Digitaler Zugriff

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Die elektronische Betriebsprüfung nimmt zunehmend auch betriebliche Informationssysteme unter die Lupe. Bei Unregelmäßigkeiten drohen harte Sanktionen.

Mehr als 13.500 Betriebsprüfer waren im vergangenen Jahr für die deutschen Bundesländer im Einsatz. Gegenüber 2010 ist ihre Zahl damit zwar nur um rund 300 gestiegen. Die Effizienz der Prüfer aber nimmt beständig zu, seitdem sie die Instrumente der digitalen Betriebsprüfung immer konsequenter einsetzen. Dabei helfen elektronische Programme nicht nur, Daten der Buchhaltung in kürzester Zeit auf Plausibilität hin zu analysieren. „Die Finanzbehörden prüfen mit ihren Software-Tools gezielt auch die von den Unternehmen selbst installierten Informations- und Kontrollsysteme, um Unregelmäßigkeiten auf die Spur zu kommen“, sagt Steuerberater Dirk Eichler.

Warenwirtschaftssysteme im Visier der Prüfer

Moderne Wirtschaftsabläufe zwingen Unternehmen immer häufiger dazu, ihre Prozesse mittels leistungsfähiger EDV-Systeme zu steuern und zu überwachen. Doch in der Vielzahl der gesammelten Daten verbergen sich für die Unternehmen auch Gefahren und unerkannte Risiken.

Insbesondere die Finanzverwaltung hat erkannt, dass sich aus den Datenspeichern der Unternehmen – vor allem aus Warenwirtschaftssystemen – Informationen mit steuerlicher Relevanz gewinnen lassen. Moderne Warenwirtschaftssysteme protokollieren sämtliche Wareneingänge und Warenausgänge zu ihren jeweiligen Preisen. Betriebsprüfer müssen hier nur noch zugreifen, um die Daten dann mit ihren eigenen Programmen systematisch auf Fehler und Lücken zu überprüfen. „Während falsch eingegebene Warenbezeichnungen, Mengen oder Preise früher aufgrund von Stichproben eher zufällig ans Tageslicht kamen, lassen sie sich heute per Datenabgleich in Sekundenschnelle ermitteln“, betont Anja Hausmann, Steuerberaterin bei Ecovis. Hellhörig werden die Prüfer beispielsweise, wenn die Verkaufspreise unter den Einstandspreisen liegen. Ein Grund dafür können übliche Preisnachlässe im Zuge von Rabattaktionen sein. Möglicherweise sind die betreffenden Waren einem Geschäftspartner oder einem Arbeitnehmer gratis oder mit unüblich hohen Preisnachlässen überlassen worden, um ihm Vorteile zu verschaffen. Das allerdings hätte steuerliche Konsequenzen. So sind Sachgeschenke in ihrer Eigenschaft als geldwerte Vorteile steuerpflichtig. Darüber hinaus erscheinen die in Verbindung mit dem Einkauf dieser Waren geltend gemachten Betriebsausgaben sowie der Vorsteuerabzug in einem anderen Licht.

Die eingehende Analyse des elektronischen Warenwirtschaftssystems kann zudem zeigen, ob die vom Unternehmer angegebenen üblichen Warenbestände oder die üblichen Fehlmengen im Warenbestand realistisch sind. „Auch damit wollen die Finanzbehörden kontrollieren, ob die geltend gemachten Betriebsausgaben tatsächlich zu Einnahmen führen“, sagt Eichler. So werden die Kosten des Wareneinkaufs als gewinnmindernde Betriebsausgaben erfasst. Dementsprechend muss eine Warenentnahme für private Zwecke auch als Betriebseinnahme erfasst werden. Betriebsprüfer können sehr genau zurückverfolgen, welche Personen wann zu Unregelmäßigkeiten beigetragen haben. Denn die Erfassung der Warenbewegungen ist im Warenwirtschaftssystem in der Regel eng verknüpft mit vielen anderen betrieblichen Vorgängen, von der Auftragsbearbeitung bis zur Rechnungserstellung und vom Zahlungsverkehr bis zum Bestellwesen und der Lagerhaltung. Damit lassen sich auch vertrauliche Daten zu Personen ermitteln. Wer war wann in einen bestimmten Vorgang involviert? Sind einzelne Mitarbeiter oder ist der Firmenchef gar selbst für Tricksereien verantwortlich?

