Signing-Closing-Theorie: Bundesfinanzhof äußert sich zur Richtigkeit der doppelten Grunderwerbsteuer
Ist es richtig, dass bei einem Share Deal mit zeitlich auseinanderfallendem Signing und Closing zweimal Grunderwerbsteuer anfällt? Dies hält der Bundesfinanzhof (BFH) für rechtlich zweifelhaft.
Hintergrund: Warum beim Share Deal zweimal Grunderwerbsteuer anfallen kann
Beim Erwerb von GmbH-Anteilen (Share Deal) mit zeitlich auseinanderfallendem Signing (schuldrechtliches Erwerbsgeschäft) und Closing (Übertragung der Anteile) droht eine zweimalige Festsetzung der Grunderwerbsteuer. Denn das könnte gleichzeitig eine Anteilsvereinigung sowie einen schädlichen Gesellschafterwechsel auslösen. Der Grund: Die Anteilsvereinigung wird im Zeitpunkt des schuldrechtlichen Erwerbsgeschäfts ausgelöst, während der schädliche Gesellschafterwechsel bei der Übertragung der Anteile ausgelöst wird.
Die zentrale Frage ist nun: Ist es zulässig, dass bei zeitlich auseinanderfallenden Vorgängen zwei Grunderwerbsteuerfestsetzungen erfolgen dürfen? Insbesondere dann, wenn dem Finanzamt bekannt ist, dass der schädliche Gesellschafterwechsel im Zeitpunkt der Steuerfestsetzung für die Anteilsvereinigung bereits erfolgt ist. Hintergrund der Kritik an der doppelten Festsetzung der Grunderwerbsteuer ist der eindeutige Gesetzeswortlaut des Einleitungssatzes zur Anteilsvereinigung. Demnach trete dieser Tatbestand hinter den Tatbestand des schädlichen Gesellschafterwechsels zurück.
BFH: Gesetzestext beinhaltet keine zeitliche Konkurrenz
Der Bundesfinanzhof (BFH) betonte nun, dass der Einleitungssatz des Grunderwerbsteuergesetzes zur Anteilsvereinigung (§ 1 Abs. 3) nicht eindeutig eine zeitliche Beschränkung vornimmt; eine „zeitliche Konkurrenz“ der Tatbestände wird durch den Wortlaut nicht zwingend ausgeschlossen (Beschluss vom 9. Juli 2025, II B 13/25).
In der Literatur findet man unterschiedliche Auffassungen zur zeitlichen Rangordnung der Ergänzungstatbestände (z. B. § 1 Abs. 2b vs. § 1 Abs. 3 GrEStG) sowie zur Anwendungsvorrangregel bei auseinanderfallenden Signing/Closing-Vorgängen. Der BFH verweist darauf, dass bisher keine höchstrichterliche Klarheit besteht.
Das Ergebnis des BFH-Beschlusses: Die doppelte Festsetzung von Grunderwerbsteuer ist rechtlich zweifelhaft hinsichtlich der Frage, ob und wie oft das Finanzamt Grunderwerbsteuer festsetzen kann, wenn es bereits weiß, dass das Closing erfolgt ist.
Darauf sollten Unternehmer nun achten
Der BFH betont in seinem Beschluss die Unklarheiten bezüglich des zeitlichen Zusammenhanges von Signing und Closing sowie der Auslegung des Einleitungssatzes und der Vorrangregelung. „Für Unternehmen und Steuerberater bedeutet dies, dass bei Share-Deals weiterhin eine sorgfältige steuerliche Überprüfung erforderlich ist, um Doppelbelastungen zu vermeiden. Außerdem sind die Anzeigepflichten bei Share Deals im Grunderwerbsteuerrecht zwingend zu beachten“, betont Birgit Schneider, Steuerberaterin bei Ecovis in München-Forstenried.