Berliner Testament und Erbschaftsteuer: Was die Jastrowsche Klausel bedeutet
Das Berliner Testament ist eine gängige Form des gemeinschaftlichen Testaments zwischen Ehegatten. Oft integrieren Ehegatten dabei eine Strafklausel. Wie das Vermächtnis dabei zu versteuern ist, das war bislang nicht eindeutig. Mit einem Urteil sorgt der Bundesfinanzhof nun für mehr Klarheit. Die Details kennt Ecovis-Rechtsanwalt und – Steuerberater Florian Regenfelder.
In einem Berliner Testament setzen sich Ehegatten gegenseitig als Alleinerben des Erstversterbenden ein. Erst nach dem Tod des zuletzt Verstorbenen fällt der Nachlass an einen Dritten, zum Beispiel an die gemeinsamen Kinder. Trotzdem können die Kinder schon im ersten Erbfall einen Pflichtteilsanspruch geltend machen.
Die Jastrowsche Klausel ist eine Ergänzung der Pflichtteilstrafklausel des gemeinschaftlichen Testaments, mit dem die Partner die Zahlung der Pflichtteilsansprüche vermeiden können. In diesem Fall wird das Kind, das trotzdem seinen Pflichtteil bereits nach dem ersten Erbfall geltend macht, beim Tod des länger lebenden Partners von der Erbfolge ausgeschlossen. So erhalten im Fall des zweiten Erbfalls nur diejenigen Erben ein „betagtes Geldvermächtnis“ in Höhe ihres gesetzlichen Erbteils aus dem Nachlass des Erstverstorbenen, die ihren Pflichtteil zuvor nicht geltend gemacht haben. Dabei reduziert sich der Pflichtteilsanspruch der enterbten Erben.
Beispiel: Die Jastrowsche Klausel im Berliner Testament
Ein Ehepaar setzte zu Lebzeiten ein gemeinschaftliches Testament, ein Berliner Testament, auf. Verstirbt etwa der Ehemann, ist die Ehefrau laut Testament die Alleinerbin.
Der Ehemann hatte zum Todeszeitpunkt ein Vermögen von zwei Millionen Euro. Beide Kinder erhalten ein Vermächtnis von jeweils 400.000 Euro, sollten sie nach dem Tod des Vaters keinen Pflichtteil geltend machen. Auf diesen Anteil des Vermächtnisses erhalten die Kinder jedoch erst im Zeitpunkt des Todes der Mutter Zugriff.
Hintergrund der Jastrowschen Klausel
Eine anzuerkennende Jastrowsche Klausel kann erbende Kinder Steuervorteilen bringen. Dazu gehören Steuerfreibeträge oder günstigere Steuersätze.
Der Fall vor dem Bundesfinanzhof
Der Bundesfinanzhof (BFH) beschäftigte sich kürzlich mit einem Fall, bei dem es um die steuerliche Behandlung eines Berliner Testaments mit Jastrowscher Klausel ging (Urteil vom 11. Oktober 2023, II R 34/20). Dabei prüfte er, wie der Nachlass nach dem Tod des Vaters und später der Mutter steuerlich zu behandeln ist. Der BFH entschied, dass der überlebende Ehegatte als Alleinerbe des erstversterbenden Ehegatten die Vermächtnisverbindlichkeit nicht als Nachlassverbindlichkeit in Abzug bringen kann. Als Grund dafür nannte der BFH, dass das Vermächtnis zu dem Zeitpunkt noch nicht fällig sei. Zudem müsse das Kind den Erwerb des Vermächtnisses beim Tod des zweiten Ehegatten als von letzteren stammend versteuern. Ist das Kind zugleich Erbe des zuletzt verstorbenen Ehegatten, kann es das Vermächtnis als Nachlassverbindlichkeit in Abzug bringen.
Im vorliegenden Beispiel bedeutet dies, dass die Mutter zwei Millionen Euro versteuern muss. Das Vermächtnis von 400.000 Euro pro Kind ist nicht zu berücksichtigen.
Nach dem Tod der Mutter erhalten die Kinder zwei Erbschaften: einmal das Vermächtnis in Höhe von 400.000 Euro sowie das restliche Erbe abzüglich des Vermächtnisses.
Was sollten Ehegatten beim Erstellen des Testaments beachten?
„Im Ergebnis des verhandelten Falles vor dem BFH können die Erben den Freibetrag nach dem Tod des Vaters nicht ausnutzen. Für die Betroffenen ist das eine massive finanzielle Belastung“, erklärt Ecovis-Rechtsanwalt und -Steuerberater Florian Regenfelder in Forstenried. Auch wenn es häufig nicht der Wunsch der Beteiligten ist, wäre es sinnvoll, die testamentarische Gestaltung anzupassen, sodass das Vermächtnis früher fällig wird. Der überlebende Ehegatte muss dann zwar in Kauf nehmen, dass Liquidität abfließt. „Damit das planbar ist, könnten die Partner zum Beispiel im gemeinsamen Testament vermerken, dass das Vermächtnis ,in den nächsten drei bis fünf Jahren‘ zu zahlen ist“, weiß der Ecovis-Experte.