Jahressteuergesetz 2024: Das müssen Unternehmen und Privatpersonen nächstes Jahr wissen
Am 22. November 2024 stimmte der Bundesrat nach zahlreichen Änderungsanträgen und einer erheblichen Überarbeitung durch den Finanzausschuss des Bundestags dem Jahressteuergesetz (JStG) 2024 zu. Mit dem Gesetz will die Bundesregierung wie jedes Jahr das Steuerrecht an die aktuelle Rechtsprechung anpassen. Ecovis-Steuerberater Alexander Kimmerle in Kempten gibt einen Überblick über die interessantesten der 130 Einzelmaßnahmen und was auf Unternehmen sowie Privatpersonen zukommt.
Regierung fördert Photovoltaikanlagen (PV-Anlagen)
Das JStG 2024 vereinheitlicht die maximal zulässige Bruttoleistung für die Steuerbefreiung kleiner PV-Anlagen auf 30 Kilowatt (kW) peak (peak: Spitzenleistung oder Nennleistung ist die maximal abgegebene Leistung einer Anlage) pro Wohn- oder Gewerbeeinheit für alle Gebäudetypen. Bisher lag dieser Wert bei bestimmten Gebäuden nur bei 15 kW (peak). Die Gesamtbruttoleistung darf weiterhin höchstens 100 kW (peak) pro Steuerpflichtigen oder Mitunternehmerschaft betragen.
Die Änderung gilt erstmals für Anlagen, die nach dem 31. Dezember 2024 angeschafft, in Betrieb genommen oder erweitert werden. Für die Prüfung der objektbezogenen kWp-Grenze müssen Steuerpflichtige also künftig zwischen bis 2024 angeschafften Altanlagen und ab 2025 angeschafften Neuanlagen unterscheiden.
Erleichterte Übertragungen von Wirtschaftsgütern zwischen beteiligungsidentischen Personengesellschaften
Die Übertragungen von Wirtschaftsgütern, zum Beispiel Pkw, Immobilien oder Maschinen, von einer Personengesellschaft auf eine weitere soll künftig keine Steuern auslösen, wenn an beiden Gesellschaften dieselben Gesellschafter im selben Verhältnis beteiligt sind.
Höhere Kinderbetreuungskosten
Eltern können nun 80 Prozent der Kosten für Kinderbetreuung in Kindergarten, Kinderkrippe oder bei einer Tagesmutter bis zu einem Höchstbetrag von 4.800 Euro je Kind steuerlich geltend machen. Bisher waren nur zwei Drittel der Kosten beziehungsweise bis zu 4.000 Euro je Kind abzugsfähig.
Steuerfreiheit für Bonuszahlungen von Krankenkassen
Bonuszahlungen von gesetzlichen Krankenkassen für gesundheitsbewusstes Verhalten bleiben bis zu 150 Euro steuerfrei. Fallen die Bonuszahlungen höher aus, liegt im übersteigenden Betrag eine Beitragsrückerstattung vor, die den Sonderausgabenabzug mindert.
Abzug von Unterhaltsaufwendungen
Der Gesetzgeber erkennt einen Abzug von Unterhaltsaufwendungen bei Zahlung von Geldzuwendungen künftig nur noch durch Banküberweisung an. Andere Zahlungswege, wie Barzahlung, werden nicht mehr akzeptiert.
Verschärfte Voraussetzung für die Steuerermäßigung bei haushaltsnahen Beschäftigungsverhältnissen und Handwerkerleistungen
Mit dem JStG verschärft die Regierung die Voraussetzungen für Steuerermäßigungen bei haushaltsnahen Beschäftigungsverhältnissen und Handwerkerleistungen. Demnach ist der Erhalt einer Rechnung und die Zahlung auf das Konto des Leistungserbringers für die Gewährung der Ermäßigung zwingend erforderlich. Der Bundesfinanzhof (BFH) hatte hier zuletzt eine Regelungslücke bei Pflegedienstleistungen erkannt und die Ermäßigung daher auch ohne Vorliegen einer Rechnung gewährt (Urteil vom 12.04.2022, VI R 2/20).
Erweiterungen bei der beschränkten Steuerpflicht
Stellt ein Arbeitgeber seinen Arbeitnehmer nach einer Kündigung frei, können die bis zum endgültigen Austritt erhaltenen Bezüge des Arbeitnehmers der beschränkten Steuerpflicht unterliegen. Das gilt auch, wenn der Arbeitnehmer ins Ausland gezogen ist. Denn hätte er ohne die Freistellung noch in Deutschland gearbeitet, lägen steuerpflichtige Einkünfte im Inland vor.
