Vorläufige Steuerbescheide wegen anhängigem Verfahren: Schutz für Steuerpflichtige
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Vorläufige Steuerbescheide wegen anhängigem Verfahren: Schutz für Steuerpflichtige

Das Finanzamt darf Steuerbescheide, die aufgrund eines anhängigen Verfahrens vorläufig sind, nicht einfach zu Lasten von Steuerpflichtigen ändern – auch wenn ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) eine Gesetzeslage bestätigt. Der Bundesfinanzhof (BFH) entschied, dass im Fall eines Vorläufigkeitsvermerks aufgrund eines anhängigen Verfahrens Änderungen grundsätzlich nur zulässig sind, wenn das BVerfG ein bestimmtes Steuergesetz für nicht verfassungsgemäß hält. Das Urteil erklärt Ecovis-Steuerberaterin Stefanie Striegan in Regensburg.

Vorläufige Bescheide: Was erlaubt ist und was nicht

Grundsätzlich gilt: Wenn das Finanzamt eine Steuer zunächst nur vorläufig festsetzt, z.B. aufgrund von Liebhaberei Verdacht, kann es diese Festsetzung später aufheben oder ändern. Davon abzugrenzen ist der vorliegende Vorläufigkeitsvermerk aufgrund eines Verfahrens, das beim Bundesverfassungsgericht anhängig ist.

Der Fall: Ausbildungskosten im Fokus

Die Klägerin absolvierte eine dreimonatige Ausbildung zur Rettungssanitäterin und machte die Kosten hierfür als Werbungskosten für eine Zweitausbildung geltend. Das Finanzamt erkannte die Ausbildungskosten zunächst (fälschlicherweise) an, setzte die Steuerbescheide jedoch mit einem Vorläufigkeitsvermerk fest. Das Problem: Das Finanzamt hätte den Bescheid so festsetzen müssen, dass es der aktuellen Rechtslage entspricht. Das heißt die Kosten wären lediglich als Sonderausgaben absetzbar. Tatsächlich hat das Finanzamt aber die Kosten als Werbungskosten anerkannt.

Das BVerfG bestätigte in einem Urteil aus 2019, dass die bestehende Rechtslage mit der Verfassung vereinbar ist. Das bedeutet, dass Kosten für die Erstausbildung (mindestens 12 Monate) als Sonderausgaben in demselben Jahr abziehbar sind, wohingegen Kosten der Zweitausbildung als Werbungskosten geltend gemacht werden können. Der Vorteil hierbei ist, dass dabei auch bei vorhandenen Verlusten auch in die Folgejahre vortragsfähig sind. Die Sonderausgaben sind allein mit ihrem Ansatz im laufenden Jahr verbraucht.

In diesem Fall hätte das Finanzamt mit Bearbeitung der Erklärung erkennen müssen, dass die dreimonatige Ausbildung zur Rettungssanitäterin nicht den erforderlichen Mindestumfang von zwölf Monaten erfülle und somit nicht als Erstausbildung anzuerkennen sei. Striegan erklärt: “Das Finanzamt muss den Steuerbescheid auf aktueller Grundlage prüfen und festsetzen. Wird wie im Urteilsfall nicht richtig geprüft und gewürdigt, so kann das Finanzamt nicht willkürlich anschließend wieder zuungunsten ändern.“

BFH stellt klar: Kein Änderungsrecht zulasten des Steuerpflichtigen

Der BFH entschied eindeutig: Das Finanzamt durfte die Steuerbescheide nicht nachträglich ändern und die Kosten als Sonderausgaben umqualifizieren. Dieses Urteil zeigt: „Vorläufigkeitsvermerke sind kein Freibrief für nachträgliche Änderungen zu Ungunsten des Steuerzahlers. Bei einer Bestätigung besteht kein Korrekturbedarf – eine Änderung der Steuerfestsetzung ist ausgeschlossen”, sagt Steuerberaterin Striegan.

Ansprechpartner

Stefanie Striegan
Stefanie Striegan
Steuerberaterin in Regensburg
Tel.: +49 941-799 69 0

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