Fünf Fragen an Armin Weber über die Aufgaben des Aufsichtsrats
Ein Interview mit Armin Weber, Wirtschaftsprüfer und Steuerberater bei Ecovis in München, über die rolle des Aufsichtsrates und dessen Zusammenarbeit mit Geschäftsführung und Wirtschaftsprüfern.
1. Herr Weber, welche zentrale Aufgabe hat ein Aufsichtsrat?
Die Überwachung der Geschäftsführung ist die Kernaufgabe des Aufsichtsrats. Dies beginnt damit, dass er für die Bestellung und auch den Widerruf der Bestellung des Vorstands verantwortlich ist. Er vertritt die Gesellschaft bei Geschäften mit dem Vorstand. Im Rahmen der Eigenverantwortlichkeit des Vorstands kann er einen Katalog mit zustimmungspflichtigen Geschäften erlassen oder eine Geschäftsordnung ausarbeiten. Die zeitlich intensivste Aufgabe ist jedoch in der Regel die Überwachung der Tätigkeit des Vorstands.
2. Wie kann man sich die Überwachung vorstellen?
Hier gibt es zwei Vorgehensweisen. Zum einen kann sich die Überwachung auf Tätigkeiten des Vorstands beziehen, die in der Vergangenheit liegen. Oder es erfolgt zum anderen eine präventive Kontrolle, bei der künftig geplante strategische Maßnahmen einbezogen werden.
3. Wie erfolgt die vergangenheitsbezogene Prüfung?
Diese richtet sich darauf, regel- und gesetzeskonformes Verhalten des Vorstands und wirtschaftliches Handeln im Sinne der Gesellschaft zu beurteilen. In den vergangenen Jahren wurden verstärkt die Einrichtung und spätere Überwachung der Einhaltung eines Compliance-Systems diskutiert. Bei der Überwachung hat der Aufsichtsrat dabei umfassende Auskunfts- und Einsichtsrechte. Die Überwachung kann er auf bestimmte Ausschüsse übertragen oder für einzelne Aufgaben an Sachverständige vergeben. Dennoch bleibt die Aufsichtsratstätigkeit ein höchstpersönliches Amt, und der Aufsichtsrat trägt die Gesamtverantwortung für die Kontrolle der Gesellschaft. Vielen ist nicht bewusst, dass auch der Jahres- oder Konzernabschluss vom Aufsichtsrat zu prüfen ist. Selbstverständlich kann er hierbei auf die Tätigkeit des Abschlussprüfers zurückgreifen. Beide Kontrollinstanzen sind daher nicht als Einzelkämpfer, sondern vielmehr als Tandem zu sehen. Die Zusammenarbeit und gegenständlichen Berichtspflichten sind daher in verschiedenen Gesetzen, insbesondere im Aktiengesetz, im Deutschen Corporate Governance Kodex (DCGK) und in nationalen (IDW PS 470) wie internationalen (ISA 260) Standards der Wirtschaftsprüfer geregelt.
4. Lassen Sie uns auf die präventive Überwachung zurückkommen. Wie ist diese zu verstehen?
Das ist vielleicht die spannendste und anspruchsvollste Aufgabe des Aufsichtsrats, denn hier kann er die künftige Geschäftspolitik der Gesellschaft beeinflussen. Dabei sind die Grenzen zwischen Beratung und Überwachung des Vorstands fließend. Natürlich kann der Aufsichtsrat auch hier auf Experten zurückgreifen. Es bietet sich an, den Wirtschaftsprüfer auch während des Jahres als unabhängigen Sparringspartner mit fachlicher Expertise und Kenntnissen der unternehmensindividuellen Gegebenheiten zu nutzen. Häufig wird der Abschlussprüfer aber erst im Rahmen der Abschlussprüfung mit entsprechenden Sachverhalten konfrontiert. Oft ist das Kind dann aber schon in den Brunnen gefallen. Durch eine laufende Zusammenarbeit könnten hier einige steuerlich oder bilanziell suboptimale Folgen vermieden werden.
5. Und wie sieht die Zusammenarbeit in der Praxis aus?
Die tatsächliche Form der Zusammenarbeit zwischen Aufsichtsrat und Prüfer wird in der Praxis sehr unterschiedlich gehandhabt. Nur durch eine laufende und auch gegenseitige Kommunikation kann ein Mehrwert für beide Seiten erzielt werden. Der Aufsichtsrat sollte daher nicht nur einmal jährlich im Rahmen der Abschlussprüfung den Abschlussprüfer als Auskunftsperson nutzen. Voraussetzung für eine konstruktive Zusammenarbeit ist nach meiner Erfahrung eine laufende offene und gegenseitige Kommunikation.
Armin Weber, Wirtschaftsprüfer und Steuerberater bei Ecovis in München