Modellstreit bei der Grundsteuer: Gewinnt Fläche oder Wert?
Die Länderfinanzminister sind sich im März 2019 fast einig geworden. Bayern pocht jedoch auf eine einfachere Lösung für die neue Grundsteuer. Nicht der Wert, sondern die Fläche soll den Ausschlag geben.
Die Länderfinanzminister einigten sich Anfang Februar auf einen Entwurf für die Grundsteuerreform. Würde er Gesetz, enthielte er die vom Bundesverfassungsgericht (BVerfG) geforderte Bewertungskomponente.
Doch Praktiker sagen: zu kompliziert und streitanfällig. „Eine faire und sozial gerechte Grundsteuer, wie sie sich Bundesfinanzminister Olaf Scholz vorstellt, geht nach hinten los. Sie ist zu kompliziert“, ärgert sich Alexander Weigert, Vorstand und Geschäftsführer bei Ecovis, über den Gesetzesentwurf. Und am Schluss müssten es die Mieter ausbaden, auf die die Grundsteuer umgelegt wird.
Am 14. März haben die Finanzminister der Länder noch einmal über den Entwurf gesprochen. Bundesfinanzminister Scholz hatte den ursprünglichen Entwurf weiter abgespeckt und vereinfacht. Bayerns Finanzminister Albert Füracker blieb jedoch bei seiner Forderung nach einem Flächenmodell, bei dem sich die Höhe der Grundsteuer pauschal an der Fläche orientiert.
Die Eckpunkte des Entwurfs:
- Zur Bewertung von Wohngrundstücken will der Bundesfinanzminister durchschnittliche Nettokaltmieten, abgeleitet aus dem Mikrozensus des Statistischen Bundesamts, berücksichtigen. Um die Erhebung zu vereinfachen, werden laut der Tageszeitung „Die Welt“ Preisgruppen gebildet. Für zu niedrige Mieten, unerwünschte Härte für ländliche Regionen sowie für selbst genutzte Immobilien soll es einen Sonderweg geben.
- Für den Grundstückswert ist das Baujahr wichtig. Für Gebäude, die vor 1948 erbaut wurden, genüge die Angabe „Gebäude erbaut vor 1948“.
- Die Bodenrichtwerte kämen ebenfalls noch dazu, wobei die Gutachterausschüsse laut „Die Welt“ Bodenrichtwertzonen zusammenfassen könnten, um die Ermittlung zu vereinfachen. Auch Ortsdurchschnittswerte seien laut dem Entwurf des Bundesfinanzministers möglich.
- Gebe es für gemischt genutzte Grundstücke oder Geschäftsgrundstücke keine Mietangaben, so werde ein vereinfachtes Sachwertverfahren angewandt (statt über 30 seien es dann nur acht Angaben).
- Die Steuermesszahl soll bei 0,325 Promille liegen. Den Hebesatz legen die Kommunen selbst und je nach Grundstücksart fest.
- Für die Grundsteuer A für die Land- und Forstwirtschaft werde ein Ertragswertverfahren eingeführt.
- Die Kommunen können auch eine Grundsteuer C auf unbebaute baureife Grundstücke erheben.
Auf dieser Basis will Bundesfinanzminister Olaf Scholz einen Gesetzesentwurf vorlegen.
Fakten zur Grundsteuer und warum sich etwas ändern muss
Die Grundsteuer spült pro Jahr 14 Milliarden Euro in die Gemeindekassen, die damit ihre Infrastruktur finanzieren. Am 10. April 2018 urteilte das Bundesverfassungsgericht (BVerfG), dass die aktuelle Berechnungsgrundlage verfassungswidrig sei.
Bisher wird die Grundsteuer auf Grundlage von Einheitswerten pro Immobilieneinheit erhoben. Diese Werte stammen von 1935. Nur in Westdeutschland wurden sie 1964 aktualisiert. Hinzu kommt ein Hebesatz, den die Gemeinden unterschiedlich festlegen.
Bis Ende 2019 fordert das BVerfG eine Reform. Innerhalb von fünf Jahren müssen die Verwaltungen die neuen Regeln umsetzen.
Alexander Weigert, Vorstand, Steuerberater und Wirtschaftsprüfer bei Ecovis in München