Wachstumschancengesetz: Welche gesetzlichen Änderungen Unternehmen erwartet
Das Bundesfinanzministerium veröffentlichte am 14. Juli 2023 einen ersten Entwurf des „Wachstumschancengesetzes“. Es soll mehr Investitionen ermöglichen, Innovationen stärken sowie zur Steuervereinfachung und -fairness beitragen. Ecovis-Steuerberater und Wirtschaftsprüfer Peter Knop hat die wichtigsten Details des ersten Entwurfs zusammengestellt.
Anpassungen im Einkommensteuergesetz
Der steuerliche Verlustabzug soll sich durch das Wachstumschancengesetz deutlich verbessern. Zum einen wird der Verlustrücktrag auf ein drittes Jahr erweitert und gleichzeitig die Betragsgrenzen dauerhaft auf zehn Millionen Euro beziehungsweise 20 Millionen Euro erhöht. Zum anderen wird beim Verlustvortrag eine temporäre Aussetzung der Mindestgewinnbesteuerung für die Veranlagungszeiträume der Jahre 2024 bis 2027 vollzogen. Ab dem Jahr 2028 soll sich der Sockelbetrag für den Verlustvortrag dann von einer Million Euro auf zehn Millionen Euro erhöhen.
Vorgesehen ist zudem eine Verbesserung bei den Sofortabschreibungen geringwertiger Wirtschaftsgüter (GWG) und bei der Abschreibungsmöglichkeit für den Sammelposten. Die GWG-Grenze wird dabei von 800 auf 1.000 Euro angehoben. Beim Sammelposten erhöht sich die Betragsgrenze auf 5.000 Euro, während die Auflösungsdauer für Wirtschaftsgüter, die Unternehmen nach dem 31. Dezember 2023 anschaffen oder herstellen, von fünf auf drei Jahre sinkt.
Bei abnutzbaren beweglichen Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens besteht unter bestimmten Voraussetzungen die Möglichkeit einer Sonderabschreibung. Im Rahmen des Wachstumschancengesetz sollen bis zu 50 Prozent der Anschaffungs- oder Herstellungskosten in den ersten fünf Jahren seit der Anschaffung oder Herstellung abschreibbar sein. Bisher belief sich der Prozentsatz auf lediglich 20 Prozent. In Kombination mit dem Investitionsabzugsbetrag wären dadurch bis zum Jahr der Anschaffung bereits bis zu 75 Prozent der Aufwendungen abgeschrieben.
Geringere Steuerlasten für Unternehmen
Die genannten Änderungen führen unter anderem dazu, dass Unternehmerinnen und Unternehmer in den ersten Jahren mehr Aufwand geltend machen können. Das verringert kurzfristig die Steuerlast und macht es interessanter, schneller wieder zu investieren.
Darüber hinaus enthält der Entwurf bezüglich des Einkommensteuergesetzes weitere Änderungen, die ab dem 1. Januar 2024 gelten sollen:
- Erhöhung der Abzugsgrenze für Geschenke von 35 auf 50 Euro.
- Anhebung der Verpflegungspauschalen auf 30 beziehungsweise 15 Euro.
- Erhöhung des Freibetrags für Zuwendungen an Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer anlässlich von Betriebsveranstaltungen von 110 auf 150 Euro.
- Erhöhung der Freigrenze für private Verkaufsgeschäfte von 600 auf 1.000 Euro.
- Aufhebung der Lizenzschranke. Lizenzaufwendungen sind ungeachtet eines bestehenden Doppelbesteuerungsabkommens nur dann als Betriebsausgabe abziehbar, wenn die Einnahmen des nahestehenden Lizenzgläubigers nicht niedrig besteuert werden (mindestens 25 Prozent).
Modifikationen im Umsatzsteuergesetz
Der wichtigste Punkt in den geplanten Änderungen des Umsatzsteuergesetzes ist die verpflichtende Einführung elektronischer Rechnungen für inländische B2B-Umsätze. Dabei dürfen leistende Unternehmerinnen und Unternehmer noch bis zum 31. Dezember 2025 auf andere Rechnungsformen auszuweichen (https://de.ecovis.com/erechnung-bald-obligatorisch-fuer-alle-unternehmen/). Des Weiteren soll bis zum 31. Dezember 2027 anstelle der elektronischen Rechnungsstellung weiterhin auch eine Abrechnung durch die Nutzung des EDI-Verfahrens (elektronischer Datenaustausch) möglich sein.
„Unternehmen sollten sich so früh wie möglich auf die bevorstehende Pflicht zur elektronischen Rechnung vorbereiten, denn das kann Zeit und Kosten sparen“, rät Peter Knop, Steuerberater und Wirtschaftsprüfer bei Ecovis in München.
Zudem sind ab 1. Januar 2024 noch diese Anpassungen vorgesehen:
- Befreiung der Kleinunternehmer von der Übermittlung von Umsatzsteuerjahreserklärungen.
- Erhöhung des Schwellenwerts zur Befreiung der Abgabe von vierteljährlichen Umsatzsteuervoranmeldungen von 1.000 auf 2.000 Euro.
- Anhebung der Grenze für die umsatzsteuerliche Ist-Besteuerung von 600.000 Euro auf 800.000 Euro.
- Senkung des Durchschnittssatzes (Vorsteuerpauschale) von 9 auf 8,4 Prozent.
Änderungen in der Abgabenordnung: Buchführungspflicht besonders betroffen
Die wahrscheinlich umfassendste Änderung in der Abgabenordnung (AO) betrifft die Buchführungspflicht. Hier plant der Gesetzgeber, die Umsatz- als auch die Gewinngrenzen, ab denen die steuerliche Buchführungspflicht ausgelöst wird, anzuheben. Im vorliegenden Entwurf ist eine Anhebung der Umsatzgrenze von 600.000 Euro auf 800.000 Euro vorgesehen sowie eine Erhöhung der Gewinngrenze von 60.000 Euro auf 80.000 Euro vor. Dazu muss der Gesetzgeber allerdings noch das Handelsgesetzbuch ändern.
„Insbesondere für Unternehmer, die Umsätze oder Gewinne zwischen den neu eingeführten Grenzen erzielen, kann diese Änderung, die zur Entbürokratisierung beitragen soll, im Hinblick auf einen Wechsel zur Einnahmenüberschussrechnung interessant sein“, sagt Experte Peter Knop.