Steuerfreie Exporte in die EU: Nachweis dringend erforderlich
Unternehmen müssen bei innergemeinschaftlichen Lieferungen, die von der Umsatzsteuer befreit sind, genau auf die Belegpflichten achten. Bei Fehlern droht der vollständige Verlust der Steuerfreiheit.
Zu den Grundideen der Europäischen Union gehört es, Handelsbarrieren abzubauen. Die Mitgliedsländer wollen das auch durch steuerliche Vereinfachungen des grenzüberschreitenden Geschäfts erreichen. So können Lieferanten bei Exporten an andere Unternehmen im EU-Ausland von der Umsatzsteuer befreit werden, wenn sie diese Lieferungen durch ordnungsgemäß erstellte Belege und Buchungen nachweisen. Der Fiskus schaut allerdings genau hin. Ausgangsrechnungen etwa müssen die Umsatzsteueridentifikationsnummer (USt-ID) des Abnehmers enthalten und vom Lieferanten auf ihre Plausibilität hin geprüft werden. Der Exporteur muss mittels Belegen zudem nachweisen, dass die Ware tatsächlich beim Abnehmer angekommen ist.
Wie schnell Unachtsamkeit zu Fehlern und damit doch zur Steuerpflicht führt, zeigt ein kürzlich dem Bundesfinanzhof (BFH) zur Entscheidung vorgelegter Streit. In diesem Fall wurde der deutsche Exporteur in dem international von Spediteuren als Belegnachweis verwendeten CMR-Frachtbrief als Absender eingetragen, obwohl die Abnehmerfirma das Transportunternehmen mit der Lieferung beauftragt hatte. Konsequenz: Da gemäß dem CMR-Abkommen derjenige als Auftraggeber gilt, der den Vertrag mit dem Frachtführer geschlossen hat, war der Frachtbrief nicht richtig ausgefüllt. Der BFH betonte, dass der Exporteur dies hätte wissen müssen, und versagte dem Lieferanten die Steuerfreiheit. „Das ist kein Einzelfall. Der CMR-Frachtbrief ist im internationalen Warenverkehr häufig unleserlich oder falsch ausgefüllt und birgt deshalb mit Blick auf die Steuerbefreiung viele Gefahren“, warnt Ecovis-Steuerberater Thomas Budzynski.
Belegnachweise für die Lieferung
Grundsätzlich gilt es bei innergemeinschaftlichen Lieferungen ins Ausland zu prüfen, ob die Voraussetzungen für die Steuerbefreiung gegeben sind. Soweit diese vorliegen, müssen klar definierte Melde- und Nachweispflichten beachtet werden. Die Finanzverwaltung hat auch explizit festgelegt, welche Anforderungen die Belege für die Umsatzsteuerbefreiung erfüllen müssen. Der vom Gesetzgeber normierte Nachweis für die ordnungsgemäße Lieferung ist eine vom Empfänger unterschriebene Gelangensbestätigung in Verbindung mit einem Doppel der Rechnung. Sie gilt als Beleg dafür, dass die Ware bei einem Empfänger im Gemeinschaftsgebiet angekommen ist. Die Gelangensbestätigung ist zwingend vorgeschrieben, wenn der Exporteur und seine Mitarbeiter die Ware selbst befördern. Ebenso wichtig: Wenn der Abnehmer die Ware selbst abholt, muss dieser die erfolgte Beförderung nach der Verbringung an den Bestimmungsort bestätigten. „Er muss den Empfang also im EU-Ausland und nicht schon bei der Abholung in Deutschland quittieren“, sagt Thomas Schnellhammer, Steuerberater bei Ecovis.
