Insolvenz: Die Krise bewältigen

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Der Bundesfinanzhof hat die steuerliche Begünstigung von Sanierungsgewinnen gekippt. Die Rettung angeschlagener Firmen wird dadurch schwieriger, aber nicht unmöglich. Ein von der Bundesregierung angekündigtes Gesetz könnte schon bald für Rechtssicherheit sorgen.

Es sind gute Nachrichten, die das Statistische Bundesamt zu den Unternehmensinsolvenzen in Deutschland verkündet. So ist im Jahr 2016 nicht nur deren Zahl gegenüber dem Vorjahr zurückgegangen. Mit insgesamt 21.518 Fällen liegt sie jetzt sogar auf dem niedrigsten Stand seit Einführung der Insolvenzordnung im Jahr 1999. Damals wurden bessere Möglichkeiten zur Sanierung geschaffen. Der aktuelle Trend hat aber vor allem mit der guten Konjunktur und der anhaltend guten Bilanzqualität der Firmen zu tun. Dennoch: Unternehmenskrisen lassen sich auch in einem solchen Umfeld nicht vermeiden. Wer rechtzeitig und in Abstimmung mit den Gläubigern gegensteuert, kann jedoch die Weichen für eine bessere Zukunft unter neuen Vorzeichen stellen.

Steuer schmälert Sanierungschancen

Eine schlechte Nachricht ist vor diesem Hintergrund der Beschluss des Bundesfinanzhofs (BFH), den „Sanierungserlass“ des Bundesfinanzministeriums aus dem Jahr 2013 aufzuheben. Darin war bislang die steuerliche Begünstigung von Gewinnen geregelt. Diese entstehen durch vollständigen oder zumindest teilweisen Verzicht der Gläubiger auf ihre Forderungen, um so die Sanierung des Unternehmens zu erreichen. Diese Begünstigungen hat der BFH nun gekippt. Was bedeutet das für Firmen, die sich aktuell um die Korrektur einer Schieflage bemühen? Machen Rettungsmaßnahmen unter dem Vorzeichen einer entsprechenden steuerlichen Belastung überhaupt noch Sinn? Sicher scheint: Nach dem BFH-Beschluss werden die Finanzämter die Steuerfreiheit von Sanierungsgewinnen vorerst nicht mehr akzeptieren. „Das führt dazu, dass Sanierungen im Moment ausgesprochen schwierig, wenn nicht unmöglich werden“, sagt Ecovis-Rechtsanwalt Professor Tobias Schulze in Rostock.

Warten auf den Gesetzgeber

Für Unsicherheit sorgt die Entscheidung des BFH zumindest vorübergehend. Allerdings besteht auch Hoffnung auf bald wieder zuverlässige Rahmenbedingungen. Denn die Bundesregierung hat noch für diese Legislaturperiode eine grundsätzliche gesetzliche Regelung angekündigt. Wichtig auch: Nicht alle Unternehmen, die Sanierungsmaßnahmen planen, sind vom BFH-Beschluss betroffen. Zu Sanierungsgewinnen kommt es in der Praxis vor allem dann, wenn der teilweise oder vollständige Forderungsverzicht von Gläubigern auf der Aktivseite zu einem außerordentlichen Ertrag führt. Vor diesem Hintergrund lohnt sich insbesondere ein Blick auf bestehende Verlustvorträge, die sich häufig bereits im Vorfeld der akuten Schieflage aufgebaut haben. „Sanierungsgewinne werden nur besteuert, soweit sie nicht mit dem Verlustvortrag verrechnet werden können“, sagt Schulze. Bei einem Rangrücktritt, mit dem der Gläubiger die Forderung solange stundet, bis das Vermögen ausreicht, um wieder alle Verbindlichkeiten und das Stammkapital zu decken, entsteht kein steuerpflichtiger außerordentlicher Ertrag. Allerdings muss die Vereinbarung mit dem Gläubiger so gestaltet sein, dass sie den BFH-Anforderungen eines qualifizierten Rangrücktritts entspricht.

Wege aus der Krise

Erscheint das Unternehmen als sanierungswürdig und sanierungsfähig, bieten sich für die Rettung zwei Lösungswege unter Einbindung der Gläubiger an.

1. „Das Unternehmen kann mit den Gläubigern einen außergerichtlichen Entschuldungsvergleich schließen und hinsichtlich der steuerlichen Behandlung eine verbindliche Anfrage an das Finanzamt stellen“, sagt der Ecovis-Rechtsanwalt und Fachanwalt für Insolvenzrecht Michael Busching in Rostock. Für den Vergleich kommen ein Forderungsverzicht, die Wandlung von Forderungen in Eigenkapital oder eine Kombination aus beiden infrage. Das muss angesichts des Liquiditätsdrucks in der Regel zügig und zeitnah geschehen. Wichtig ist, dass sich alle Gläubiger einig sind. Sie müssen überzeugt werden, dass durch den Vergleich der Grund für die Insolvenz entfällt.

2. Kommt es nicht zu einem positiven Bescheid der Finanzbehörde, ist das gerichtliche Verfahren mit Insolvenzplan und Schuldenschnitt ein zweiter Lösungsweg. Die Forderungsverzichte der Gläubiger stehen dann unter aufschiebender Bedingung. „Sie werden also erst rechtskräftig, wenn das Finanzamt den Sanierungsgewinn steuerfrei stellt“, sagt Busching.

Gläubiger überzeugen

Die Aussicht auf Ausnahmeregelungen zur steuerfreien Behandlung von Sanierungsgewinnen ist unter dem Vorzeichen des BFH-Entscheids vorerst allerdings gering. Selbst mit einem Steuererlass in Einzelfällen aus Billigkeitsgründen im Sinne des Paragraphen 163 AO ist eher nicht zu rechnen. „Die Finanzbehörden werden sich mit einer Einzelfallentscheidung kaum gegen den BFH stellen“, sagt Schulze. Das bedeutet aber auch: Bei Gläubigern dürften die Zweifel an einer Sanierungsfähigkeit eher zunehmen, wenn die erhofften Wirkungen aus einem Forderungsverzicht durch den Zugriff des Fiskus empfindlich geschmälert werden. Das wird sich erst ändern, wenn die Bundesregierung – wie erhofft und vom Justizministerium auch angekündigt – noch vor der Bundestagswahl im September für eine klare gesetzliche Regelung sorgt. „Bis dahin empfiehlt es sich, ein Moratorium mit den Gläubigern anzustreben und sie zur Stundung zumindest eines Teils ihrer Forderungen zu bewegen“, rät Schulze. Motto: Entweder sie stimmen zu oder die Sanierung scheitert.

Michael Busching, Rechtsanwalt bei Ecovis in Rostock

Professor Tobias Schulze, Rechtsanwalt bei Ecovis in Rostock

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