Steuerbarkeit einer „Nutzungsentschädigung“
Zahlt eine Bank auf Grundlage einer Vergleichsvereinbarung eine Nutzungsentschädigung, gelten diese Zahlungen für den Empfänger weder als Kapitaleinkünfte noch als sonstige Einkünfte. Die Details zu dem aktuellen Urteil des Bundesfinanzhofs kennt Markus Willenborg, Wirtschaftsprüfer bei Ecovis in Vechta.
Der Fall
Ein verheiratetes Ehepaar schloss mit seiner Bank einen Vertrag über die Gewährung mehrerer Darlehen zur Finanzierung einer selbst genutzten Wohnimmobilie ab. Vier Jahre später widerriefen sie ihre Willenserklärung für zwei der Darlehensverträge aufgrund fehlerhafter Widerrufsbelehrungen.
Es kam zu einem zivilgerichtlichen Rechtsstreit zwischen dem Ehepaar und der Bank. Das Ergebnis war ein gerichtlicher Vergleich, in dem die Bank sich verpflichtete, an die Kläger einen Nutzungsersatz zu bezahlen. Außerdem vereinbarten die Vertragsparteien, dass die Bank die aus dem Betrag des Nutzungsersatzes anfallende Kapitalertragsteuer, den Solidaritätszuschlag und gegebenenfalls die Kirchensteuer an das Finanzamt abführt und den Klägern eine entsprechende Bescheinigung ausstellt.
Unter Vorlage der Steuerbescheinigung reichten die Kläger ihre Einkommensteuererklärungen ein und verwiesen dabei auch darauf, dass sie wegen einer nicht korrekten Darlehenswiderrufsbelehrung einem Vergleich mit der Bank zugestimmt haben.
Das Finanzamt berücksichtigte den Betrag bei den Einkünften aus Kapitalvermögen im Sinne des Paragrafen 32d Abs. 1 Einkommensteuergesetz (EStG) und zog bei beiden Eheleuten jeweils den Sparerpauschbetrag in Höhe von 801 Euro ab.
Den Vergleich zwischen Klägern und der Bank legte das Finanzamt so aus, dass die als Nutzungsentschädigung bezeichnete Zahlung als Nutzungsersatz zu betrachten ist. Dieser Nutzungsersatz bezieht sich auf Zins- und Tilgungsleistungen nach Rückabwicklungsgrundsätzen, die die Kläger ohne rechtliche Grundlage gezahlt haben.
Dagegen haben die Kläger erfolgreich Einspruch eingelegt.
Das Urteil des Bundesfinanzhofs
Anders als das Finanzamt sah das Finanzgericht (FG) Baden-Württemberg in dem Vergleich einen vereinbarten entgeltlichen Rechtsverzicht der Kläger auf ihre Rechte aus dem zuvor erklärten Widerruf der Darlehensverträge. Dieser Argumentation schloss sich der Bundesfinanzhof (BFH) in seinem Urteil vom 22. Mai 2024 an (VIII R 3/22). Da der Verzicht nicht im Rahmen einer auf Einkünfteerzielung gerichteten Tätigkeit erklärt worden sei, unterliege die Zahlung nicht der Einkommensteuer.
Das FG Münster vertrat die Auffassung, dass der aufgrund des gerichtlichen Vergleichs der Bank an die Kläger geleistete Betrag bei den Klägern nicht zu einem steuerbaren Kapitalertrag und auch nicht zu Einkünften aus Leistungen nach dem EStG führt. Der zwischen den Klägern und der Bank geschlossene Vergleich ist so auszulegen, dass die Darlehensverträge nicht rückabgewickelt wurden. In beiden Fällen führt die Zahlung der Bank nicht zu einem steuerbaren Kapitalertrag bei den Klägern.
„Eine Entschädigung für einen Rechtsverzicht führt beim Verzichtenden nicht zu steuerbaren Einkünften, wenn sie nicht als Ergebnis einer Erwerbstätigkeit anzusehen ist“, sagt Markus Willenborg. „Diese Voraussetzung war im Streitfall erfüllt, denn die Entschädigungszahlung war nicht im Sinne eines leistungsbezogenen Entgelts durch das Verhalten der Kläger wirtschaftlich veranlasst“, erklärt der Steuerberater.
Eine Zahlung als Nutzungsersatzleistung im Rahmen einer reinen Rückabwicklung der Darlehensverträge ist auch kein steuerbarer Kapitalertrag nach Paragraf 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG. Bei der Rückabwicklung eines Darlehensvertrags handelt es sich nämlich nicht um einen Leistungsaustausch in der Erwerbssphäre.