Bauvertrag: Wie Unternehmer mit einem potenziellen Widerrufsrecht umgehen sollten
Viele Bauunternehmen schließen mit Verbrauchern per Post oder via E-Mail Verträge ab. Nicht immer haben die Auftraggeber ein Widerrufsrecht, wie eine aktuelle Entscheidung des Oberlandesgerichts Naumburg zeigt.
Der Fall
Ein privater Bauherr baute ein neues Einfamilienhaus. Er bevollmächtige einen Architekten, ein Leistungsverzeichnis bei einem Baubetrieb einzuholen. Es ging um Fenster-, Metallbau- und Verglasungsarbeiten. Nach einigen Telefonaten einigten sich der Häuslebauer, der Architekt und der Unternehmer persönlich in den Geschäftsräumen der Baufirma über die Details des Auftrags. Der Unternehmer unterschrieb den Bauvertrag und schickte ihn dem Architekten. Dieser leitete das Schriftstück zur Unterschrift an den Bauherren weiter. Nach Gegenzeichnung ging der Bauvertrag per Post wieder zurück an den Bauunternehmer. Die Firma führte die Leistungen aus. Der Verbraucher widerrief danach aber den Vertrag. Seine schon geleisteten Abschlagszahlungen forderte er zurück.
Der Unternehmer klagte vor dem Landgericht Halle. Der Widerruf sei unwirksam. Er verlangte seinen noch offenen restlichen Werklohn. Mit Urteil vom 04.03.2021 verurteilte das Landgericht Halle erstinstanzlich den Unternehmer zur Rückzahlung des gesamten schon überwiesenen Werklohns.
So entschied das Oberlandesgericht
Das Verfahren endete vor dem Oberlandesgericht Naumburg. Die Richter hoben das Urteil des Landgerichts Halle auf (OLG Naumburg, Urteil vom 07.10.2021, Az.: 2 U 33/21). Begründung: Da sich die Parteien während der Vertragsverhandlungen persönlich beim Bauunternehmer trafen, handelte es sich nicht um einen ausschließlich via Fernkommunikationsmitteln geschlossen Werkvertrag mit Widerrufsrecht im Sinne des Paragrafen 355 Abs.1 BGB. „Der Widerruf lief somit ins Leere. Dem Unternehmer stand daher der Werklohn zu“, sagt Stefan Reichert, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht bei Ecovis in München.
Bedeutung für die Praxis
„Unternehmen sollten sich über die gesetzlichen Widerrufsrechte und deren Folgen ausführlich vor Vertragsabschluss informieren“, empfiehlt Reichert. Private Bauherren müssen beispielsweise zwingend über das ihnen eingeräumte Widerrufsrecht aufgeklärt werden. Vergessen sie dies, kann der Besteller bis zu einem Jahr den Vertrag widerrufen und bereits gezahlten Werklohn zurückfordern. Dazu liegt ein weiteres neues Urteil des Oberlandesgerichts Celle vor (Urteil vom 12.01.2022 – Az: 14 U 111/21) Unternehmer finden entsprechende Muster für Widerrufsbelehrungen unter: Art 253 Anlage 1 EGBGB – Einzelnorm (gesetze-im-internet.de).
„Zu unterscheiden, wann ein Widerrufsrecht vorliegt und wann nicht, ist nicht immer leicht. Das zeigen die Urteile. Daher raten wir dazu, sich im Zweifel von einem erfahrenen Rechtsanwalt prinzipiell beraten zu lassen“, so Reichert.