verständlicher wären.“

Ansprechpartner

Claudia Reim
Claudia Reim
Steuerberaterin, Diplom-Kauffrau in Demmin
Tel.: +49 3998 2712-0

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