Umsatzsteuerliche Behandlung von Verteidigerkosten in Steuer- und Wirtschaftsstrafsachen
Mit Urteil vom 11.04.2013 (V R 29/10) hat sich der Bundesfinanzhof zum Vorsteuerabzug unternehmerisch veranlasster Strafverteidigerkosten positioniert. In seiner Entscheidung ging es um die Kosten für die Strafverteidigung von natürlichen Personen als Geschäftsführer eines Unternehmens in der Rechtsform einer GmbH.
Bereits die Leitsätze der Entscheidung verdeutlichen deren praktische Relevanz:
- „Der für den Vorsteuerabzug direkte und unmittelbare Zusammenhang zwischen der Eingangsleistung und der Tätigkeit des Steuerpflichtigen bestimmt sich nach dem objektiven Inhalt der von ihm bezogenen Leistungen.
- Anwaltsdienstleistungen, deren Zweck darin besteht, strafrechtliche Sanktionen gegen natürliche Personen zu vermeiden, die Geschäftsführer eines steuerpflichtigen Unternehmens sind, eröffnen keinen Anspruch auf Vorsteuerabzug.“
Entgegen der bisher üblichen Praxis ist nach dem Judikat des BFH also in solchen Fällen, in denen ein Unternehmen die Strafverteidigungskosten für seine Organträger im Zusammenhang mit gegen diese gerichteten Vorwürfe der Verwirklichung von unternehmensbezogenen Straftaten übernimmt, der Vorsteuerabzug aus den Strafverteidiger-Honorarrechnungen zu versagen.
Die BFH-Entscheidung geht dabei mit einer dieser bereits vorausgegangenen Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs in einer anderen Rechtssache konform. So entschied der EuGH mit Urteil vom 21.02.2013, dass ein bloßer Kausalzusammenhang zwischen der wirtschaftlichen Tätigkeit einer GmbH und dem Entstehen von Kosten der Strafverteidigung ihrer Geschäftsführung ein Vorsteuerabzugsrecht der GmbH selbst nicht begründen könne (EuGH – 1. Kammer, C-104/12: Finanzamt Köln-Nord ./. Becker, Wolfram).
Der BFH führt in der Begründung zu dem von ihm zu beurteilenden Fall konkretisierend aus, dass nicht entscheidend sei, ob die mutmaßliche Straftat im Interesse des Unternehmens begangen wurde. Maßgeblich sei vielmehr, dass es das unmittelbare Ziel der abgerechneten Anwaltsleistungen gewesen war, einer Sanktionierung der natürlichen Person als verteidigtem Mandanten entgegenzuwirken.
Praktische Auswirkungen haben die Grundsätze des BFH dabei wohl nicht nur etwa betreffend die Geschäftsführung von Gesellschaften mit beschränkter Haftung, sondern dürften in gleichem Maße auch für unternehmensbezogene Straftaten von Arbeitnehmern gelten, sofern die Strafverteidigungskosten von ihrem Arbeitgeber getragen werden, wie dies bei leitenden Angestellten häufig anzutreffen ist.
Bei aller Verschärfung durch das hier in Bezug genommene Judikat ist jedoch wichtig, dass dieses sich allein auf die Umsatzsteuer bezieht. Die ertragsteuerliche Frage, ob Strafverteidigungskosten Betriebsausgaben sind, wird freilich nicht verneint. Mithin dürfte weiterhin gelten, dass Strafverteidigerhonorare dann als Betriebsausgaben abziehbar sind, wenn der strafrechtliche Vorwurf durch das berufliche Verhalten des jeweiligen Betroffenen veranlasst ist. Insoweit dürfte der sich aus den Verteidigerrechnungen ergebende Bruttobetrag der vollen Abzugsfähigkeit als Betriebsausgaben auf Seiten des Unternehmens unterliegen.
Wie aber verhält es sich umsatzsteuerrechtlich, wenn die Verteidigung sich nicht gegen strafrechtliche Vorwürfe richtet, sondern im Zusammenhang mit Ordnungswidrigkeiten verteidigt wurde? Ein in diesem Zusammenhang insbesondere bei dienstlich veranlassten Fahrten wohl häufiger Fall ist das anwaltliche Vorgehen beispielsweise gegen Straßenverkehrs-Bußgeldbescheide, die sich gegen Außendienstmitarbeiter oder den Geschäftsführer einer GmbH richten. Eine letztgültige Beantwortung dieser Frage steht aus. Die vom BFH aufgestellten Grundsätze dürften aber in entsprechender Weise gelten.