
Praxisübergabe: Die Praxis gegen Versorgungsleistungen schenken
Ein Ärzteehepaar plant, die Praxis und die eigene Immobilie, in der sie die Praxis betreiben, an die approbierte Tochter zu übertragen. Sie soll im Gegenzug an die Eltern Versorgungsleistungen zahlen, die einer Rente ähneln. Ertrag- und schenkungsteuerlich sind einige Voraussetzungen zu erfüllen, damit dieses Modell rechtssicher funktioniert.
Können Eltern ihre Praxis auf ein Kind übertragen, ist das Nachfolgemodell immer reizvoll. Soll diese Übertragung gegen Versorgungsleistungen erfolgen, müssen die Übergeber jedoch einige Aspekte dringend beachten. Versorgungsleistungen sind grundsätzlich wiederkehrende Leistungen des Beschenkten, in diesem Fall der Tochter. Für die Eltern sind sie regelmäßige Zahlungen, die sie dafür erhalten, dass sie ihr Vermögen, also die Praxis, auf die Tochter übertragen. Die Eltern sichern sich durch die Versorgungsleistungen weiterhin Einkünfte aus ihrem früheren Praxisvermögen, die jedoch künftig von der Tochter zu erwirtschaften sind. „Die Einkünfte sind von den als Anschaffungskosten zu beurteilenden Verkaufsleistungen und von steuerlich nicht abziehbaren Unterhaltsleistungen abzugrenzen“, erklärt Theresa Günther, Steuerberaterin und Fachberaterin für das Gesundheitswesen bei Ecovis in München.
Bei der Übertragung von Praxisvermögen auf die Tochter gilt die Annahme, dass die regelmäßigen Zahlungen nicht vom Wert des Vermögens abhängen, solange bis das Gegenteil bewiesen wird. „Stattdessen richtet sich die Höhe der Versorgungsleistung danach, wie viel Geld der Empfänger braucht und was der Zahlende sich leisten kann“, sagt Günther.
Ein Hinweis darauf, dass es sich vielmehr um ein entgeltliches Geschäft handelt, kann sein, dass die regelmäßigen Zahlungen auf lange Sicht höher sind als die Einnahmen, die sich – wie im geschilderten Fall die Tochter – mit dem übertragenen Vermögen erzielen lassen. Das hätte zur Folge, dass eine steuerneutrale Übertragung zu Buchwerten auf die Tochter nicht mehr möglich wäre.
Was die Schenkung für die Einkommensteuer bedeutet
Die Zahlung von Versorgungsleistungen unterliegt einem Sonderrecht. Liegen eindeutig Versorgungsleistungen vor, geht die Finanzverwaltung insgesamt immer noch von einem unentgeltlichen Vorgang aus. Denn Vermögensübergaben gegen Versorgungsleistungen sind laut Gesetz aus den entgeltlichen Geschäften ausgeklammert.
Die Eltern können also die Praxis mit der Immobilie als Teil des Betriebsvermögens steuerneutral auf die Tochter übertragen. „Sie realisieren mit der Übergabe keinen Gewinn. Die Tochter führt die Praxis zu Buchwerten weiter und hat keine Anschaffungskosten“, erläutert Günther. Die vereinbarten Versorgungsleistungen sind bei den Eltern in vollem Umfang als sonstige Einkünfte zu versteuern und bei der Tochter im Gegenzug als Sonderausgaben abziehbar.
Erbschaft- und Schenkungsteuer
Bei der Vermögensübergabe gegen Versorgungsleistungen unterscheidet sich jedoch die schenkungsteuerliche von der ertragsteuerlichen Behandlung. Während die von der beschenkten Tochter übernommenen Versorgungsleistungen ertragsteuerlich nicht zum Entgelt für die Vermögensübergabe und deshalb weder zu Anschaffungskosten noch zu Verkaufserlösen führt, nimmt die Finanzverwaltung schenkungsteuerlich teilweise ein entgeltliches Rechtsgeschäft an.
Existiert kein Verwaltungsvermögen (siehe Kasten), gehört das gesamte Praxisvermögen zum begünstigten Vermögen. Das wiederum lässt sich wahlweise zu 85 oder gar zu 100 Prozent steuerfrei vererben. „Sollte eine vollumfängliche Steuerbefreiung zu 100 Prozent nicht infrage kommen, ist die Versorgungsleistung aus schenkungsteuerlicher Sicht eine Gegenleistung, die mit ihrem Barwert die Bereicherung der Tochter in Form der Schenkung des Praxisvermögens wiederum mindert“, sagt Günther. In Abhängigkeit von der Steuerpflicht der Übertragung lässt sich diese Gegenleistung bei der Schenkungsteuer berücksichtigen. Das gilt unabhängig davon, ob die Leistung aus ertragsteuerlicher Sicht als Entgelt gesehen wird oder nicht. Im Hinblick auf die schenkungsteuerliche Abzugsfähigkeit der Versorgungsleistung liegt grunderwerbsteuerlich eine Schenkung unter Auflage vor. Daher sind die persönlichen grunderwerbsteuerlichen Befreiungstatbestände zu prüfen.
Bei Versorgungsleistungen handelt es sich um lebenslange, wiederkehrende Leistungen. Sie gewährleisten die Versorgung der Eltern in der Rentenphase. „Die ertragsteuerliche Würdigung dieser Leistungen und damit der kompletten Übertragung hängt davon ab, ob sich die Übertragung gegen Versorgungsleistungen insgesamt als noch unentgeltlich einstufen lässt. Praxisinhaber, die eine Schenkung mit Immobilie in Betracht ziehen, sollten daher alle Aspekte frühzeitig mit ihrem Berater besprechen“, empfiehlt Ecovis-Expertin Günther.
Gut zu wissen: Das Verwaltungsvermögen oder schädliche Betriebsvermögen
Bei schädlichem Betriebsvermögen – auch Verwaltungsvermögen genannt – handelt es sich um Vermögen, das in erster Linie der weitgehend risikolosen Renditeerzielung im Rahmen der Vermögensverwaltung dient. Dazu gehören beispielsweise Mieteinkünfte durch Immobilienverwaltung oder auch hohe Geldbestände. Dieses Vermögen zählt erbschaftsteuerlich nicht zum operativen Betriebsvermögen, da es für die Betriebsfortführung nicht zwingend notwendig ist. Zum Verwaltungsvermögen gehört beispielsweise
- an Dritte vermietete Immobilien (davon gibt es etliche Ausnahmen),
- kleine Anteile an Kapitalgesellschaften, insbesondere Aktien oder GmbH-Anteile,
- Wertgegenstände wie Kunstsammlungen, Münzen oder Oldtimer,
- Wertpapiere wie Anleihen oder
- Geldbestände und Forderungen.