Umsatzsteuer im Arztalltag: Wann der Notdienst steuerfrei bleibt
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Umsatzsteuer im Arztalltag: Wann der Notdienst steuerfrei bleibt

Wenn Ärzte im Notdienst für Kollegen einspringen und selbst Patienten behandeln, müssen sie dafür keine Umsatzsteuer zahlen. Das hat der Bundesfinanzhof in einem Urteil am 14. Mai 2025 entschieden.

Hintergrund: Wann Heilbehandlungen umsatzsteuerfrei sind

Heilbehandlungen in der Humanmedizin sind umsatzsteuerfrei, solange der jeweilige Arzt sie im Rahmen der ärztlichen Tätigkeit erbringt. Als Heilbehandlungen gelten dabei Leistungen, die der Diagnose, der Behandlung und, soweit möglich, der Heilung von Krankheiten oder Gesundheitsstörungen dienen, und somit einen therapeutischen Zweck haben.  

Der konkrete Fall: Vertretungsarzt soll Umsatzsteuer nachzahlen

Ein Hausarzt hatte sich freiwillig bereit erklärt, im ärztlichen Notdienst mitzuhelfen. Er schloss dazu eine Vereinbarung mit der zuständigen Kassenärztlichen Vereinigung. Oft übernahm er Dienste von Kollegen, die eigentlich für diese eingeteilt waren. Für die von ihm übernommenen „Sitz- und Fahrdienste“ stellte er den Kollegen Rechnungen. 

Zusätzlich führte der Arzt im Auftrag der Polizei Blutentnahmen durch, etwa bei Verdacht auf Alkohol- oder Drogenkonsum. Nach dem Ausfüllen eines einfachen Berichtsbogens bekam er das Honorar von der Landeskasse ausbezahlt. 

Das Finanzamt verlangte nun nachträglich Umsatzsteuer auf beide Einnahmearten: den übernommenen Notdiensten und den Blutentnahmen. Die Begründung lautete, dass die Vertretung im Notdienst nicht automatisch als Heilbehandlung gelte und die Blutentnahmen im Auftrag der Polizei keinen therapeutischen Zweck hätten.

Das Urteil des Bundesfinanzhofs

Der Bundesfinanzhof entschied, dass ein Arzt, der im Notdienst für einen Kollegen einspringt und die Behandlung von Patienten vertretungsweise übernimmt, diese Leistung dafür umsatzsteuerfrei abrechnen darf. 

Anders verhält es sich bei den Blutentnahmen für die Polizeibehörde. Sie dienen ausschließlich der Beweissicherung im Rahmen eines strafrechtlichen oder öffentlich-rechtlichen Verfahrens. Da sie keinen therapeutischen oder heilenden Zweck verfolgen, fällt darauf Umsatzsteuer in Höhe von 19 Prozent an (Urteil vom 14. Mai 2025, Az. XI R 24/23). 

Bedeutung für die Praxis

Das Urteil verdeutlicht, wie differenziert das Steuerrecht auf einzelne Leistungen im Gesundheitswesen angewendet wird. Während der ärztliche Notdienst vom BFH als Heilbehandlungsleistung eingestuft wurde und damit von der Umsatzsteuer befreit wird, unterliegen bestimmte Tätigkeiten, zum Beispiel Blutentnahmen für die Polizei, – der Steuerpflicht. Klarstellungen zur umsatzsteuerlichen Einordnung bestimmter Tätigkeiten können Anreize schaffen, und das insbesondere im Gesundheitswesen, das vor dem Hintergrund des Personalmangels ohnehin unter hohem Druck steht. „Der ärztliche Notdienst kämpfte zuletzt außerdem mit Problemen rund um die Scheinselbstständigkeit von Poolärzten. Umso erleichternder ist nun die Klärung der Frage, wie die Umsatzsteuer in solchen Fällen zu behandeln ist“, sagt Ecovis-Steuerberaterin Doris Oesterle in Rastatt.

Ansprechpartner

Doris Oesterle
Doris Oesterle
Steuerberaterin in Rastatt
Tel.: +49 7222-9527-0

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