Erbschaftsteuer – keine Nachlassverbindlichkeit
Mit Urteil vom 01.08.2014 hat das LG Heidelberg entschieden, dass die einen Erben, Vermächtnisnehmer oder Pflichtteilsberechtigten treffende Erbschaftsteuerschuld nicht als Nachlassverbindlichkeit im Sinne von § 1967 Abs. 2 BGB einzuordnen ist.
Der Ausgangspunkt der Entscheidung des Landgerichts Heidelberg war dabei wie folgt.
Die Erblasserin hatte zunächst durch Ehegattentestament sich und ihren Ehemann gegenseitig als Alleinerben eingesetzt, die Mutter des Klägers zur Schlusserbin bestimmt und verschiedene Geldvermächtnisse angeordnet. Aufgrund eines Abänderungsvorbehaltes konnte die Erblasserin nach dem Tod ihres Ehemannes anderweitig testieren und die Erbeinsetzung der Mutter des Klägers aufheben. Sie setzte nunmehr den Kläger als ihren Alleinerben ein. Die Vermächtnisanordnung änderte sie wie folgt:
Die Geldvermächtnisse zu Gunsten … werden in der Weise geändert, dass den Vermächtnisnehmern nicht ein heute zu bestimmender Geldbetrag zufällt, sondern das gesamte bei meinem Ableben vorhandene Geldvermögen (Bargeld, Guthaben auf Spar- und Girokonten sowie Wertpapiere), nachdem aus diesem Geldvermögen die vorhandenen Nachlassverbindlichkeiten und Erbfallschulden einschließlich Kosten für Beerdigung und Grab beglichen worden sind, höchstens aber der Betrag von insgesamt 75.00,00 EUR, und zwar zu 30 % …, zu 30 % … und zu 40 % … . Es erhalten also die Vermächtnisnehmer das um die Nachlassverbindlichkeiten und Erbfallschulden geminderte Geldvermögen zu den genannten Prozentsätzen maximal aber 75.000,00 EUR.
Über das Vermögen des späteren Alleinerben wurde das Insolvenzverfahren eröffnet.
Nach dem Tod der Erblasserin beglich einer der Vermächtnisnehmer die Schulden der Erblasserin und Nachlassverbindlichkeiten. Außerdem überwies er mittels einer über den Tod der Erblasserin hinaus geltenden Kontovollmacht an sich und die beiden weiteren Vermächtnisnehmer den nach seiner Ansicht zutreffenden vermächtnisweise zugewandten Geldbetrag. Gegen den Kläger wurde später Erbschaftsteuer festgesetzt. Im weiterem Verlauf forderte der Insolvenzverwalter des Klägers die Vermächtnisnehmer zur Rücküberweisung der ausgezahlten Vermächtnisse auf, da die Erbschaftsteuer bei den Nachlassverbindlichkeiten zu berücksichtigen sei und damit die testamentarischen Voraussetzungen für die Auszahlung der Vermächtnisse nicht vorgelegen hätten. Der Kläger ist der Ansicht, dass unter Erbfallschulden auch die durch den Erbfall entstandenen Erbschaftsteuern fallen.
Das Landgericht Heidelberg hat die Klage abgewiesen. Die Erbschaftsteuer des Klägers war nicht als Erbfallschuld von dem im Zeitpunkt des Todes vorhandenen Geldvermögen der Erblasserin abzuziehen, bevor die Höhe der Vermächtnisse berechnet wurde.
Zwar hat der Bundesfinanzhof seine Rechtsansicht dahingehend geäußert, dass es sich bei der Erbschaftsteuer um eine Erbfallschuld handele. Dieser Auffassung sind Teile der Literatur und der Zivilrechtsprechung gefolgt. Allerdings schließt sich das Landgericht Heidelberg der gegenteiligen Auffassung des OLG Hamm, OLG Frankfurt und OLG Koblenz an. Erbschaftsschulden im Sinne des § 1967 Abs. 2 BGB sind die dem Erben als solchen treffenden Schulden, die aus dem Anlass des Erbfalls entstehen. Die Erbschaftsteuerschuld trifft zwar den Erben in seiner Eigenschaft als Erbe, jedoch nicht in notwendiger Weise nur in seiner Person. Die Entstehung der Steuerschuld knüpft vielmehr an jeden einzelnen Erwerb von Todes wegen an und kann daher auch in der Person von Vermächtnisnehmern oder Pflichtteilsberechtigten anfallen. Für die Erfüllung dieser Steuerschuld haftet der Erbe nicht. Daraus folgt, dass die Erbschaftsteuerschuld nicht in der Abwicklung der Gesamtrechtsnachfolge nach § 1922 Abs. 1 BGB angelegt ist, der Nachlass also nicht mit der Erbschaftsteuerschuld belastet ist, wie mit den anderen in § 1967 Abs. 2 BGB genannten Verpflichtungen. Hinzu kommt, dass die Höhe der Erbschaftsteuer nach dem Erbschaftsteuergesetz vom Grad der Verwandtschaft abhängt, der individuell und erst nach der endgültigen Feststellung der Erben bestimmt werden kann. Etwas anders kann nur gelten, wenn der Erblasser eine Berücksichtigung der Erbschaftsteuer testamentarisch vorgesehen hat.
Fazit: Ob die Erbschaftsteuerschuld eine Nachlassverbindlichkeit darstellt, spielt in vielen Erbfällen eine Rolle. Das Landgericht Heidelberg verneint dies. Eine Entscheidung des BGH zu dieser Frage liegt bisher nicht vor. Deshalb kann es im Rahmen einer gerichtlichen Auseinandersetzung immer wieder zu gegenteiligen Entscheidungen kommen.
Sollte ein Erblasser wünschen, dass die Erbschaftsteuer als Nachlassverbindlichkeit berücksichtigt werden kann, muss er dies in seinem Testament ausdrücklich festlegen. Gerne beraten wir Sie hierzu sowie zu weiteren Fragen im Rahmen der Testamentsgestaltung.