Betriebsrentenstärkungsgesetz 2018: Pflicht für Arbeitgeber
Das neue Betriebsrentenstärkungsgesetz bindet Arbeitgeber stärker in die Altersvorsorge ein. Es bringt aber auch Erleichterungen und neue Anreize.
Historiker fördern immer wieder sehr Erstaunliches zutage. Die „Goslarer Urkunde“ aus dem Jahr 1260 etwa erwähnt erstmals eine Initiative zur Unterstützung armer Bergleute. Es ist die erste Form einer betrieblichen Altersversorgung. Sie gilt als die älteste Sozialversicherung der Welt. Seitdem hat sich viel verändert. In Deutschland wurde vor 15 Jahren erstmals der Anspruch der Arbeitnehmer auf die staatlich geförderte Entgeltumwandlung gesetzlich festgeschrieben. Dennoch nutzen nur 57 Prozent der Beschäftigten das betriebliche Sparen fürs Alter. Das zum 1. Januar 2018 in Kraft getretene Betriebsrentenstärkungsgesetz (BRSG) soll dafür sorgen, dass es mehr werden. „Der Gesetzgeber appelliert an die Fürsorge der Arbeitgeber und schafft gleichzeitig großzügigere steuerliche Rahmenbedingungen“, sagt Manfred Busch, Wirtschaftsprüfer und Steuerberater bei Ecovis in Nürnberg.
Steuerfreier Rahmen erweitert
Die Altersvorsorge soll sich noch besser rentieren. Deshalb bleiben künftig mehr Beiträge, die aus dem Bruttoeinkommen in eine Direktversicherung, Pensionskasse oder einen Pensionsfonds fließen, lohnsteuerfrei. Bisher galt hier ein Limit von vier Prozent der jährlichen Beitragsbemessungsgrenze der gesetzlichen Rentenversicherung. Im Jahr 2017 beispielsweise hätte ein Arbeitnehmer 3.048 Euro steuerbefreit ansparen können. Das neue Gesetz sieht nun eine Verdoppelung des steuerfreien Volumens von vier auf acht Prozent der Bemessungsgrenze vor. Im Gegenzug entfällt der zusätzliche steuerliche Freibetrag in Höhe von 1.800 Euro, der bislang für nach dem 31.12.2004 erstmals erfolgte Neuzusagen galt. „Die Beiträge in pauschal versteuerte Altzusagen werden jedoch künftig auf die neue acht-Prozent-Grenze angerechnet. Insgesamt wird es günstiger“, sagt Busch.
Die Grenze für die Befreiung von Sozialversicherungsbeiträgen, von der auch der Arbeitgeber profitiert, beträgt unverändert vier Prozent. Arbeitgeber allerdings, die im Rahmen der Entgeltumwandlung Sozialversicherungsbeiträge sparen, müssen künftig 15 Prozent des umgewandelten Entgelts als Arbeitgeberzuschuss an die Direktversicherung, die Pensionskasse oder den Pensionsfonds weiterleiten. Das gilt für Neuzusagen ab 1. Januar 2019 und für bestehende Zusagen ab 1. Januar 2022.
Geringverdiener fördern
Einen besonderen Fokus legt das BRSG darauf, Menschen vor Altersarmut zu bewahren. Monatliche Renten sind bis zu 204,50 Euro deshalb künftig nicht mehr auf die staatliche Grundsicherung anzurechnen. Geringverdiener mit einem Bruttoeinkommen von maximal 2.200 Euro monatlich erhalten zudem eine besondere Förderung. Zahlt der Arbeitgeber für sie zusätzlich zum Lohn mindestens 240 Euro bis maximal 480 Euro in eine betriebliche Altersversorgung (bAV) ein, bleibt dieser Betrag für den Arbeitnehmer steuer- und sozialversicherungsfrei. Der Arbeitgeber wiederum kann 30 Prozent davon mit der nächsten Lohnsteuer-Anmeldung verrechnen und erhält diesen Betrag rückerstattet. Wer Geringverdienern schon Zusatzbeiträge bezahlt hat, profitiert nur bei einer weiteren Anhebung. „Lediglich die über die 2016 gezahlten Sockelbeträge hinausgehenden Beiträge sind förderfähig“, betont Busch.
Die Riester-Rente wird attraktiver
Das BRSG hebt die Riester-Grundzulage von 154 auf 175 Euro an. Im Rahmen der bAV entfällt künftig zudem die „Doppelverbeitragung“. Das heißt: Die Leistungen in der Auszahlphase werden nicht mehr mit Beiträgen zur Kranken- und Pflegeversicherung belastet. „Das ist konsequent, da ja die Riester-Beiträge im Rahmen der bAV bereits aus dem Nettoeinkommen bezahlt werden“, sagt Silke Grieger, Steuerberaterin bei Ecovis in Rostock.
Zusagen mit weniger Risiko
Neuland erschließt das BRSG mit dem Tarifpartnermodell („Nahles-Rente“). Dabei können Arbeitgeber erstmals reine Beitragszusagen tätigen, bei denen Mindest- oder Garantieleistungen nicht vorgesehen sind. Die Firma haftet also nicht mehr dafür, dass der Arbeitnehmer eine bestimmte zugesagte Summe zum vereinbarten Termin tatsächlich erhält. Vor allem in der aktuellen Niedrigzinsphase hat sich das als zunehmend schwierig erwiesen. „Das Risiko wird bei der Nahles-Rente nun vom Arbeitgeber hin zum Arbeitnehmer verlagert, dem sich dafür bessere Renditechancen eröffnen“, erläutert Grieger. Das Sozialpartner-Modell gilt grundsätzlich für Unternehmen, die an Tarifverträge gebunden sind. Andere Arbeitgeber können sich daran anlehnen. „Es bleibt abzuwarten, ob und wie die Tarifparteien diese Verträge für Externe öffnen“, sagt Grieger.
Auf einen Blick
Die wichtigsten Änderungen, die das Betriebsrentenstärkungsgesetz bringt:
- Das steuerfreie Volumen wird erhöht. Im Gegenzug wird der steuerfreie Aufstockungsbetrag abgeschafft
- Neue Förderung für Geringverdiener unter Einbeziehung eines neuen Förderbetrags für Arbeitgeber
- Verpflichtender Zuschuss von Arbeitgebern, die bei Entgeltumwandlung Sozialversicherungsbeiträge sparen
- Höhere Grundzulage für Riester-Sparer
- „Doppelverbeitragung“ bei der zulagengeförderten bAV mit Riester-Verträgen wird abgeschafft
- Arbeitgeber werden vom Haftungsrisiko im neuen Tarifpartner-Modell entlastet: reine Beitragszusage statt Mindest- oder Garantieleistungen möglich
Manfred Busch, Wirtschaftsprüfer und Steuerberater bei Ecovis in Nürnberg
Weitere Informationen:
Schreiben vom Bundesfinanzministerium zum Betriebsrentenstärkungsgesetz (PDF)