Schenkung: Vorsicht bei niedrig verzinslichem oder zinslosem Darlehen!
Die Vereinbarung von Darlehensverträgen mit einem darin ausgewiesenen besonders niedrigen Zinssatz kann eine steuerpflichtige Schenkung auslösen. Das entschied der Bundesfinanzhof (BFH) in seinem aktuellen Urteil. Worauf Darlehensgeber und -nehmer besonders achten sollten, erklärt Sven Blechschmidt, Wirtschaftsprüfer und Steuerberater bei Ecovis in Dresden.
Hintergrund: Freigebige Zuwendungen
In der Praxis kommt es häufig zu einem unterschätzten steuerlichen Problem: Verwandte oder Freunde helfen sich kurzfristig finanziell aus, indem sie sich Darlehen für längere Zeit, sowohl für private als auch gewerbliche Zwecke, zinslos oder niedrig verzinst gewähren.
Bei einem zinslosen Darlehen liegt eine (unentgeltliche) freigebige Zuwendung vor. Ist das Darlehen niedrig verzinst, handelt es sich um eine gemischt-freigebige Zuwendung, oder auch gemischte Schenkung.
Der Fall: Welcher Zinssatz ist bei einem Darlehen heranzuziehen?
In einem aktuellen Streitfall vor dem BFH erhielt der Kläger von seiner Schwester ein Darlehen über 1.875.768,05 Euro mit einem Zinssatz von einem Prozent, rückwirkend zum 1. Januar 2016.
Problematisch war hierbei die Frage, welcher Zinssatz bei einem nicht marktüblich verzinsten Darlehen zur Ermittlung der Differenz zum tatsächlich vereinbarten Darlehen heranzuziehen ist:
- der pauschale Zinssatz von 5,5 Prozent (§ 15 Abs. 1 Bewertungsgesetz, BewG) oder
- der Effektivzinssatz gemäß Statistik der Deutschen Bundesbank unter Berücksichtigung des Datums des Vertragsschlusses und der Kündigungsmöglichkeit.
Laut Finanzgericht (FG) Mecklenburg-Vorpommern sei bei der Bewertung der Zuwendung der gesetzlich typisierte Zinssatz von 5,5 Prozent anzuwenden (§ 15 Abs. 1 BewG), da kein niedriger Zinssatz feststehe beziehungsweise vom Kläger nachgewiesen worden sei (Urteil vom 27. April 2022, 3 K 273/20).
Entscheidung des BFH: Es kommt nicht grundsätzlich auf den pauschalen Zinssatz an
Dem ist der BFH nicht gefolgt. Grundsätzlich sei von dem gemeinen Wert der Nutzung in Höhe von 5,5 Prozent auszugehen, „wenn kein anderer Wert feststeht“ (§ 15 Abs. 1 BewG).
Das FG hatte aber ausdrücklich festgestellt, dass der Kläger im konkreten Fall durch die Angaben der Deutschen Bundesbank ein aus vergleichbaren Darlehen abgeleiteten marktüblichen Zinssatz von 2,81 Prozent für 2016 hätte zahlen müssen. Außerdem konnte das FG diesen Zinssatz auf die persönliche Situation des Steuerpflichtigen als wirtschaftlich selbständige Person und die im Einzelfall vereinbarten Darlehenskonditionen, also der Laufzeit und Kündigungsmöglichkeit, beziehen. Damit stand ein anderer Wert fest, der auch herangezogen werden muss.
Laut BFH müsse der Steuerpflichtige keinen anderen Wert nachweisen. Die Vorschrift sei im Passiv formuliert und fordere somit lediglich das Feststehen eines anderen Werts (Urteil vom 31. Juli 2024, II R 20/22).
In der Praxis ist ein niedrig verzinstes Darlehen zwischen Eltern und Kindern aufgrund des persönlichen Freibetrags von 400.000 Euro unproblematisch, wenn nicht – wie im vorliegenden Fall – Millionenbeträge überlassen werden.
Gestaltung von Darlehensvereinbarungen: Das müssen Sie berücksichtigen
Folgende Punkte sollten Sie bei Darlehensvereinbarungen beachten:
- Vor Beginn des Darlehensverhältnisses, Vergleichsangebote von Banken einholen und vorhalten, um Diskussionen mit der Finanzverwaltung hinsichtlich der Fremdüblichkeit der Verzinsung zu vermeiden.
- Nachweis eines niedrigeren, marktüblichen Zinssatzes beschaffen.
- Verbindliche und nicht freibleibende Angebote von Banken mit vergleichbaren Darlehenskonditionen, also ähnlicher Laufzeit, Tilgung und Kündigungsfrist, einholen. Hierbei muss es sich allerdings um einen Kreditzins für ein ungesichertes Darlehens zu vergleichbaren Konditionen, das heißt ähnliche Laufzeit, Tilgung, Sicherheiten, Kündigungsrechte sowie festen oder variablen Zinssatz, handeln.
Praxishinweis: Vergleichsangebote einholen
„Sollten Sie im Vorfeld der Darlehensvereinbarung keine Vergleichsangebote eingeholt haben, können Sie durch das aktuelle BFH-Urteil auf die Statistiken der Deutschen Bundesbank zurückgreifen“, sagt Ecovis-Steuerberater und -Wirtschaftsprüfer Sven Blechschmidt. „Aber auch hier sollten Sie darauf achten, unter Berücksichtigung des Datums des Vertragsabschlusses und der Kündigungsmöglichkeit vergleichbare Darlehenskonditionen zu Grunde zu legen“, weiß der Experte. „Das gilt sowohl bei Darlehen für private als auch gewerbliche Zwecke.“