Einheiraten in einen landwirtschaftlichen Betrieb: Was Ehepaare rechtlich beachten müssen
Bei der Heirat eines landwirtschaftlichen Unternehmers gibt es neben Brautkleid und Location zahlreiche (sozialversicherungs)rechtliche Fragen zu bedenken und zu lösen. Denn mit der Heirat eines Landwirts ändert sich die rechtliche Situation weitaus mehr als bei einem Nichtlandwirt.
Mit der Heirat leben Eheleute automatisch in einer Zugewinngemeinschaft, wenn sie keinen Ehevertrag vereinbaren. In einer Zugewinngemeinschaft bleibt jeder Ehegatte Eigentümer seines vor und während der Ehe erworbenen Vermögens. Jeder Ehegatte entscheidet selbst über sein Vermögen und Eigentum und verwaltet es frei nach seinem Gutdünken.
Was die Zugewinngemeinschaft in der Landwirtschaft bedeutet
Für den einheiratenden Ehegatten bedeutet die Zugewinngemeinschaft, dass er mit der Heirat kein Eigentum am landwirtschaftlichen Betrieb erwirbt und damit auch keine Entscheidungsbefugnis erhält. Das bleibt alles dem landwirtschaftlichen Unternehmer oder der Unternehmerin vorbehalten. „Arbeitet der Partner bereits im Betrieb mit oder will dies künftig tun, sollten die Eheleute arbeitsvertragliche Regelungen treffen. Andernfalls ist der Partner unentgeltlich tätig, ohne dadurch Ansprüche jedweder Art am landwirtschaftlichen Betrieb zu erwerben“, erklärt Ecovis-Rechtsanwältin Adelheid Holme in Landshut.
Einen Vertrag abzuschließen, empfiehlt sich aus Sicht des Ehegatten besonders dann, wenn ihm eine gemeinsame Zukunft auf dem Bauernhof vorschwebt, das Paar vielleicht bereits gemeinsame Kinder hat oder wenn Gatte oder Gattin eine Investition in den landwirtschaftlichen Betrieb tätigen wollen. „Investitionen in den Betrieb des Partners, sei es in Form von Geld oder von Arbeit, gilt es schriftlich festzuhalten, um im Fall eines Zerwürfnisses einen Anspruch in der Hand zu haben“, rät Holme.
Allein über das Vermögen im Ganzen können Ehegatten nicht ohne Einwilligung des anderen Ehegatten verfügen. Diese Regelung ist bei der Übergabe des landwirtschaftlichen Betriebs an die nächste Generation zu beachten, sodass hier der Ehegatte immer mit in den Übergabeprozess einzubinden ist. Endet die Zugewinngemeinschaft, sei es durch Scheidung oder Tod des Partners, ist der in der Ehe erzielte Zugewinn auszugleichen. Den Zugewinnausgleich berechnen Künftige Erbschaften oder Schenkungen werden bei der Berechnung des Zugewinnausgleichs dem Anfangsvermögen hinzugerechnet, als hätte es der Ehegatte bereits zu Beginn der Ehe in seinem Vermögen gehabt. Klassischer Fall ist der landwirtschaftliche Betrieb selbst, der im Wege der vorweggenommenen Erbfolge auf den Nachfolger übergeben wird. Nur die Ertragswertsteigerung des Betriebs ist im Rahmen des Zugewinnausgleichs zu berücksichtigen. Dabei ist der landwirtschaftliche Betrieb privilegiert, indem nicht der Verkehrswert, sondern der jeweilige Ertragswert angesetzt wird. Das ist in Paragraph 1376 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) geregelt. Ausgenommen sind hiervon Grundstücksflächen, die das Paar während der Ehe hinzukauft oder verkauft. Sie sind nach dem Verkehrswert zu bemessen und können daher zu einem beträchtlichen Zugewinn führen.
Egal ob eine Scheidung oder ein Todesfall den Zugewinnausgleich auslöst: Die Folgen für den Betrieb können existenziell sein. Das gilt auch für den Ehegatten des landwirtschaftlichen Unternehmers, wenn er mithilft, aber nicht finanziell oder arbeitsvertraglich abgesichert ist und die Erträge des Betriebs durch Investitionen oder Schulden gemindert sind. „Es ist daher für beide Partner wichtig, bei Beginn der Ehe das jeweilige Vermögen genau zu dokumentieren und einen Ehevertrag abzuschließen“, empfiehlt Holme.
Ob eine modifizierte Zugewinngemeinschaft, eine Gütergemeinschaft oder eine Gütertrennung sinnvoll ist, das ist anhand der gelebten Verhältnisse in der Ehe zu beurteilen. Dabei sind Fragen zu klären, etwa:
- Wie viel Arbeitskraft und/oder Vermögen bringt der Ehegatte in den landwirtschaftlichen Betrieb ein?
- Bildet eine hauptberufliche Beschäftigung außerhalb der Landwirtschaft den Schwerpunkt der Arbeitskraft?
- Wie ist mit Abfindung bei Scheidung, mit Trennungsunterhalt, Versorgungsausgleich oder nachehelichem Unterhalt umzugehen?
