Doppelbesteuerungsabkommen Schweiz-Deutschland: Gilt die Grenzgängerregelung für Piloten im internationalen Luftverkehr?
Mit seinem Urteil vom 1. August 2024 klärte der Bundesfinanzhof (BFH) wesentliche Aspekte der Doppelbesteuerung und Anwendung des Doppelbesteuerungsabkommens (DBA) zwischen Deutschland und der Schweiz. Was das für international Tätige bedeutet, weiß Steffen Baierlein, Steuerberater bei Ecovis in Neumarkt.
Doppelbesteuerung des Arbeitslohns mit dem DBA vermeiden
Das Doppelbesteuerungsabkommen zwischen Deutschland und der Schweiz (DBA-Schweiz) regelt, welcher Staat das Besteuerungsrecht für den Arbeitslohn eines Arbeitnehmers erhält, der in beiden Staaten tätig ist. Das soll eine Doppelbesteuerung des Lohns vermeiden.
Das DBA enthält eine Sonderregelung für Einkünfte aus der Tätigkeit an Bord eines im internationalen Verkehr eingesetzten Luftfahrzeugs. Diese Regelung besagt, dass der Staat den Lohn besteuern darf, in dem sich der Ort der tatsächlichen Geschäftsleitung des Arbeitgebers befindet.
Grenzgängerregelung als Sonderfall
Fällt ein Arbeitnehmer allerdings unter die Grenzgängerregelung des DBA, darf der Wohnsitzstaat das Gehalt trotzdem besteuern – ohne Rücksicht auf den Arbeitsort im Ausland. Laut dem DBA mit der Schweiz kann der Tätigkeitsstaat von diesen Vergütungen eine Steuer im Abzugsweg erheben. Diese Steuer darf dann jedoch nicht 4,5 Prozent des Bruttobetrags der Vergütungen übersteigen.
Der Fall: Pilot mit Wohnsitz in der Schweiz
Der Kläger ist ein in der Schweiz ansässiger Pilot. Im Streitjahr 2017 arbeitete er für ein Luftfahrtunternehmen mit Geschäftsleitung und Sitz in Deutschland. Seine Tätigkeit umfasste Interkontinental- und Langstreckenflüge, die er immer von einem Flughafen in Deutschland aus startete und beendete. Nach der Rückkehr von internationalen Flugeinsätzen fuhr er direkt zu seinem Wohnsitz in der Schweiz. Weil er aus seiner Sicht deshalb unter die Grenzgängerregelung fällt, beantragte der Pilot die Erstattung von der zu viel einbehaltene Lohnsteuer in Höhe des Betrags, um den diese die Quellensteuer von 4,5 Prozent überstieg.
Das Urteil: Steuerpflicht des Pilotengehalts auch in Deutschland
Mit seiner Argumentation scheiterte der Pilot allerdings nun vor dem BFH. Die Richter entschieden, dass obwohl der Pilot nur in der Schweiz einen Wohnsitz hat, er mit seinen Einkünften in Deutschland steuerpflichtig ist (VI R 32/21). Da der Pilot für ein Unternehmen mit Geschäftsleitung in Deutschland arbeitet, unterliegen die Einkünfte der beschränkten Steuerpflicht in Deutschland. Der Arbeitgeber behielt demnach zu Recht vom Arbeitslohn des Piloten die Lohnsteuer und den Solidaritätszuschlag ein.
Der BFH führte weiter aus, dass das DBA Grenzgänger als Personen definiert, die regelmäßig von ihrem Arbeitsort im anderen Vertragsstaat an ihren Wohnsitz zurückkehren. Da der Kläger seine Arbeit hauptsächlich an Bord des Flugzeugs im internationalen Verkehr und nicht an einem festen Ort in Deutschland ausübte, erfülle er diese Voraussetzungen nicht.
Unser Tipp: Informieren Sie sich über Sonderregelungen
Der BFH stellte klar, dass Piloten im internationalen Luftverkehr nicht unter die Grenzgängerregelung des DBA zwischen Deutschland und der Schweiz fallen, weil sie ihre Arbeit nicht an einem festen Ort ausüben.
„Piloten sollten sich bewusst sein, dass ihre Tätigkeit im internationalen Verkehr steuerlich besonders behandelt wird“, sagt Ecovis-Steuerberater Steffen Baierlein in Neumarkt. „Wir empfehlen daher eine genaue Analyse der jeweiligen DBA-Regelungen, damit Sie steuerliche Überraschungen vermeiden können“, sagt der Experte.