Beiläufige Gefälligkeiten gegenüber Kunden können schwerwiegende Folgen haben. So hat es bereits Fälle gegeben, in denen der fürs private Heim erworbene Fernseher als PC-Kauf für die Firma deklariert wurde. „Ein solches Vorgehen ist Betrug und auch Steuerhinterziehung“, so Anja Hausmann. Zum Nachweis des Delikts hatten sich die Betriebsprüfer gezielt Daten aus dem Warenwirtschaftssystem elektronisch auf ihre Computer überspielen lassen. Innerhalb von wenigen Minuten konnten sie dann durch Gegenüberstellungen von mehr als 200.000 Einkaufs- und Verkaufsdatensätzen das Vergehen nachweisen. Selbst der verantwortliche Bearbeiter war in jedem einzelnen Datensatz des Systems gleich mitgespeichert. In solchen Fällen gibt es kaum noch Ausreden. Dirk Eichler: „Die Betriebsprüfer kennen die Systeme sehr gut und wissen, welche Daten sie liefern und wie man sie abruft“.

Informationssysteme sorgfältig steuern

Selbst das Löschen von Daten kann gefährlich sein, denn auch solche Vorgänge werden durch die Programme registriert und mit allen Einzelheiten gespeichert. Die Prüfer gehen bei Löschvorgängen meist davon aus, dass man belastende Informationen oder Spuren vernichten wollte. Dann werden Indizienketten aufgebaut und Fragen nach den Gründen für das Löschen der Daten gestellt. „Tendenziell wird das Verschwinden von Datensätzen, auch wenn es versehentlich geschieht, zum Nachteil des Steuerpflichtigen ausgelegt“, erklärt Steuerberater Dirk Eichler.

Generell verfügen die Finanzbehörden aufgrund der zahllosen bei ihnen gespeicherten Daten bei der Analyse der betrieblichen Informationssysteme über einen oft unterschätzten Wissensvorsprung. Unternehmer sollten auch deshalb darauf achten, ihre EDV-Programme mit größter Sorgfalt zu bedienen, Mitarbeiter zu schulen und die Arbeitsabläufe des Warenwirtschaftssystems immer wieder auf den Prüfstand zu stellen. Was geschieht, wenn Waren zurückgenommen werden? Was passiert, wenn sie gegen andere Waren oder gegen Geld getauscht werden? Ratsam ist die exakte Steuerung der Prozesse nicht zuletzt deshalb, weil auch Bedienungsfehler möglicherweise negativ ausgelegt werden. Kurz nach Einführung der Programme akzeptieren die Betriebsprüfer je nach Art der Fehler zwar häufig noch eine gewisse Unwissenheit. „Bei Wiederholungen aber werden Fehler deutlich härter sanktioniert“, warnt Anja Hausmann.

Auf neue Kassensysteme einstellen

Zur Datenübergabe an das Finanzamt gehören – beispielsweise in der Gastronomie oder im Einzelhandel – auch elektronische Kassensysteme. Die Finanzbehörden können damit gewünschte Daten systematisch und erfolgreicher erfassen als manuell gespeicherte Unterlagen. In Umsetzung der „Grundsätze zum Datenzugriff und zur Prüfbarkeit digitaler Unterlagen (GDPdU)“ treten ab Januar 2017 deshalb strengere Vorgaben der Finanzverwaltung an elektronische Registrierkassen und Kassensoftware in Kraft. „Unternehmen sollten diese Anforderungen bei der Anschaffung neuer Kassensysteme schon jetzt berücksichtigen“, rät Manfred Klein, Vertriebsleiter Gastrosysteme des IT-Systemhauses MCM Micro Computer Managing GmbH in Neumarkt. So müssen alle digitalen Aufzeichnungen in einer Kasse ab 2017 zehn Jahre lang gespeichert werden, wobei die Datenbank nicht anfällig gegen Manipulationen sein darf. „Die Kasse sollte zudem die Daten der fortlaufend nummerierten Rechnungsbons auf Knopfdruck für die Analysesoftware Idea des Betriebsprüfers zur Verfügung stellen können“, erklärt Klein.

Worüber wir reden sollten

  • Welche Schnittstellen können zwischen den einzelnen Programmen genutzt werden?
  • Werden Arbeitsabläufe und Erfassungsprozesse des Warenwirtschaftssystems so gesteuert, dass keine Unstimmigkeiten mit der Finanzbuchhaltung auftreten?
  • Erfolgt eine regelmäßige Kontrolle der Warenbestände an bestimmten Stichtagen?

 

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