Arbeitsrecht: Diebstahl im Unternehmen
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Arbeitsrecht: Diebstahl im Unternehmen

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Es kommt immer wieder vor, dass Mitarbeiter etwas aus dem Unternehmen mitgehen lassen. Die Rechtslage erlaubte bislang eine fristlose Kündigung. Das ist nicht mehr grundsätzlich der Fall, denn es kann auf die Umstände und den Wert der entwendeten Sache ankommen.

Wenn Beschäftigte lange Finger machen, ist das alles andere als ein Kavaliersdelikt. Damit verbunden ist nämlich meist auch ein Vertrauensverlust. Die Rechtslage ist in solchen Fällen eigentlich eindeutig. Der Arbeitgeber kann in der Regel fristlos kündigen. „Es kommt ab und zu vor, dass ich mit solchen Fällen konfrontiert bin“, sagt Gunnar Roloff, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht bei Ecovis in Rostock: „Diebstahl bedeutet Vertrauensverlust und kann den Arbeitgeber zu einer außerordentlichen Kündigung berechtigen.“ Das gilt aber nicht immer.

Ein Urteil läutete den Paradigmenwechsel ein

Ein Urteil des Bundesarbeitsgerichts hat vor einigen Jahren die lange bestehende Rechtssicherheit infrage gestellt. Der Fall der Kassiererin Emmely sorgte 2009 bundesweit für Schlagzeilen. Die Betroffene hatte im Supermarkt zwei ihr nicht gehörende Flaschenpfandbons im Wert von 1,30 Euro eingelöst. Daraufhin war ihr fristlos gekündigt worden. Das Gericht hielt letztinstanzlich eine Kündigung nach einer 31-jährigen beanstandungsfreien Beschäftigung für unverhältnismäßig und unwirksam. Besondere Umstände können also Kündigungen im Einzelfall unwirksam machen.

Auch Rechtsanwalt Roloff rät zur Betrachtung jedes Einzelfalls. „Wenn jemand einen Kugelschreiber mit nach Hause nimmt, sollte sich der Arbeitgeber überlegen, ob eine Kündigung notwendig ist“, findet er. Hier sind die Umstände des Einzelfalls für die Beurteilung der Rechtslage maßgeblich.

Schon im Verdachtsfall kündigen?

Grundsätzlich kann eine Kündigung bereits bei einem bloßen Diebstahlsverdacht erfolgen. In diesem Fall ist der Arbeitnehmer aber zu den Vorwürfen anzuhören. „In der Praxis sind Verdachtskündigungen häufiger, als man denkt. Sie sind insbesondere dann berechtigt, wenn es wiederholte Auffälligkeiten, etwa bei Abrechnungen, gibt, die das Vertrauen erschüttern“, meint Roloff. Fristlose Kündigungen müssen dann maximal zwei Wochen nach Bekanntwerden des Kündigungsgrunds erfolgen.

Eigenmächtige Überwachungsmaßnahmen oder Kontrollen von Verdächtigen durch den Arbeitgeber sind nur in Ausnahmefällen und bei einem konkreten Verdacht strafbarer Handlungen zu empfehlen – möglichst unter Hinzuziehen eines Rechtsvertreters. Das gilt insbesondere für Taschenkontrollen, das Installieren von Überwachungskameras oder gar das Abhören von Telefonen. Denn das verletzt die Persönlichkeitsrechte des Mitarbeiters.

Grundsätzlich empfiehlt es sich, gerade bei Bagatelldelikten, auch den sozialen Hintergrund des betroffenen Beschäftigten, dessen Alter oder die Dauer seiner Tätigkeit zu berücksichtigen. „Da genügt manchmal eine Abmahnung“, weiß Ecovis-Rechtsanwalt Roloff.

Dr. Gunnar Roloff
Rechtsanwalt in Rostock
Tel.: +49 381 12 88 49 0

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