Probesterben: Verträge exakt gestalten und aktualisieren
Die Erbfolge ist geklärt und die steuerlichen Aspekte sind berücksichtigt. Was fehlt, sind die richtigen Verträge. Was gibt es zu beachten und was hat es mit dem Nießbrauch auf sich? Wir erklären es.
In den ersten drei Teilen der Serie haben wir geklärt: Wie stelle ich sicher, dass nur erbt, wer erben soll? Was ist bei der Vermögensbewertung zu beachten? Wie lässt sich die gesetzliche Erbfolge so optimieren, dass weniger Steuern anfallen? Haben Unternehmen den Fall der Fälle einmal durchgerechnet und sind die Ergebnisse bekannt, ist jetzt alles in juristisch einwandfreie Verträge zu gießen.
Alle Optionen bedenken
„Ganz wichtig ist es, bei der Vertragsgestaltung alle Möglichkeiten mitzudenken“, sagt Katharina Comanns, Rechtsanwältin bei Ecovis in Regensburg. Denn schließlich bleiben immer Unwägbarkeiten: Was, wenn ich früher als erwartet sterbe? Oder im Alter höhere Kosten habe? Was, wenn sich die Kinder doch anders entscheiden? „Die Verträge sollten all diese Eventualitäten und bei Bedarf entsprechende Änderungsvorbehalte oder Rückforderungsklauseln vorsehen“, erklärt Comanns.
Vielen Mandanten ist ganz besonders das Thema Altersvorsorge wichtig, weiß Ecovis-Steuerberater Rainer Lüschen in Vechta: „Dieser Aspekt treibt viele Unternehmer um, vor allem wenn sie, um Steuern zu sparen, vorab Unternehmensanteile oder Immobilien an ihre Kinder übertragen.“ Entsprechend häufig werden bei vorausbezahlten Schenkungen zu Lebzeiten auch Nießbrauchrechte vereinbart. „Den Schenkenden gibt das Sicherheit im Alter, etwa durch laufende Mieteinnahmen oder durch eine mietfreie Nutzung der Immobilie“, erklärt Lüschen. Was viele Unternehmer dabei aber außer Acht lassen, sind die Auswirkungen auf die Pflichtteilsergänzungsansprüche (siehe Beispiel unten).
Wer also Pflichtteilsergänzungsansprüche (siehe Glossar Seite 8) vermeiden möchte, der sollte lieber von Beginn an oder später auf Nießbrauchrechte verzichten – oder zumindest die Konsequenzen für seine Kinder bei der Aufteilung des Erbes mitbedenken. Auch ein Pflichtteilsverzicht kann helfen.
Das Beispiel unten zeigt auch, wie wichtig es ist, Verträge noch einmal anpassen zu können. Denn gibt es beispielsweise einen Erbvertrag oder ein gemeinschaftliches Ehegattentestament zweier Eheleute, so ist dieser Vertrag oder das Testament grundsätzlich auch nur mit gegenseitigem Einverständnis veränderbar. Stirbt aber der Partner, so ist der Hinterbliebene an die dort getroffenen Regelungen gebunden. Anders sieht es aus bei einem Einzeltestament – hier kann der Erblasser jederzeit etwas ändern. „Eine gewisse Flexibilität sollte ich mir in der Regel erhalten“, rät Ecovis-Rechtsanwältin Comanns und ergänzt: „Unsere Erfahrung zeigt: Kaum eine Binsenweisheit ist so richtig wie: Es kommt immer anders, als man denkt.“
Kleines „Probesterben“-Glossar, Teil 4
Von A wie Alleinerbe bis Z wie Zugewinnausgleich – wir erklären in jedem Teil unserer Serie Begriffe, die für Unternehmen relevant sind.
- Änderungsvorbehalt: Während man ein Einzeltestament widerrufen kann, ist das beim Erbvertrag oder gemeinschaftlichen Ehegattentestament nicht so einfach möglich. Umso wichtiger ist ein Rücktrittsvorbehalt oder Änderungsvorbehalt, mit dem ein Unternehmer sich das Recht zu nachträglichen inhaltlichen Änderungen sichert.
- Erbvertrag: Genau wie das Testament ist der Erbvertrag eine letztwillige Verfügung und damit im deutschen Recht die zweite Möglichkeit, das Erbe anders zu regeln, als es die gesetzliche Erbfolge vorsieht. Nießbrauch: Mit Nießbrauch wird das Recht bezeichnet, eine fremde Sache oder ein fremdes Vermögen zu nutzen. Das Nießbrauchrecht lässt sich weder verkaufen noch vererben.
- Pflichtteilsergänzungsanspruch: Verschenkt ein Unternehmer ein Teil seines Erbes vorab, können pflichtteilsberechtigte Personen Ausgleichszahlungen verlangen. Sie können zusätzlich zu ihrem Pflichtteil den Betrag einfordern, um den sich ihr Pflichtteil erhöht, wenn der Wert des verschenkten Gegenstands dem realen Nachlass fiktiv hinzugerechnet wird.