Höherer Erbfallkostenpauschbetrag
Mit dem Pauschbetrag können Erben im Erbfall die Kosten für die Beerdigung, das Grabdenkmal oder die Grabpflege, aber beispielsweise auch die Kosten für die Regelung und Verteilung des Nachlasses steuerlich geltend machen. Dieser Betrag liegt jetzt bei 15.000 statt bisher 10.300 Euro.
Begünstigungen für Wohnimmobilien
Für zu Wohnzwecken vermietete Immobilien gewährt das Erbschaftsteuergesetz einen Bewertungsabschlag. Zukünftig soll diese Begünstigung auch für Grundstücke gelten, die sich in Drittländern befinden (also nicht in der EU oder im europäischen Wirtschaftsraum). Voraussetzung dafür ist, dass ein Informationsaustausch mit dem betreffenden Staat gewährleistet ist. Das Bundesministerium der Finanzen (BMF) wird im Bundessteuerblatt eine Liste der Staaten veröffentlichen, die diese Voraussetzungen erfüllen.
Außerdem können Steuerpflichtige die Erbschaft- und Schenkungsteuer künftig auf Antrag bis zu zehn Jahre stunden. Voraussetzung ist, dass der Erwerber den Steuerbetrag nur durch eine Veräußerung der betreffenden Immobilie aufbringen könnte.
Ausweiterung der Wegzugsbesteuerung auf Investmentanteile
Bislang mussten Privatperson den Wertzuwachs ihrer im Privatvermögen gehaltenen Anteile an Kapitalgesellschaften versteuern, wenn sie ihren deutschen Wohnsitz aufgaben. Zu diesem Zweck ermittelt das Finanzamt einen fiktiven Veräußerungsgewinn, als wenn die Person die Anteile verkauft hätte. Diese Regelung ist bislang im Außensteuergesetz enthalten. Mit dem JStG 2024 dehnt die Regierung diese auf Beteiligungen an Investmentfonds und Spezial-Investmentfonds aus. Erfasst werden sollen nur gewichtige Fälle, das heißt Fälle, in denen der Anleger einen relevanten Beteiligungsumfang besitzt.
Relevant ist der Beteiligungsumfang, wenn der Steuerpflichtige in den letzten fünf Jahren vor dem Wegzug unmittelbar oder mittelbar mindestens 1 Prozent der ausgegebenen Investmentanteile eines Investmentfonds gehalten hat. Darüber hinaus greift die neue Regelung, wenn der Anleger diese Beteiligungshöhe zwar nicht erfüllte, dafür aber mindestens 500.000 Euro für die Anteile aufgewendet hat.
Bei Beteiligungen von Privatanlegern an Spezial-Investmentfonds wird allerdings grundsätzlich ein relevanter Beteiligungsumfang unterstellt. Für die Wegzugsbesteuerung ist kein Abzug der Kapitalertragsteuer vorzunehmen. Der Anleger muss die Wegzugsteuer also im Rahmen seiner Einkommensteuererklärung zahlen.
Gute Nachrichten für Hobbybrauer
Wer Bier zum eigenen Verbrauch herstellt, profitiert ab 2025 von Entlastungen bei der Biersteuer. Künftig dürfen Hobbybrauer jährlich 500 Liter Bier steuerfrei brauen. Bisher lag die steuerfreie Menge laut Biersteuerverordnung bei nur 200 Litern. Auch die Anzeigepflicht des Brauvorgangs beim Hauptzollamt fällt in diesen Fällen weg. Das reduziert den bürokratischen Aufwand für Hobbybrauer und Verwaltung erheblich.
Möglichkeit für den Nachweis eines niedrigeren gemeinen Werts bei der Grundsteuer
Übersteigt der festgestellte Grundsteuerwert den gemeinen Wert eines Grundstücks um 40 Prozent oder mehr, muss das Finanzamt künftig den geringeren gemeinen Wert für Grundsteuerzwecke ansetzen. Den gemeinen Wert müssen sie in geeigneter Form nachweisen. Neben einem Gutachten kann dabei auch ein innerhalb eines Jahres vor oder nach dem Hauptfeststellungszeitpunkt zustande gekommener Kaufpreis herangezogen werden. Mit dieser Änderung reagiert der Gesetzgeber auf das in der Kritik stehende Bundesmodell der neuen Grundsteuer und verschafft vielen Eigentümern zukünftig finanzielle Vorteile.
Was sollten Unternehmen und Privatpersonen jetzt tun?
„Das Jahressteuergesetz 2024 bringt viele Änderungen mit sich, die sowohl Unternehmer als auch Privatpersonen betreffen“, sagt Ecovis-Steuerberater Alexander Kimmerle. „Nachdem sich die Regierung nun endlich geeinigt und das Gesetz final den Bundesrat passiert hat, sollten Steuerpflichtige baldmöglich damit beginnen, ihre Prozesse und Buchhaltungsroutinen an die neuen Anforderungen anzupassen“, rät der Experte.