Gefährliche Fehlerquellen
Im Versendungsfall kommen auch andere Nachweise wie der CMR-Frachtbrief oder die Spediteurbescheinigung in Betracht. Das Finanzamt akzeptiert diese als Beleg, wenn die Ware vom Lieferanten nicht selbst befördert, sondern der Transport von einem selbstständigen Beauftragten durchgeführt wird. Neben der Unterzeichnung durch den Auftraggeber der Versendung ist dabei die Unterschrift des Empfängers als Bestätigung für den Erhalt der Lieferung unerlässlich. Allerdings: Nur allzu oft werden die Frachtbriefe von den mit der Beförderung beauftragten Unternehmen nicht vollständig ausgefüllt. Wie häufig es zu solchen Nachlässigkeiten kommt, zeigt die ständige BFH-Rechtsprechung zu dieser Problematik. Auch die Gepflogenheiten des jeweiligen Landes könnten falsch verstanden werden. Es ist deshalb empfehlenswert, anstatt solcher Versendungsnachweise lieber die Gelangensbestätigung durch den Kunden einzuholen und damit für mehr Sicherheit bei der steuerlichen Behandlung zu sorgen.
Selbst für Sicherheit sorgen
Der deutsche Lieferant kann wichtige Angaben in der Gelangensbestätigung im Voraus ausfüllen und damit viele Fehlerquellen schon vor der Bestätigung durch den Empfänger ausschalten. „Der Exporteur hat es also weitgehend selbst in der Hand, unvollständige Nachweise zu vermeiden“, erläutert Reinhold Wenzl, Steuerberater bei Ecovis. Die Finanzverwaltung hat dazu Muster in deutscher, englischer und französischer Sprache erstellt, die der Lieferant verwenden kann – aber nicht muss. Anderssprachige Belege müssen nach Ansicht der Finanzverwaltung amtlich beglaubigt übersetzt werden. Der BFH hat in seinem Urteil zudem klargestellt, dass handelsübliche Belege – zu denen beispielsweise auch der Posteinlieferungsschein oder das Konnossement gehören – ebenfalls ganz bestimmte Nachweise enthalten müssen. Allgemeine Angaben wie etwa die Nennung des Ziellandes, in das die Ware ausgeführt wurde, reichen nicht aus. Vielmehr muss der konkrete Bestimmungsort eindeutig und nachprüfbar erkennbar sein. „Auch unter diesem Aspekt ist die Gelangensbestätigung die bessere Alternative, um Auseinandersetzungen mit der Finanzverwaltung zu vermeiden“, sagt Thomas Budzynski. Er betont, dass Exporteure auch bei dieser Form des Nachweises bestimmte Vorkehrungen treffen sollen. Probleme könnten beispielsweise aus der Tatsache resultieren, dass die Gelangensbestätigung erst seit dem Jahr 2014 als Nachweis innergemeinschaftlicher Lieferungen etabliert wurde. Nicht wenige Unternehmen im Ausland sind mit ihr deshalb bislang schlichtweg noch gar nicht vertraut. Sprachliche Hürden können zusätzlich zu einem mangelnden Verständnis beitragen. „Der Exporteur in Deutschland sollte deshalb beispielsweise seinen Kunden in Italien explizit auf den Sinn und die Notwendigkeit dieses Nachweises hinweisen“, sagt Thomas Schnellhammer.
Die innergemeinschaftliche Lieferung – Voraussetzungen für Steuerfreiheit
- Die gelieferte Ware ist in einen anderen EU-Mitgliedstaat gelangt.
- Der Abnehmer ist ein Unternehmer, dies wird auch durch die Umsatzsteueridentifikationsnummer des anderen Mitgliedstaates dokumentiert.
- Der Abnehmer hat den Gegenstand für sein Unternehmen erworben.
- Der Erwerb des Gegenstands der Lieferung unterliegt beim Abnehmer in einem anderen Mitgliedstaat den Vorschriften der Umsatzbesteuerung.
Belegnachweise durch den Lieferer
Bei Beförderung durch das eigene Unternehmen
- Gelangensbestätigung
Bei Versendung
- Gelangensbestätigung
- Versendungsbelege (Frachtbrief, Konnossement, Spediteurbescheinigung, Tracking-and-Tracing-Protokoll, Posteinlieferungsschein)
Sonderfälle für den Belegnachweis
- Gemeinschaftliches Versandverfahren: Bestätigung der Abgangsstelle
- Lieferung verbrauchsteuerpflichtiger Waren: EMCS-Eingangsmeldung/ vereinfachtes Begleitdokument
- Beförderung zulassungspflichtiger Fahrzeuge durch den Abnehmer: Nachweis über die Zulassung