Wegzugsteuer bei Umzügen in die Schweiz: Bundesministerium für Finanzen gibt Änderungen bekannt
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Wegzugsteuer bei Umzügen in die Schweiz: Bundesministerium für Finanzen gibt Änderungen bekannt

Gerade Personen, die Anteile an Kapitalgesellschaften im Privatvermögen halten und ihren Wohnsitz ins Ausland verlegen, sollten die Regelungen zur Wegzugsteuer beachten. Hinsichtlich der Schweiz hatten sich hier kürzlich Änderungen ergeben. Die wichtigsten Änderungen erklärt André Bentz, Steuerberater bei Ecovis in Hamburg. 

Hintergrund

Das Bundesministerium der Finanzen (BMF) hat seine Verwaltungsauffassung zur steuerlichen Behandlung von Wegzügen in die Schweiz an die jüngere Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) und des Bundesfinanzhofs (BFH) angepasst. Im BMF-Schreiben vom 2. Juni 2025 ist die Regelung für „Altfälle” vor Januar 2022 nun konkretisiert.  

Wegzugsteuer: Vorsicht bei der Auswanderung

Die Wegzugsteuer greift, wenn eine natürliche Person im Privatvermögen mindestens ein Prozent der Anteile an einer in- oder ausländischen Kapitalgesellschaft, z.B. einer GmbH oder Limited, hält und ins Ausland zieht. Erfüllt ein Steuerpflichtiger diese Voraussetzung, gilt der Anteil als fiktiv verkauft. Der dadurch entstehende Verkaufsgewinn ist in Deutschland zu versteuern. „Damit will der Gesetzgeber verhindern, dass Unternehmen in Deutschland entstandene Wertsteigerungen steuerfrei ins Ausland verlagert werden“, erklärt Steuerberater André Bentz. Die Wegzugbesteuerung war in den vergangenen Jahren immer wieder Gegenstand umfassender Reformen, zumeist mit Blick auf die Vereinbarkeit mit EU-Recht. 

Was die Gerichte entschieden haben

In seinem Urteil vom. 6. September 2023 stellte der BFH fest, dass die frühere Regelung zur Wegzugsteuer – insbesondere vor Inkrafttreten des ATAD-Umsetzungsgesetzes – gegen die Niederlassungsfreiheit des Freizügigkeitsabkommens der EU mit der Schweiz verstieß (I R 35/20). Der BFH bezog sich dabei auf das EuGH-Urteil „Wächtler” (Urteil vom 26. Februar 2019, Rs. C-581/17). Konkret: Für EU-Bürger sah das Gesetz eine zinslose und unbefristete Stundung der Wegzugsteuer auf Antrag vor. Wegzüglern in Drittstaaten wie der Schweiz war diese Möglichkeit jedoch verwehrt. Die Gerichte urteilten, dass dies eine diskriminierende Ungleichbehandlung darstellt – und damit europarechtswidrig war. 

Wie das BMF die Rechtsprechung umsetzt

Das neue BMF-Schreiben vom 2. Juni 2025 regelt nun, wie Wegzüge in die Schweiz steuerlich zu behandeln sind – rückwirkend für Altfälle mit Wegzugsdatum vor dem 1. Januar2022:  

  • Auf Antrag des Steuerpflichtigen kann die Wegzugsteuer unbefristet und zinslos gestundet werden – gegen Sicherheitsleistung. Das bedeutet, der Steuerpflichtige muss die Steuer nicht sofort bezahlen, sondern kann sie aufschieben, solange alle weiteren Voraussetzungen erfüllt sind.  
  • Die Stundung gilt auch rückwirkend: Wenn die Steuer bereits gezahlt wurde, ist ggf. eine Erstattung möglich. 

Das BMF nimmt zu Neufällen, also Wegzügen nach dem 1. Januar 2022, keine Stellung – hier bleibt es bei der geltenden und strengeren Gesetzeslage:  

  • Die Wegzugsteuer ist grundsätzlich sofort fällig.  
  • Eine Ratenzahlung über sieben Jahre ist möglich, jedoch – meist nur gegen Sicherheitsleistung.  
  • Die bisherige Option der unbefristeten, zinslosen Stundung entfällt.  
  • Wichtig: Sowohl bei der alten als auch bei der neuen Regelung gelten umfangreiche Mitteilungspflichten zur Beteiligung. Auch nach dem Wegzug bestehen somit weiterhin steuerliche Verpflichtungen in Deutschland.  

Handlungsempfehlungen und rechtlicher Ausblick

Das neue BMF-Schreiben schafft für Wegzüge vor dem 1. Januar 2022 mehr Rechtssicherheit: Die zinslose und unbefristete Stundung muss unter bestimmten Bedingungen gewährt werden. Betroffene können sich nun explizit darauf berufen.  

Für Wegzüge ab 2022 bleiben allerdings Fragen offen, insbesondere zur vereinfachten Ratenzahlung. Die Grundsatzentscheidungen von EuGH und BFH lassen erkennen, dass auch diese Regelung unionsrechtlich angreifbar sein könnte. „In solchen Fällen kann sich der Weg in ein Einspruchsverfahren lohnen, bei dem wir unsere Mandanten gern unterstützen“, sagt Bentz. „Klar ist: Der Gesetzgeber ist gefordert, die Wegzugbesteuerung rechtskonform und praxisgerecht weiterzuentwickeln – unter Berücksichtigung der aktuellen Rechtsprechung.” 

Ansprechpartner

André Bentz
André Bentz
Steuerberater in Bremen, Rostock
Tel.: +49 151 226 49 141

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