Pferdehaltung: Was der Verlust des „grünen Siegels“ für die Umsatzsteuer bedeutet
Die Besteuerung von Reiterhöfen ist geprägt von der Abgrenzung zwischen landwirtschaftlicher und gewerblicher Tätigkeit und der schwierigen umsatzsteuerlichen Behandlung der verschiedenen Leistungen. Das führt teils zu erheblichen steuerlichen Unsicherheiten und zu einem hohen Verwaltungsaufwand.
Unstrittig ist, dass die Haltung und die Zucht von Pferden eine landwirtschaftliche Tätigkeit sein kann. Die Zuordnung zur Landwirtschaft hängt aber steuerlich davon ab, ob die im Betrieb gehaltenen Tiere eine ausreichende Futtergrundlage haben. Berechnet wird das mittels der gesetzlich definierten Vieheinheiten, die es sowohl für den Futterbedarf der Tiere als auch für die theoretisch mögliche Futterproduktion auf den landwirtschaftlich genutzten Flächen gibt.
Auch der Zukauf von Pferden, ihre Ausbildung und der anschließende Weiterverkauf zählen im Rahmen der zulässigen Grenzen der Vieheinheiten zur Landwirtschaft. „Erst ohne ausreichende Futtergrundlage wird der Reiterhof zum Gewerbebetrieb. Sind genügend Flächen vorhanden, wird die Tierhaltung oder Tierzucht nicht dadurch gewerblich, dass Tiere zugekauft, nicht in eigenen Ställen untergebracht, von fremden Dritten auf Anordnung des Pferdewirts weiter ausgebildet und anschließend weiterverkauft werden“, sagt Ecovis-Steuerberaterin Karin Merl in Regensburg. Auch die Unterbringung, Versorgung und Fütterung fremder Pferde innerhalb der Vieheinheitengrenzen gilt als Landwirtschaft.
Wann der Betrieb gewerblich wird
Unabhängig vom Flächenbesatz ist es jedoch grundsätzlich keine landwirtschaftliche Tätigkeit mehr, wenn ein Betriebsinhaber Reitunterricht anbietet. Er gilt damit als Gewerbetreibender. Gleiches gilt für den Beritt von Fremdpferden, für die Pferdevermietung in größerem Umfang oder für Kutschfahrten. Abhängig vom Umfang der gewerblichen Aktivitäten werden diese Leistungen oder der ganze Reiterhof zum Gewerbebetrieb umqualifiziert.
„Aufgrund der ertragsteuerlichen Infektionstheorie ist bei in der Rechtsform von Personengesellschaften geführten Reiterhöfen auch bei untergeordneten schädlichen Aktivitäten ein vollständiger Verlust des grünen Siegels der Landwirtschaft zu befürchten“, erklärt Merl. „Reiterhöfe sollten daher stets auf ihre Flächenausstattung und den Umfang der gewerblichen Umsätzen achten.“ Zur steuerlichen Optimierung und um Gewerbesteuerzahlungen zu vermeiden, kann es sich beispielsweise anbieten, die gewerblichen Tätigkeiten aus dem Landwirtschaftsbetrieb auf einen anderen Unternehmer auszulagern.
Was bei der Umsatzsteuer zu beachten ist
Umsatzsteuerlich gibt es zwar keine Infektionstheorie, aber hier hat die Rechtsprechung eigene Regeln aufgestellt. Die Umsatzsteuerpauschalierung erfordert landwirtschaftliche Leistungen, die ein Betrieb an andere Landwirte für deren landwirtschaftliche Betriebe erbringt. Das bedeutet das Aus der Pauschalierung für jegliche Freizeitpferde. „Auch für die landwirtschaftliche Pensionspferdehaltung ist die Regelbesteuerung anzuwenden, und Betriebsinhaber müssen aus den Erlösen 19 Prozent Mehrwertsteuer an das Finanzamt abführen“, weiß Merl. Natürlich schuldet der Pferdewirt auch beim Reitunterricht und bei den anderen gewerblichen Betätigungen 19 Prozent Umsatzsteuer.
Daher ist die Frage nicht unberechtigt, ob der Reitunterricht nicht wie Schulunterricht umsatzsteuerfrei sein könnte. Dieser Frage hat sich der Bundesfinanzhof (BFH) aktuell gewidmet (Urteil vom 22. Januar 2025, XI R 9/22). Vorweg ist klar, dass Reitunterricht meist umsatzsteuerpflichtig bleibt, es gibt aber Ausnahmen für berufsbezogene Ausbildungen. Im Streitfall bot ein Reiterhof verschiedene Kurse für Kinder und Jugendliche an. Eine „Ponygruppe“ für Einsteiger, Reitunterricht im Rahmen von Klassenfahrten sowie spezielle Kurse für eine „Große Pferdegruppe“. Diese bereiteten die Teilnehmer gezielt auf das Ablegen von Leistungsabzeichen vor – eine Voraussetzung für den späteren Einstieg in den Beruf des Turniersportreiters.
Jetzt stellte der BFH fest, dass Reitunterricht grundsätzlich der Freizeitgestaltung dient und deshalb umsatzsteuerpflichtig ist. Das gilt insbesondere für Angebote wie Ponygruppen und Klassenfahrten, die keinen konkreten Berufsbezug haben. Nur wenn der Reitunterricht nachweislich auf eine berufliche Tätigkeit ausgerichtet ist, etwa die gezielte Vorbereitung auf Leistungsabzeichen, die für den Beruf des Turniersportreiters notwendig sind, kann eine Umsatzsteuerbefreiung greifen. Entscheidend ist, dass ein Großteil der Teilnehmer tatsächlich die Prüfungen ablegt und eine spätere Berufsausübung realistisch erscheint. Neben dem Reitunterricht könnten unter diesen strengen Voraussetzungen zum Beispiel auch Ferienkurse und Klassenfahrten auf dem Hof befreit sein. „Alle anderen Freizeitkurse sind steuerpflichtig. Für die Steuerbefreiung ist aber eine umfangreiche Dokumentation der Ausbildungsinhalte, Prüfungsquoten und des Berufsbezugs der Kurse Pflicht“, erklärt Merl.