Sanierungschance statt Schreckgespenst

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Seit drei Jahren bietet das Insolvenzrecht die Möglichkeit, rechtzeitig freiwillig in Insolvenz zu gehen und damit im Unternehmen „Herr im Ring“ zu bleiben.

Unternehmer haben „eine panische Angst vor der Insolvenz; denn noch immer haftet ihr in Deutschland ein gesellschaftlicher Makel an“, sagt Professor Dr. Tobias Schulze. Der Ecovis-Rechtsanwalt ist seit 25 Jahren als Insolvenzverwalter tätig.

„Oft kommt dazu das Gefühl, dem Insolvenzverwalter ausgeliefert zu sein, verbunden mit der Furcht vor einer Zerschlagung des Unternehmens“, weiß Christian Beutl, Wirtschaftsprüfer und Steuerberater bei Ecovis. „Viele wissen nicht, dass das Insolvenzrecht dem Schuldner die Chance bietet, dieses Negativszenario zu vermeiden.“

Nur zu oft wird daher bis zum Letzten versucht, Gläubiger zu vertrösten, Stundungen auszuhandeln, Arbeits- und andere Verträge zu kündigen – ohne jedoch über das umfassende Instrumentarium zu verfügen, das die Insolvenzordnung (InsO) bietet, um in bestehende Verträge einzugreifen und Verbindlichkeiten nachhaltig zu reduzieren. „Die eigenen Rettungsversuche können jedoch teuer werden – zum Beispiel durch Abfindungen, Verzugs- und höhere Kreditzinsen“, sagt Beutl. „Damit wächst das Risiko zu scheitern – und letztlich doch Insolvenz anmelden zu müssen.“

Einen Weg, von vornherein die Möglichkeiten des Insolvenzrechts zu nutzen, dabei aber die Zügel weitgehend selbst in der Hand zu behalten, eröffnet das Schutzschirmverfahren nach § 270b InsO. Das heißt, das Gericht gewährt dem Schuldner auf Antrag eine Frist von bis zu drei Monaten, um unter Aufsicht eines vorläufigen Sachwalters einen Insolvenzplan auszuarbeiten und vorzulegen. Dabei hat der Schuldner einen Anspruch auf gerichtlich gewährten Vollstreckungsschutz – daher hat sich die Bezeichnung „Schutzschirmverfahren“ eingebürgert.

Unternehmer weiter am Steuer
Voraussetzung dafür ist, dass noch keine Zahlungsunfähigkeit eingetreten ist – das Unternehmen also schon bei drohender Zahlungsunfähigkeit oder bei Überschuldung einen Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens in Eigenverwaltung gestellt hat. Zudem darf die angestrebte Sanierung „nicht offensichtlich aussichtslos“ sein. Dass diese Voraussetzungen erfüllt sind, muss der Schuldner sich von einem in Insolvenzsachen erfahrenen Steuerberater, Wirtschaftsprüfer oder Rechtsanwalt bescheinigen lassen.

„Während bei der Regelinsolvenz allein der Insolvenzverwalter verfügungsberechtigt und der Unternehmer praktisch entmündigt wird, steuert er beim Schutzschirmverfahren weiter das Firmenschiff – unbehindert von Verfügungsverboten und generellen Zustimmungsvorbehalten“, erklärt Michael Busching, Rechtsanwalt und Insolvenzverwalter bei Ecovis. Aufgabe des Sachwalters ist es im Wesentlichen, die wirtschaftliche Lage des Schuldners zu prüfen sowie die Geschäftsführung und die Entnahmen für die private Lebensführung zu überwachen, damit die Interessen der Gläubiger gewahrt bleiben.

Der Insolvenzplan muss laut Busching „einen Weg aufzeigen, die drohende Zahlungsunfähigkeit abzuwenden oder die bestehende Überschuldung zu beenden“ – etwa durch einen Schuldenschnitt oder einen Equity Swap, also die Umwandlung von Forderungen der Gläubiger in eine Beteiligung am Kapital der Gesellschaft.

Sanierung vor Zerschlagung
Das Schutzschirmverfahren hat für den Schuldner eine Reihe von Vorteilen: „Nur über den § 270 InsO kann er praktisch erzwingen, dass ein Insolvenzplan erstellt wird. Im Regelverfahren hat er darauf nur bedingt Einfluss“, sagt Steuerberater Beutl. Zudem besteht weniger Zeitdruck, weil der Insolvenzplan schon im Eröffnungsverfahren erarbeitet werden kann. „Die üblichen drei Monate Vorlauf reichen in der Regel dafür aus“, sagt Beutl.

