Mitarbeiter abwerben: Welchen rechtlichen Spielraum haben Unternehmer?
Ein Anruf während der Arbeitszeit bei einer potentiellen neuen Mitarbeiterin oder doch ein höheres Gehalt für einen Kollegen, der bereits gekündigt hat – Unternehmen tun viel, um die besten Mitarbeitenden bei sich zu halten. Doch was ist erlaubt und welche Konsequenzen drohen bei wettbewerbswidrigem Verhalten?
Dürfen Unternehmen Mitarbeiter bei der Konkurrenz abwerben?
Grundsätzlich dürfen Unternehmer Mitarbeitende der Konkurrenz abwerben. Und diese dürfen ihren Arbeitsplatz frei wählen. Das ist Teil der freien Marktwirtschaft. „Dabei ist es natürlich auch erlaubt, dass Unternehmer potentiellen neuen Mitarbeitenden mehr Geld und bessere Arbeitsbedingungen bieten“, sagt Ecovis-Rechtsanwältin Nicole Golomb in Regensburg.
Unternehmer dürfen beim Abwerben aber nicht gegen das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) verstoßen. Das wäre dann der Fall, wenn ein Unternehmer seinem Konkurrenten vorsätzlich schaden will, etwa indem er
- falsche Angaben über den bisherigen Arbeitgeber macht, um den Mitarbeiter zur Vertragsbeendigung zu bringen oder
- wenn er den künftigen Mitarbeiter zum Vertragsbruch anstiftet, auch zu einer Handlung bei der dem Mitarbeiter eine sofortige Kündigung droht.
Ist eine Kontaktaufnahme während der Arbeitszeit erlaubt?
Unternehmer, Personalmitarbeiter oder Headhunter dürfen potentielle neue Mitarbeitende außerhalb von deren Arbeitsplatz immer kontaktieren. Anders sieht es bei Anrufen von Personalberatern während der Arbeitszeit aus. „Der Betriebsablauf in der Firma des potentiellen Kandidaten darf durch den Anruf nicht gestört werden. Eine kurze Nachfrage, ob der Kandidat Interesse an einer neuen Stelle hat, ist allerdings in Ordnung“, weiß Nicole Golomb.
Aktueller Fall: Auch Rückabwerben von Mitarbeitenden ist erlaubt
Ein Unternehmen aus der Brandschutztechnik schloss mit etwa 25 Mitarbeitenden eines Konkurrenten Arbeitsverhältnisse ab. Kurz vor Beschäftigungsbeginn kündigten einige der neuen Mitarbeitenden jedoch und kehrten zu ihrem ursprünglichen Arbeitgeber zurück. Das Unternehmen beantragte eine einstweilige Verfügung, da das abwerbende Unternehmen unter anderem eine Prämie anbiete und kostenfreie Rechtsberatung zur Verfügung stelle.
Das Landgericht (LG) Koblenz wies den Antrag ab. So lag kein Nachweis für ein wettbewerbswidriges Verhalten vor (Beschluss vom 17.9.2024, 11 O 12/24). Unternehmen hätten neben dem Recht auf Abwerben auch ein Recht auf Rückabwerben von Mitarbeitenden. Die Richter sahen außerdem kein unzulässiges Verhalten der rückabwerbenden Firma.
Welche rechtlichen Konsequenzen drohen Unternehmern bei unerlaubtem Abwerben?
Wer unerlaubt abwirbt, muss mit Schadenersatzzahlungen rechnen – und zwar in Höhe des verursachten Schadens beim betroffenen Unternehmen. Denkbar ist auch, dass der geschädigte Arbeitgeber ein Beschäftigungsverbot für den abgeworbenen Mitarbeiter erwirkt, bis die rechtmäßige Kündigungsfrist abgelaufen ist.
Wie können sich Unternehmer vor Abwerben schützen?
Unternehmen können mit ihren Mitarbeitenden vertragliche Abwerbeverbote oder Wettbewerbsverbote vereinbaren. So können sie verhindern, dass Geschäftspartner oder ehemalige Mitarbeiter ihre Angestellten abwerben können. „Hier müssen Unternehmer aber genau hinschauen. Denn an die Wirksamkeit solcher Klauseln werden hohe rechtliche Anforderungen gestellt“, erklärt Golomb.