TeleClinic in Bayern vor dem Aus? Sozialgericht untersagt wesentliche Teile des Geschäftsmodells für Kassenpatienten
Die TeleClinic bietet Online-Arztbesuche für gesetzlich und privat versicherte Patienten. Im Rechtsstreit zwischen der Kassenärztlichen Vereinigung Bayern und der TeleClinic hat das Sozialgericht München jetzt wesentliche Teile des Geschäftsmodells und der Vergütungsstruktur untersagt.
Mit eigener Videosprechstunde und eigener Versandapotheke will der DocMorris-Konzern ein eigenes Versorgungssystem aufbauen. Mit der TeleClinic bietet er ein Online-Arztgespräch an – ohne persönlichen Erstkontakt. Krankschreibungen und Rezepte kommen digital über die App zum Patienten.
TeleClinic ist eine Service-Plattform, die einen Zugang zu den ärztlichen Videosprechstunden bereitstellt und Patienten an Ärzte vermittelt. Die Kosten für den Online-Arztbesuch übernimmt die Krankenkasse; Privatversicherte erhalten eine Rechnung. TeleClinic wiederum erhält ein Nutzungsentgelt von den teilnehmenden Ärzten, wenn ein Gespräch mit einem Patienten stattfindet.
Wie kommt die Beratung zustande?
Die Patienten müssen sich registrieren, beantworten vorab Gesundheitsfragen und wählen ein passendes Zeitfenster für den Online-Arztbesuch. Ärzte melden sich bei TeleClinic an und führen die Online-Beratung zu den Wunschterminen durch. Die teilnehmenden Ärzte entscheiden frei, wann sie die Plattform nutzen und ob sie die Terminanfragen übernehmen. Patienten haben dagegen keinen Einfluss darauf, wer ihr Behandler ist. Die Behandlungsdokumentation und die Gesundheitsfragen der Patienten werden von TeleClinic gespeichert.
Welche Teile des Geschäftsmodells untersagt wurden
Das Sozialgericht (SG) München hat am 29. April 2025 einige Teile des Angebots für Kassenpatienten untersagt (S56 KA 325/22).
- Das SG verbietet das Führen einer eigenen Patientenakte von Dritten – auch dann, wenn der Patient seine Einwilligung hierfür gibt.
- Die Registrierungspflicht von Patienten wird untersagt. Anbieter müssen den Versicherten einen leichten Zugang zur angebotenen Leistung ermöglichen.
- Kassenpatienten haben das Recht auf eine freie Arztwahl, die hier nicht gegeben ist.
- Die Beurteilung, ob ein Patient für die Videosprechstunde geeignet sei, dürfe nur durch ärztliches Fachpersonal erfolgen. Der Arzt habe auch eine Überwachungspflicht für delegierte Leistungen. Er muss sicherstellen, dass Mitarbeiter über die erforderliche Qualifikation verfügen. Auf diese Vorgänge haben die Ärzte keinen Einfluss.
- Dienstleister dürfen keine Abrechnungsziffern speichern und kein Nutzungsentgelt von teilnehmenden Ärzten fordern. Gemäß der Berufsordnung für die Ärzte Bayerns sei es Ärzten nicht gestattet, ein Nutzungsentgelt für die Zuweisung von Patienten zu zahlen.
„Das bundesweite Angebot von TeleClinic wird nach dem Urteil in Bayern nicht angepasst. Der Rechtsstreit zwischen der Kassenärztlichen Vereinigung Bayern und der TeleClinic lief bereits seit 2022. Es ist zu erwarten, dass der jahrelange Rechtsstreit durch die Berufung weitergeht“, sagt Theresa Günther, Steuerberaterin und Fachberaterin für das Gesundheitswesen bei Ecovis in München.