Bautagebuch und Bauüberwachung: Wie Architekten ihre Haftung durch Dokumentation minimieren können
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Bautagebuch und Bauüberwachung: Wie Architekten ihre Haftung durch Dokumentation minimieren können

Zu der Bauüberwachung eines Architekten zählt insbesondere die Überwachung gefahrträchtiger Bauarbeiten. Denn zeigen sich zu einem späteren Zeitpunkt Mängel an diesen Arbeiten, können Bauherren dem Architekten eine mangelverursachende, unzureichende Bauaufsicht vorwerfen. Dann muss er für die Mangelbeseitigung und für eingetretene Schäden haften. Wie sich Architekten von der Haftung befreien können, weiß Alexander Ronert, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht bei Ecovis in München.

Ansprechpartner

Alexander Ronert, LL.M.
Rechtsanwalt in München
Tel.: +49 89-21 75 16 800

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Der Fall: Schadensersatzklage aufgrund von Baumängeln

Ein Bauherr beauftragte einen Architekten mit dem Neubau einer Unternehmervilla, einschließlich der Objektüberwachung. Zwei Jahre nach Errichtung der Villa zeigten sich Feuchtigkeitsschäden an der Dachuntersicht. Der Architekt wies die Mängel zurück. Der Bauherr leitete daher ein selbstständiges Beweisverfahren gegen den Architekten ein. Das Ergebnis: Neben einer mangelhaften Planung des Architekten hatten die Handwerker die Dampfbremsen, die keinen erforderlichen bauaufsichtlichen Verwendungsnachweis besaßen, mangelhaft an unverputztes Mauerwerk angeschlossen. Zudem zeigte sich, dass die untere Dampfbremse nicht abgedichtete Durchdringungen durch Rohre und Kabel aufwies. Darüber hinaus war die Dachschalung bereits beim Einbau partiell feucht.
Aufgrund der gutachterlichen Feststellungen verklagte der Bauherr den Architekten auf Schadensersatz in Höhe von 258.308,54 Euro. Der Architekt wandte daraufhin ein, dass seine Mitarbeiterin den Einbau der Dichtheitsschicht überwacht habe. Das Landesgericht (LG) Köln entschied jedoch, dass der Architekt den Schadensersatz trotzdem in voller Höhe zahlen müsse. Dagegen legte der Architekt vor dem Oberlandesgericht (OLG) Köln Berufung ein.

Entscheidung des OLG Köln: Verstoß gegen Überwachungspflicht

Das OLG Köln wies die Berufung des Beklagten zurück (Urteil vom 11. Januar 2021, 7 U 39/23). Das LG Köln habe zu Recht entschieden, dass wegen der am Dach vorhandenen Baumängel der erste Anschein dafür spricht, dass der Beklagte einen Bauüberwachungsfehler begangen habe. Die vom Handwerker erbrachten Dachdeckerarbeiten, also die Ausführung von Dampfsperrbahnen und einer Wärmedämmung, stellen auch schwierige beziehungsweise gefahrenträchtige Arbeiten darstellten. Sie erfüllen somit die Voraussetzung für einen Anscheinsbeweis einer mangelhaften Bauüberwachung.
Diesen Anscheinsbeweis konnte er auch nicht durch seine Behauptung entkräften, seine Mitarbeiterin habe den Einbau der Dichtheittsschicht überprüft. Hierfür hätte der Architekt nach Meinung des Gerichts detailiiert darstellen müssen, was genau seine Mitarbeiterin geprüft hat. Da er dies nicht konnte, hafte er infolge einer mangelhaften Obektüberwachung für die Mängel.

Hinweise für die Praxis: Bautagebuch schützt vor Haftung

Die Entscheidung des OLG Köln zeigt, dass bauüberwachende Architekten ein Bautagebuch führen sollten. Auch der Grundleistungskatalog zur Leistungsphase 8 sieht eine Dokumentation im Rahmen der Bauüberwachung vor (Anlage 10 zu Paragraph 34 Abs. 4, § 35 Abs. 7 HOAI). Demnach muss der Architekt den Bauablauf dokumentieren, zum Beispiel durch ein Bautagebuch. Zeigen sich wie gewöhnlich erst zu einem späteren Zeitpunkt Mängel, kann der Architekt nach dessen Durchsicht zu seiner Enthaftung vortragen, an welchem Tag, um welche Uhrzeit er die mangelbehaftete Leistung überwacht hat.
„Für Einträge in das Bautagebuch muss ein Architekt auch nicht täglich auf der Baustelle sein“, erklärt Ecovis-Rechtsanwalt Alexander Ronert. „Die Bauablaufdokumentation muss er außerdem nur dann führen, wenn er zu einer Überwachungstätigkeit verpflichtet ist, also bei gefahrgeneigten Bauarbeiten“, weiß der Experte.
Handwerkliche Selbstverständlichkeiten, das heißt einfache Bauarbeiten, müssen Architekten dagegen nicht zwingend überwachen und dokumentieren. Hier muss der Architekt im Streitfall lediglich die Einweisung, die Vornahme von Stichproben und eine Endkontrolle beweisen können. Das stellte das OLG Jena klar (Urteil vom 17. Februar 2022, 8 U 1133/20).
„Sind sich Architekten unsicher, unter welche Kategorie ein zu überwachender Bauabschnitt oder eine Bauleistung fällt, rate ich dazu, vorsichtshalber von einer Überwachungspflicht, mindestens aber von der Pflicht zur Vornahme von Stichproben auszugehen und diese zu dokumentieren “, sagt Ronert. So können sie vermeiden, dass ihnen im Fall späterer Mängel eine ausgebliebene oder unzureichende Bauüberwachung vorgeworfen werden kann.

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