Mitarbeiterentsendung: Vorsicht Grenzrisiko
Wenn Unternehmen Mitarbeiter ins Ausland entsenden, kann die falsche Anmeldung zur Sozialversicherung oder eine unzulässige steuerliche Behandlung der Gehälter zu bösen Überraschungen führen.
Jahrelang vorgesorgt und dann das! Für einen in Frankreich beschäftigten Mitarbeiter eines deutschen Getränkekonzerns war die Flasche seiner Versorgungsansprüche plötzlich leer. Denn statt ihn in das französische Sozialversicherungssystem einzubinden, hatte die Firma die Vorsorge in Deutschland eingezahlt. Da er seine Ansprüche nun weder in der Heimat noch in Frankreich durchsetzen konnte, verklagte der Mann seinen früheren Arbeitgeber auf Schadensersatz in Höhe von mehreren Hunderttausend Euro.
„Der falsche Umgang mit Steuern und Sozialabgaben bei der Entsendung von Mitarbeitern ins Ausland kann beträchtliche finanzielle Folgen haben“, warnt Armin Weber, Steuerberater und Wirtschaftsprüfer bei Ecovis. Er rät dazu, die Rahmenbedingungen frühzeitig zu prüfen und auf Sonderregeln zu achten.
Ausnahme vom Territorialprinzip
So gilt bei der Sozialversicherung (SV) zwar das Territorialprinzip. Das heißt: Wo der Beschäftigte arbeitet, ist er abgabenpflichtig. Innerhalb der EU können diese Abgaben unter bestimmten Voraussetzungen aber auch in Deutschland entrichtet werden. Dazu muss die Entsendung auf Anweisung des Arbeitgebers in Deutschland erfolgen und das inländische Beschäftigungsverhältnis fortbestehen. Es darf im Ausland zudem kein anderer Mitarbeiter abgelöst und die Einsatzdauer von 24 Monaten nicht überschritten werden. Zeichnet sich eine längere Zeitspanne ab, können Arbeitgeber und Arbeitnehmer gemeinsam bei der Deutschen Verbindungsstelle Krankenversicherung – Ausland einen Verbleib in der deutschen SV beantragen. Die Entsendung muss zeitlich befristet sein und die arbeitsrechtliche Bindung zum Arbeitgeber in Deutschland fortbestehen. Für Länder außerhalb der EU – auch in China und den USA – gelten dagegen oft andere Regelungen. „Hier sollte man sich vor der Entsendung über die jeweils relevanten Vorschriften informieren“, rät Weber.
Auslandsnachweis strittig
Die Besteuerung wiederum steht laut einem Musterabkommen der OECD grundsätzlich dem Staat zu, in dem die Tätigkeit ausgeübt wird. Deutschland besteuert grundsätzlich das Welteinkommen, also auch ausländische Einkünfte. Hier erfolgt jedoch eine Steuerfreistellung der ausländischen Arbeitseinkünfte. Über einen Progressionsvorbehalt werden sie lediglich bei der Ermittlung des Steuersatzes berücksichtigt. Die Freistellung ist nur wirksam, wenn der Arbeitnehmer die Besteuerung im Ausland nachweisen kann. „Dazu ist jedoch ein Verfahren beim Bundesverfassungsgericht anhängig. In strittigen Fällen sollte man unter Verweis darauf Einspruch einlegen“, rät Weber. Ungeachtet dessen kann die Steuer aber auch in Deutschland erhoben werden, wenn sich der Arbeitnehmer nicht länger als 183 Tage im Ausland aufhält. Der Tätigkeitsstaat hat jedoch das Besteuerungsrecht ab dem ersten Tag, wenn die Vergütung von einem Arbeitgeber oder einer Betriebsstätte im Tätigkeitsstaat getragen wird. „Auf jeden Fall sollte man frühzeitig die für das jeweilige Land gültigen Regeln prüfen, um eine mögliche Doppelbesteuerung zu vermeiden.“
Worüber wir reden sollten
- Lässt die Rechtslage an einem ausländischen Tätigkeitsort eine Steuerbefreiung der dorthin entsandten Mitarbeiter zu?
- Was ist bei der Sozialversicherung für im Ausland tätige Beschäftigte zu beachten, um böse Überraschungen zu vermeiden?
- Welche Vorteile bringt es, ins Ausland entsandte Mitarbeiter weiter in die deutsche Sozialversicherung einzubinden?