Achtung: Änderungen in der Grundstücksbewertung durch das Jahressteuergesetz 2022
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Achtung: Änderungen in der Grundstücksbewertung durch das Jahressteuergesetz 2022

4 min.

Die Bundesregierung will mit dem Jahressteuergesetz 2022 das Bewertungsgesetz ändern. Die Änderungen werden sich auf die Bewertungsverfahren bebauter Grundstücke auswirken. Ist eine Schenkung geplant, sollte diese in Einzelfällen noch vor dem Jahreswechsel 2022/2023 erfolgen, wie unsere Beispielrechnungen zeigen.

Eine Anrufung des Vermittlungsausschusses ist gescheitert. Der Bundestag stimmte daher dem Jahressteuergesetz (JStG) 2022 und auch den Änderungen im Bewertungsgesetz am 16. Dezember 2022 zu und verabschiedete das Gesetz.

Das Ertragswertverfahren ändert sich

Durch das JStG 2022 will der Gesetzgeber Parameter des Ertragswertverfahrens auf verschiedenen Ebenen ändern. Nicht nur die Liegenschaftszinsätze in Paragraph 188 (2) Bewertungsgesetz (BewG) will er anpassen (Artikel 12 Nr. 9 JStG 2022). Er will auch die Gesamtnutzungsdauer von 70 auf 80 Jahre anheben. Das gilt für

  • Ein- und Zweifamilienhäuser,
  • Mietwohngrundstücke,
  • Mehrfamilienhäuser,
  • Wohnungseigentum sowie
  • gemischt genutzte Grundstücke (Wohnhäuser und Mischnutzung)

Durch die Änderung der Liegenschaftszinssätze sind in der Folge andere Vervielfältiger (Anlage 21 BewG) anzuwenden.

Grundstücksartaktuelle Fassunggeplante Änderung
Mietwohngrundstück
(gewerblicher Anteil bis 20 %)
5,0 %3,5 %
gemischt genutzt
(gewerblicher Anteil bis 50 %)
5,5 %4,5 %
gemischt genutzt
(gewerblicher Anteil über 50 %)
6,0 %5,0 %
Geschäftsgrundstück
(gewerblicher Anteil über 80 %)
6,5 %6,0 %

Neue Regeln für die Bewirtschaftungskosten

Bisher waren die pauschalierten Bewirtschaftungskosten der Anlage 23 in Prozentwerten in Abhängigkeit der Restnutzungsdauer angegeben. In der durch das JStG 2022 geänderten Anlage 23 lassen sich die Bewirtschaftungskosten in Abhängigkeit der Nutzung unterteilen und teilweise durch absolute Werte ersetzen.

I. Bewirtschaftungskosten für Wohnzwecke
1. Verwaltungskosten (Basiswerte)
jährlich je Wohnung230 €
jährlich je Garage oder ähnlichem Einstellplatz30 €
2. Instandhaltungskosten (Basiswerte)
jährlich je Quadratmeter9 €
jährlich je Garage oder ähnlichem Einstellplatz68 €
3. Mietausfallwagnis
jährlicher Rohertrag2 %
II. Bewirtschaftungskosten für gewerbliche Nutzung
1. Verwaltungskosten
jährlicher Rohertrag3 %
2. Instandhaltungskosten
jährlich je Quadratmeter Nutzfläche (alle Gebäudearten der Anlage 24, Teil II., mit Ausnahme der nachfolgend genannten Gebäudearten)100 Prozent der Instandhaltungskosten je Quadratmeter Wohnfläche gemäß I.2.
jährlich je Quadratmeter Nutzfläche (Gebäudeart 13 der Anlage 24, Teil II.)50 Prozent der Instandhaltungskosten je Quadratmeter Wohnfläche gemäß I.2.
jährlich je Quadratmeter Nutzfläche (Gebäudeart 15 bis 16 und 18 der Anlage 24, Teil II.)30 Prozent der Instandhaltungskosten je Quadratmeter Wohnfläche gemäß I.2.
3. Mietausfallwagnis
jährlicher Rohertrag4 %
Beispielrechnung: Mietwohngrundstück (Baujahr 2000) mit einfacher Ausstattung ohne durchgreifende Renovierung.
VariableParameter
Grundstücksfläche400 m2
Bodenrichtwert500 €/m2
Grundstückswert200.000 €
Mieteinnahmen Gebäudeteil EG, 50 m21.000 €/Monat
Mieteinnahmen Gebäudeteil OG, 50 m21.000 €/Monat
Mieteinnahmen Gebäudeteil DG, 50 m21.000 €/Monat
Bewirtschaftungskosten alt23 %
Bewirtschaftungskosten neu (Jahreswert)
= Verwaltungskosten (230 € x 3 Wohnungen)690 €
+ Instandhaltungskosten (9 € x 150 m2)1350 €
+ Mietausfallwagnis (2 % x 36.000 €)720 €
Liegenschaftszins alt5,0 %
Liegenschaftszins neu3,5 %

Insbesondere in ballungsraumnahen Gegenden, in denen der Gutachterausschuss keine Liegenschaftszinssätze veröffentlicht, hat dies weitreichende Auswirkungen, zum Beispiel im Landkreis München. Gestaltungen, wie das Zusammenlegen mehrerer Wohnungen (Sachwertverfahren) zu einem Mietwohngrundstück (Ertragswertverfahren), können also zukünftig weniger steuerliche Vorteile bringen als bisher. Tatsächlich führt das Ergebnis aber oftmals zu realistischeren Grundbesitzwerten.

