Vorsicht bei der Objektüberwachung
Vorsicht bei der Objektüberwachung: Auch bei handwerklichen Selbstverständlichkeiten schuldet der Bauüberwacher eine Einweisung, die Entnahme von Stichproben und eine Endkontrolle
Die Pflichten des mit der Leistungsphase 8 beauftragten Architekten erstrecken sich grundsätzlich auch auf handwerkliche Selbstverständlichkeiten. Umfang und Intensität der gebotenen Überwachungstätigkeit hängen dabei wiederum von den konkreten Anforderungen der Baumaßnahme und den jeweiligen Umständen ab.
KG, Urteil vom 16.12.2015 – 21 U 81/14 (Nichtzulassungsbeschwerde mit Beschluss des BGH vom 31.07.2018 – VII ZR 24/16 zurückgewiesen)
Sachverhalt:
Das Kammergericht Berlin hatte sich vorliegend u. a. mit der Frage zu beschäftigen, welche Leistungen der Bauüberwacher im Zusammenhang mit solchen Arbeiten schuldet, die handwerkliche Selbstverständlichkeiten darstellen.
Konkret ging es dabei darum, welche Leistungen der vorliegend mit der Erbringung der Leistungsphasen 1 – 9 beauftragte Architekt bei der Montage von Magnetventilen erbringen musste.
Zu diesen Magnetventilen sah die Leistungsbeschreibung im Generalplanervertrag vor, dass sie u. a. mit einer Absperrfunktion ausgestattet zu sein hatten. Die letztlich verbauten Magnetventile hatten jedoch keine solche Absperrfunktion. Aus diesem Grund nahm der Generalplaner des Objekts den bauüberwachenden Architekten wegen eines Überwachungsfehlers auf Schadensersatz in Anspruch.
Der Bauüberwacher stellte sich demgegenüber auf den Standpunkt, dass vorliegend kein Überwachungsfehler und damit auch keine Pflichtverletzung vorliege. Denn bei der Montage der Magnetventile habe es sich um handwerkliche Selbstverständlichkeiten gehandelt. Er habe die fehlerhafte Ausführung der Ventile insbesondere nicht erkennen müssen, da es nicht zu den Aufgaben der Bauüberwachung gehöre, Datenblätter eingebauter Ventile zu überprüfen.
Das erstinstanzliche Landgericht Berlin wies die Klage zunächst ab. Hiergegen wandte sich der Generalplaner mit der Berufung zum KG.
Entscheidung:
Mit Erfolg! Das Kammergericht änderte das erstinstanzliche Urteil des Landgerichts Berlin teilweise und verurteilte den Bauüberwacher wegen dessen schuldhafter und schadensursächlicher Verletzung des Generalplanervertrags zur Zahlung von Schadensersatz in Höhe von rund 260.000,00 EUR.
Hierzu führt es zunächst aus, dass derjenige, der vertraglich die Bauaufsicht übernimmt, schon während der Bauausführung dafür zu sorgen hat, dass der Bau plangerecht und frei von Mängeln errichtet wird. Dazu gehöre es, auf die Übereinstimmung der Ausführung des Objekts mit der Leistungsbeschreibung zu achten. Hierzu habe der Bauüberwacher die von den bauausführenden Unternehmen zu erbringenden Arbeiten in angemessener und zumutbarer Weise zu überwachen. Umfang und Intensität der gebotenen Überwachungstätigkeit würden dabei von den konkreten Anforderungen der Baumaßnahme und von jeweiligen Umständen des Einzelfalls abhängen.
Darüber hinaus stellt das Kammergericht klar, dass der Bauüberwacher auch bei handwerklichen Selbstverständlichkeiten eine Einweisung, die Entnahme von Stichproben und eine Endkontrolle schuldet. Die Intensität der Überwachungspflicht würden darüber hinaus steigen, wenn es um schwierige Arbeiten von großer Bedeutung geht und wenn die ausführenden Handwerker schwach sind oder im Verlauf der Bauausführung Anhaltspunkte für deren Ungeeignetheit zutage treten.
Handwerkliche Selbstverständlichkeit haben nach dem Kammergericht vorliegend aber schon deswegen nicht mehr vorgelegen, weil es im Zusammenhang mit den Magnetventile mit Absperrungsfunktion um komplexe technische Zusammenhänge gehe und dem bauausführenden Unternehmer mit der Funktionalausschreibung aufgegeben war, die Inbetriebnahme der Ventile gemeinsam mit der Elektrofirma durchzuführen.
Der BGH hat die Nichtzulassungsbeschwerde mit Beschluss vom 31.07.2018 (Az.: VII ZR 24/16) zurückgewiesen.
Praxishinweis:
Die vorstehend geschilderte Entscheidung des Kammergerichts zeigt zweierlei:
Zum einen macht sie deutlich, dass einzelne Bauleistungen nicht vorschnell als handwerkliche Selbstverständlichkeiten mit verminderten Leistungspflichten des Bauüberwachers abgestempelt werden dürfen.
Zum anderen macht sie aber auch deutlich, dass handwerkliche Selbstverständlichkeiten nicht bedeuten, dass der bauüberwachende Architekt die jeweiligen Arbeiten gänzlich unbeachtet lassen darf. Vielmehr hat er während der Bauausführung jedenfalls Stichproben zu nehmen und eine Endkontrolle durchzuführen. Unterlässt er das schuldhaft und kommt es hierdurch zu einem Baumangel, haftet er dem Auftraggeber auf Schadensersatz wegen einer Pflichtverletzung aus dem Architektenvertrag. Denn der mit der Leistungsphase 8 beauftragte Architekt hat neben der Überwachung der Qualität der Bauausführung als solcher stets auch deren Übereinstimmung mit der Planung und der Baugenehmigung sicherzustellen und den Besteller im Falle von Abweichungen hierüber zu informieren.
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