Ein weiterer Pluspunkt: „Beim § 270 InsO hat der Schuldner die einmalige Gelegenheit, sich den vorläufigen Sachwalter und damit in der Regel auch den Sachwalter für die Insolvenz in Eigenverwaltung auszusuchen – und zwar einen, der Sanierung statt Zerschlagung bevorzugt und über entsprechende Erfahrung verfügt.“

Der Schutzschirm erspart dem Schuldner zwar nicht das förmliche Insolvenzverfahren, jedoch kann die Insolvenzdauer durch die Vorverlagerung von Sanierungsschritten und die aktive Mitwirkung der Geschäftsführung erheblich verkürzt werden. „Wenn alles ohne größere Störungen läuft“, kann die Insolvenz nach Beutls Beobachtungen „schon nach sechs Monaten“ überstanden sein.

Kompetente Beratung gefragt
Der Schlüssel für ein zügiges und erfolgreiches Schutzschirmverfahren ist eine sorgfältige Vorbereitung. Am Anfang steht die Frage, ob es überhaupt noch eine Option darstellt. „Wenn Kontokorrentlinien gekündigt, Betriebsmittelkredite fällig gestellt sind oder Vollstreckungsmaßnahmen des Finanzamts oder von Krankenkassen laufen, ist es dafür zu spät“, warnt Insolvenzverwalter Michael Busching.

„Es ist sinnvoll, möglichst frühzeitig umfassende Beratung zu suchen, wenn sich Zahlungsschwierigkeiten abzeichnen“, mahnt deshalb Prof. Schulze. So erfordern die Bescheinigungen für das Schutzschirmverfahren umfangreiche Vorarbeiten – von Planbilanzen und Plan- Gewinn- und Verlustrechnungen bis zur Erarbeitung der Sanierungsansätze. „Wichtig ist zudem, schon im Vorfeld mit den Gläubigern zu reden, um sie ins Boot zu holen. Auch dabei können wir den Schuldner unterstützen.“ Dies ist besonders im Hinblick auf die Banken geboten. Sie müssten nämlich nach den gesetzlichen Vorschriften Kreditverträge kündigen oder auslaufen lassen, sobald sie erfahren, dass Zahlungsunfähigkeit droht. Damit besteht höchste Gefahr, dass sie tatsächlich eintritt. Nach einem Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) lässt sich dies nur durch klare Stundungsvereinbarungen vermeiden – „am besten vor dem Schutzschirm-Antrag“, sagt Prof. Schulze.

Ein Schutzschirmverfahren ist auch nicht für jeden Fall die optimale Lösung. „Ein wirksames Sanierungskonzept muss betriebswirtschaftlich, rechtlich und steuerlich stimmen – und erfordert daher fachübergreifende Zusammenarbeit“, betont Schulze. „Ecovis bietet dafür alles unter einem Dach: Unternehmens-, Rechts- und Steuerberatung, Insolvenzverwaltung und Sanierungsgeschäftsführung.“

Alarmsignale Anzeichen für ein ernstes Insolvenzrisiko des Unternehmens sind
• anhaltende Umsatzrückgänge, Wegfall wichtiger Aufträge
• Verluste über einen längeren Zeitraum
• anhaltende Liquiditätsanspannungen
• über Jahre hinweg keine Entnahmen oder Gewinnausschüttungen möglich
• zunehmender Rückgriff auf private Mittel und Kreditsicherheiten
• bilanzielle Überschuldung in Zwischen- und Jahresabschlüssen

Was wir für Sie tun können
• Beratung im Vorfeld
• Erarbeitung und Umsetzung eines Sanierungskonzepts
• Ausarbeitung eines Insolvenzplans
• Verhandlungen mit Gläubigern
• Bescheinigung nach § 270b InsO für Schutzschirmverfahren*
• Unterlagen für 270b-Bescheinigung
• Stellung eines Sachwalters oder Insolvenzverwalters*
• Antrag auf Schutzschirmverfahren
• Vertretung des Schuldners oder von Gläubigern im Insolvenzverfahren

*personell getrennt

 

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Tel.: +49 89 5898-266
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