Änderung beim Sachwertverfahren

Durch das JStG 2022 ergeben sich auch Änderungen beim Sachwertverfahren. Zum einen wirkt sich die Änderung der Nutzungsdauer von Ein- und Zweifamilienhäusern, Mietwohngrundstücken, Mehrfamilienhäusern, Wohnungseigentum sowie von gemischt genutzten Grundstücken (Wohnhäuser und Mischnutzung) von 70 auf 80 Jahre aus. Diese Änderung setzt den Abzug der Alterswertminderung herab. Zum anderen beschreibt Nummer 11 des Artikels 12 im Regierungsentwurf signifikante Änderungen des Paragraphen 190 BewG:

Ermittlung des Gebäudesachwerts

Der Sachwert des Gebäudes ist zukünftig nach folgender Rechnung zu ermitteln:

Durchschnittliche Herstellungskosten:

Die durchschnittlichen Herstellungskosten errechnen sich durch die Multiplikation der Regelherstellungskosten (gemäß der Absätze 1 und 2 des Paragraphen 190 BewG) mit der Brutto-Grundfläche des Gebäudes sowie dem Baupreisindex nach dem neuen Absatz 4 (dem ehemaligen Absatz 2 des Paragraphen 190 BewG). Zum Jahreswechsel werden auch die Regelherstellungskosten angepasst.

Regionalfaktor:

Dieser Faktor ergibt sich dabei aus dem neuen Absatz 5 in Paragraph 190 BewG. Durch Regionalfaktoren lässt sich der Unterschied zwischen dem bundesdurchschnittlichen und dem regionalen Baukostenniveau berücksichtigen. Liegt dabei kein Regionalfaktor des Gutachterausschusses vor, ist ein Wert von 1,0 anzuwenden.

Alterswertminderungsfaktor:

Dies entspricht dem Verhältnis der Restnutzungsdauer des Gebäudes am Bewertungsstichtag zur Gesamtnutzungsdauer nach Anlage 22. Die Restnutzungsdauer wird grundsätzlich aus dem Unterschiedsbetrag zwischen der Gesamtnutzungsdauer, die sich aus der Anlage ergibt, und dem Alter des Gebäudes am Bewertungsstichtag ermittelt. Durch die Verlängerung der Nutzungsdauer der oben genannten Einheiten wird dieser Faktor im Durchschnitt geringer ausfallen. Das Alter des Gebäudes ist durch Abzug des Jahres der Bezugsfertigkeit des Gebäudes vom Jahr des Bewertungsstichtags zu bestimmen.

Anpassung der Wertzahlen

Nummer 12 des Artikel 12 regelt auch eine Neufassung des Paragraphen 191 BewG, wie Wertzahlen anzuwenden sind. Ermitteln die Wertzahlen dabei nicht die Gutachterausschüsse, sind diese der Anlage 25 (zu Paragraph 191 Satz 2 BewG) zu entnehmen, die an das aktuelle Marktniveau angepasst sind.

Beispiel: Bei einem Einfamilienhaus, für das ein vorläufiger Sachwert (Bodenwert + Gebäudesachwert) von 400.000 Euro ermittelt wurde, bestand bei einem Bodenrichtwert von 500 Euro pro Quadratmeter bisher eine Wertzahl von 1,0. Das Jahressteuergesetz 2022 sieht für dieses Einfamilienhaus nun eine Wertzahl von 1,4 vor. Da die Wertzahl mit dem vorläufigen Sachwert zu multiplizieren ist, ergäbe sich in diesem Fall allein durch die Änderung der Wertzahlen eine Wertsteigerung des Grundstückes von 40 Prozent.

Beispielrechnung für ein Einfamilienhaus mit einfacher Ausstattung, 40 Jahre Restnutzungsdauer:

VariableGrößeEinheit
Grundstücksfläche400m2
Bodenrichtwert500€/m2
Bruttogrundfläche350m2
Baupreisindex129,20%
AusstattungAlterswertminderung
  • ohne Keller
  • mit Obergeschoss
  • Dachgeschoss nicht ausgebaut
alte Rechtslage
>31/70
= 44,29 %
neue Rechtslage
31/80 = 38,75 %
WertzahlRegionalfaktorGrundbesitzwert
alte Rechtslage1,0399.018 €
neue Rechtslage1,41,1586.487 €

Fazit

„Die Änderungen des Jahressteuergesetzes 2022, die zum Stichtag 31. Dezember 2022 in Kraft treten, haben gravierende Auswirkungen auf Ertragswert- und Sachwertverfahren zur Grundstücksbewertung. Vor allem in dicht besiedelten Regionen ist davon auszugehen, dass die Grundbesitzwerte ansteigen“, sagt Ecovis-Steuerberaterin Ayla Yagci-Seven in Augsburg.

Ayla Yagci-Seven
Steuerberaterin in Augsburg
Tel.: +49 821-344 56 0

Kontakt Ecovis:

Unternehmenskommunikation
Tel.: +49 89 5898-266 presse@ecovis.com

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