Begünstigungstransfer im Erbfall: Was für Erbengemeinschaften gilt
Bislang war ein Begünstigungstransfer im Zuge der Erbauseinandersetzung nur innerhalb von sechs Monaten ab dem Erbfall möglich. Jetzt hat der Bundesfinanzhof klargestellt, dass ein Begünstigungstransfer unter bestimmten Voraussetzungen auch nach Ablauf dieser Frist erfolgen kann. Die Details kennt Ecovis-Steuerberater und -Wirtschaftsprüfer Peter Knop aus München.
Das Grundprinzip des Begünstigungstransfers
Der Begünstigungstransfer ist die Übertragung von erbschaftsteuerlichen Begünstigungen zwischen Miterben bei einer Erbauseinandersetzung. Darunter fallen zum Beispiel die Steuerbefreiung des Familienheims oder Verschonungsabschläge für Betriebsvermögen.
Wenn mehrere Personen gemeinsam steuerbegünstigtes Vermögen erben und eine dieser Personen das begünstigte Vermögen im Rahmen der Erbauseinandersetzung vollständig übernimmt, kann sie unter bestimmten Bedingungen die Steuerbegünstigung für das gesamte übernommene Vermögen in Anspruch nehmen. Das bedeutet, dass die übernehmende Person nicht nur für ihren Anteil, sondern für das gesamte begünstigte Vermögen die Erbschaftsteuerbefreiung geltend machen kann.
Der Begünstigungstransfer erfolgt dabei durch einen Austausch des Vermögens im Rahmen der Erbauseinandersetzung.
Der Fall vor dem Bundesfinanzhof
Im konkreten Fall erbten zwei Brüder jeweils zur Hälfte von ihren Eltern, die im Jahr 2015 kurz hintereinander verstorben waren. Zum Nachlass gehörten unter anderem mehrere Grundstücke sowie eine Beteiligung an einer Kommanditgesellschaft (KG-Anteil). Diese übertrugen die Brüder im Jahr 2018 im Rahmen der Erbauseinandersetzung untereinander.
Der KG-Anteil ist begünstigtes Vermögen in der Erbschaftsteuer, für den das Finanzamt einen erbschaftsteuerlichen Verschonungsabschlag gewährt. Unter den Grundstücken befand sich auch das Familienheim. Es kann unter gewissen Voraussetzungen von der Erbschaftsteuer befreit sein.
Das Urteil
Der Bundesfinanzhof (BFH) entschied in seinem Urteil vom 15. Mai 2024 (II R 12/21), dass der Begünstigungstransfer im Rahmen der Erbauseinandersetzung für den KG-Anteil nach Paragraph 13a Erbschaftsteuergesetz (ErbStG) sowie die Steuerbefreiung für das Familienheim (Paragraph 13 Abs. 1 Nr. 4c ErbStG) auch nach Ablauf des normalerweise geltenden Zeitraums von sechs Monaten möglich ist.
Damit Erbinnen und Erben von dem Begünstigungstransfer profitieren können, müssen sie bestimmte Voraussetzungen erfüllen:
- Austausch während der Erbauseinandersetzung: Die Erbauseinandersetzung ist der Prozess, in dem das Vermögen einer Erbengemeinschaft zwischen den Erben aufgeteilt wird. Damit der Begünstigungstransfer möglich ist, muss der Austausch der Vermögenswerte noch während der Erbauseinandersetzung stattfinden. Nach der Erbauseinandersetzung, das bedeutet nach der erstmaligen Aufteilung der Nachlassgegenstände, ist ein Begünstigungstransfer nicht mehr möglich.
- Vermögen muss aus dem Nachlass stammen: Das Vermögen, das die übernehmende Person abgibt, muss Teil des Nachlasses sein. Eine Zuzahlung oder Ähnliches zur Aufteilung des Nachlasses ist nicht zulässig.
Was gilt für Erbengemeinschaften?
Der BFH hat in seiner Entscheidung betont, dass die Übertragung im Rahmen der Erbauseinandersetzung nicht zwingend innerhalb von sechs Monaten nach dem Erbfall unter den Erben erfolgen muss. „In der Praxis kommt es oft zu Streitigkeiten zwischen den Erben. Das kann dazu führen, dass sich Erbauseinandersetzungen in die Länge ziehen“, weiß Ecovis-Steuerberater Peter Knop. „Vor diesem Hintergrund ist die Entscheidung des BFH, dass ein Begünstigungstransfer auch außerhalb der sechsmonatigen Frist möglich ist, sehr begrüßenswert“, sagt der Experte.