Für alle diese und weitere Fragen lassen sich im Ehevertrag individuelle Regelungen treffen. „Nicht nur zu Beginn, auch während der Ehe lässt sich ein Ehevertrag schließen oder dieser sich modifizieren, wenn sich die Lebensverhältnisse ändern“, erklärt Holme.
Die passende Steuerklasse wählen
Der angeheiratete Ehepartner kann steuerliche Vergünstigungen in Anspruch nehmen. Der Landwirt ist als selbstständiger Unternehmer keiner Steuerklasse zugeordnet. Ist der Angeheiratete selbst in einem Beschäftigungsverhältnis außerhalb des landwirtschaftlichen Betriebs tätig, kann er die Steuerklasse III oder IV wählen. Die Steuerklasse III etwa ist günstig, will er Eltern-, Kranken- oder Arbeitslosengeld mit Berechnung vom Nettolohn geltend machen.
Die sozialversicherungsrechtliche Seite der Einheirat
Heiratet ein Landwirt, wird der angeheiratete Partner versicherungspflichtig in der landwirtschaftlichen Alterskasse. Die Alterssicherung der Landwirte ist eine berufsständische, gesetzliche Alterssicherung für alle landwirtschaftlichen Unternehmer und Unternehmerinnen sowie deren Ehegatten und mitarbeitende Familienangehörige. Dabei spielt es keine Rolle, ob der Ehegatte im landwirtschaftlichen Betrieb mitarbeitet oder am Gewinn oder Verlust beteiligt ist. Der Beitrag zur landwirtschaftlichen Alterskasse ist für den unternehmerisch Tätigen und für dessen Ehepartner gleich hoch und beträgt seit dem 1. Januar 2025 einkommensunabhängig monatlich 312 Euro. Den Beitrag muss der Unternehmer für alle versicherungspflichtigen Personen tragen. Eine Befreiung von der Beitragspflicht ist möglich bei einer außerlandwirtschaftlichen Tätigkeit oberhalb der Minijob-Grenze, während der Kindererziehungszeit oder bei der Pflege von Angehörigen.
Arbeitet der Ehegatte im landwirtschaftlichen Betrieb in einem sozialversicherungspflichtigen, entgeltlichen Beschäftigungsverhältnis mit, wird er Mitglied in der Landwirtschaftlichen Krankenkasse. Sie ist die berufsständische gesetzliche Krankenkasse für alle hauptberuflich selbstständigen landwirtschaftlichen Unternehmer und deren Familienangehörige.
Die Beiträge für Kranken- und Pflegeversicherung betragen die Hälfte des Unternehmerbeitrags und sind vom Landwirt zu tragen. Im Rahmen der Familienversicherung kann sich der Ehegatte, der aufgrund von Kindererziehung kein eigenes Einkommen erwirtschaftet, in der landwirtschaftlichen Krankenversicherung ohne zusätzlichen Beitrag kranken- und pflegeversichern.
Die erbrechtliche Seite einer Heirat
Nur in Rheinland-Pfalz und Brandenburg gibt es eine Höfeordnung. In allen anderen Bundesländern gilt somit das gesetzliche Erbrecht. Stirbt der Landwirt ohne Testament, greift die gesetzliche Erbfolge. Gesetzliche Erben sind vorrangig die Kinder des Landwirts, neben denen der Ehegatte zu einem Viertel als gesetzlicher Erbe berufen ist.
Hatten die Ehegatten zum Zeitpunkt des Todes keinen den Güterstand modifizierenden Ehevertrag geschlossen, erhöht sich der gesetzliche Erbteil des überlebenden Partners um ein Viertel der Erbschaft. Dieses Viertel gilt als Zugewinnausgleich. Wird der überlebende Ehegatte nicht Erbe und steht ihm kein Vermächtnis zu, so hat er einen Anspruch auf den Zugewinnausgleich sowie den Pflichtteil und möglicherweise einen Pflichtteilsergänzungsanspruch.
„Ein Testament ist ratsam, um eine Erbengemeinschaft zu vermeiden. Im Testament kann der Landwirt bestimmen, wer die betriebliche Nachfolge antreten soll“, weiß Holme. Sinnvoll kann eine gegenseitige Einsetzung der Eheleute als Erben sein. Dadurch lässt sich vermeiden, dass ein minderjähriges Kind den Betrieb erbt. Denn es benötigt bis zur Volljährigkeit einen vom Familiengericht bestellten Ergänzungspfleger, der sämtliche Entscheidungen im Betrieb trifft.
Gut zu wissen
Ehegatten sollten sich und die Familie für den Fall der Fälle mit Vollmachten absichern. Diese führen dazu, dass etwa bei einem Unfall mit anschließendem Koma das Gericht keinen fremden Betreuer einsetzt, der den landwirtschaftlichen Betrieb fortführt. Mehr zu Vollmachten und Verfügungen lesen Sie hier: https://de.ecovis.com/medizin/vorsorgevollmacht-und-patientenverfuegungen-unterschiede/