Verdeckte Gewinnausschüttung: Theoretische Nutzungsmöglichkeit reicht nicht aus
Die bloße Möglichkeit als Gesellschafter einer Kapitalgesellschaft eine im Betriebsvermögen befindliche Immobilie privat zu nutzen, führt nicht automatisch zu einer verdeckten Gewinnausschüttung (vGA). Entscheidend ist, ob er die Immobilie tatsächlich privat genutzt hat. Die Details zum aktuellen Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) kennt Ecovis-Steuerberater Torsten Sonnenberg aus Halle.
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Der Fall: Wann liegt eine verdeckte Gewinnausschüttung vor?
Die Kläger, ein Ehepaar, waren Alleingesellschafter zweier spanischer Kapitalgesellschaften. Diese Kapitalgesellschaften waren Eigentümer einer Immobilie auf der spanischen Insel Mallorca. Die Immobilie diente den Eheleuten bis 2007 als Hauptwohnsitz. Dafür zahlten sie Miete an die Kapitalgesellschaften. Nach ihrem Umzug nach Deutschland stellten sie die Mietzahlungen an die Gesellschaften ein. Die Immobilie besuchten sie ab dann nach eigenen Angaben nur noch gelegentlich zur Vorbereitung von Verkaufsbesichtigungen und zur Überwachung des Zustands der Immobilie. Im Jahr 2013 verkauften die Kapitalgesellschaften die Immobilie schließlich.
Das Finanzamt und das Finanzgericht (FG) Hessen sahen in der privaten Nutzungsmöglichkeit der Immobilie eine vGA und setzten diese in Höhe der marktüblichen Miete an. Gegen diese Entscheidung legte das Ehepaar Revision ein.
Die Entscheidung des BFH: Nachweis der privaten Nutzung erforderlich
Der BFH widersprach dem FA und dem FG in seinem Urteil vom 1. Oktober 2024 (VIII R 4/21). Darin stellte er klar, dass allein die Möglichkeit, ein betriebliches Wirtschaftsgut wie eine Immobilie privat zu nutzen, nicht ausreiche, um eine vGA anzunehmen. Entscheidend sei, ob konkrete Anhaltspunkte für eine tatsächliche private Nutzung vorliegen. Eine bloß theoretische Nutzungsmöglichkeit reiche dabei nicht aus.
Der BFH hob damit das Urteil des FG auf und verwies den Fall zur weiteren Aufklärung zurück. Das FG muss nun prüfen, ob das Ehepaar die Immobilie tatsächlich privat genutzt hat – etwa durch Aufenthalte der Eheleute zu anderen Zwecken als der Abwicklung des Verkaufs.
Was bedeutet das Urteil für Gesellschafter?
„Das Urteil bringt eine wichtige Klarstellung für Gesellschafter“, erklärt Steuerberater Torsten Sonnenberg. „Die bloße Möglichkeit der privaten Nutzung eines betrieblichen Wirtschaftsgutes rechtfertigt demnach noch keine steuerliche Belastung.“ Dies ist insbesondere für Ferienimmobilien relevant, die häufig über Gesellschaften gehalten werden. Entscheidend ist, ob das Finanzamt eine tatsächliche private Nutzung konkret nachweisen kann.
Auch eine klare Trennung zwischen privater und betrieblicher Nutzung ist essentiell: „Gesellschafter sollten die Nutzung so gut wie möglich dokumentieren, zum Beispiel durch Nachweise über Marketingaktivitäten, Reiseunterlagen oder Kostenbelege. So lassen sich Missverständnisse vermeiden und mögliche Steuerforderungen abwehren“, rät der Ecovis-Experte Sonnenberg.
Das Urteil des BFH stärkt die Position der Steuerpflichtigen und schafft mehr Rechtssicherheit, indem es die Anforderungen an den Nachweis einer vGA präzisiert. Gleichzeitig macht es deutlich, wie wichtig eine saubere Dokumentation im Umgang mit Betriebsvermögen ist.