„Divers“ in Stellenanzeigen: Warum Arbeitgeber das dritte Geschlecht beachten müssen
Seit Anfang 2019 müssen Unternehmen in Stellenanzeigen neben der männlichen und weiblichen Form auch das dritte Geschlecht divers angeben. Das ist so gesetzlich geregelt. Ist das nicht der Fall, können Geschädigte Entschädigungszahlungen einfordern, wie ein aktueller Beschluss des Bundesgerichtshofs zeigt.
Der Fall: Ticketbuchung bei der Deutschen Bahn
Eine non-binäre Person wollte 2019 ein Ticket bei der Deutschen Bahn buchen. Im Formular musste sie zwingend eine Anrede auswählen – es gab allerdings nur „Herr“ und „Frau“. Auch in Briefen wurde sie als Herr oder Frau angesprochen. Die geschädigte Person verklagte die Deutsche Bahn daraufhin auf Unterlassung und 5.000 Euro Entschädigung.
Der Fall landete zunächst vor dem Landgericht Frankfurt am Main, das lediglich eine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts gegeben sah. Dagegen klagte die non-binäre Person.
Urteil: Bahn muss Entschädigung zahlen
Das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt am Main stellte zusätzlich einen Verstoß gegen das zivilrechtliche Benachteiligungsverbot im Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz fest. Der Grund: Die Anrede als Herr oder Frau benachteilige die non-binäre Person wegen ihrer sexuellen Identität. Außerdem bemängelten die Richter, dass non-binäre Personen nur dann einen Vertrag schließen könnten, wenn sie ihre Geschlechtszugehörigkeit falsch angeben. Das OLG verurteilte die Deutsche Bahn zu einer Entschädigungszahlung von 1.000 Euro (Entscheidung vom 21. Juni 2022, 9 U 92/20).
Der Bundesgerichtshof hat die Nichtzulassungsbeschwerde der Bahn zurückgewiesen. Daher ist das Urteil des OLG rechtskräftig (Beschluss vom 27. August 2024, X ZR 71/22).
Das sollten Unternehmen beachten
Auch wenn alle Unternehmen schon seit 2019 neben männlich und weiblich gesetzlich verpflichtend auch divers angeben müssen, zeigt der aktuelle Beschluss, wie brisant das Thema noch ist. „Unternehmer sollten prüfen, ob sie wirklich überall divers angegeben haben: in Stellenanzeigen, Formularen oder auch in automatisch verschickten E-Mails. Sonst drohen Strafen“, sagt Ecovis-Rechtsanwalt Andreas Hintermayer in München.